14 lange und schließlich viel zu kurze Tage hat sich Paula dem Regiment des erfahrenen Teams der weltbekannten Buchinger-Wilhelmi-Klinik in Überlingen am Bodensee unterworfen. Wie es ihr erging, können Sie hier nachlesen und natürlich auch ausprobieren: Am besten gleich dort am Bodensee, wo es ja der Frühling besonders gut meint.
Er gilt als Papst des Heilfastens, verehrt von vielen, aber auch umstritten. Doch in der in der vierten Generation geführten Klinik am Bodensee weiß man, dass Otto Buchinger das Fasten nicht erfunden, sondern erfahren hat. Eine durch Sepsis bedingte rheumatische Arthritis brachte ihn 1917, als ihm nichts anderes mehr half, zum Heilfasten und er stieß damit eine Entwicklung an, die das Buchinger Heilfasten bis heute zu einer Methode macht, die sehr viel mehr bringt als bloße Gewichtsreduktion. Sein Geist wirkt noch heute am Bodensee und im andalusischen Nobelort Marbella unvermindert und lebendig fort. Dynamik und Kontinuität nicht nur der Erben, sondern auch des gesamten Teams, erklären sich aus dem, was und wie sie es tun: Mit Herzblut und Lebensfreude!
Paula geht zum Fasten: Freiwillig, nicht unwillig, damit der Kopf den Schalter umlegen kann
Seit gut fünf Jahren plagt mich mein Gewicht, und damit leider auch mein Gewissen. Jahrgang 61, na ja, ist man halt mitten drinnen im Wechsel, nicht nur der Gefühle, sondern auch der ständigen Kiloschwankungen. Rauf, runter, mal schnell, mal langsam und wenn man dazu noch einen Spargeltarzan als liebenden Partner hat, wird es schwer bis unmöglich. Ist ja auch völlig ungerecht – er kann essen was er will ohne auch nur ein Gramm zuzunehmen, ich brauche die Pasta nur anzusehen, schon hat sie sich heimtückisch als Hüftgold niedergelassen. Dazu ein nervenaufreibender Job, garniert mit häufigen Auswärtsterminen. Genüsslich oder gar gesund Essen, dafür ist meist keine Zeit, man isst, was sich halt gerade schnell bietet. Nicht unbedingt viel, aber fast immer ungesund. Und das gilt in gewisser Weise leider auch für den Sport. Zeit für Seele und Körper motivierende lange Spaziergänge oder sportliche Betätigungen, am Wochenende bei entsprechendem Wetter kein Thema. Aber unter der Woche ist der Fitness-Kurs schon eine zeitliche Herausforderung.
Wird sich also niemand wirklich wundern, dass ich kurz vor der Resignation stand, als ich das Angebot erhielt, 14 Tage in die Buchinger-Wilhelmi-Klinik am Bodensee zum Heilfasten zu gehen. Klar habe ich angenommen – auch wenn ich mir unter Heilfasten nicht wirklich das vorstellen konnte, was mich erwartete. Wie es mir in diesen 14 Tagen ergangen ist, das habe ich aufgeschrieben, in meinem Tagebuch, zuerst nur für mich und dann, weil alle es gut fanden, auch für die vielen Mitschwestern von mir, die es bislang noch nicht geschafft haben den Schalter im Kopf umzulegen!
Vor der Ankunft in Überlingen verführt mich mein Mann noch zu einer letzten Sünde: Wir machen Halt beim Italiener. Das ist falsch, ich weiß. Schließlich werde ich auch nach dem Fasten meine Ernährung umstellen müssen, um ein gutes Gewicht zu halten. Die schlechten Gewohnheiten des bisherigen Lebens – sie gehören nun endgültig der Vergangenheit an!
Der Empfang bei Buchinger-Wilhelmi gestaltet sich angenehm. Schließlich liegt die Klinik wunderschön mit Blick auf den bezaubernden Bodensee gelegen, inmitten malerischer Natur. Freundliche Mitarbeiter nehmen sich unserer an, eine Tasse Tee und ein warmes Handtuch halten Sie bereit. Mein Zimmer liegt in der Parkvilla. Auf dem Weg kommen wie an den Schwesternstationen vorbei. Da wird einem doch etwas mulmig … Hier soll ab sofort ein täglicher Gesundheitscheck gemacht werden. Die Schwestern erklären mir den Ablauf des Fastens, das mulmige Gefühl legt sich sofort. Wenn man sich nicht alles auf Anhieb merken kann, ist dies kein Problem: Im Zimmer findet man eine Mappe vor, die alle wesentlichen Infos noch einmal enthält. Gerne vertiefe ich mich noch einmal in das, was mich erwartet.
Die Klinik ist nicht nur ein Traditionshaus mit Geschichte, sondern auch technisch voll im Trend: Jeder Teilnehmer bekommt einen I-Pad mit der App Amplius Coach . Der Amplius Coach begleitet mich nun durch den gesamten Aufenthalt und versorgt mich regelmäßig mit wechselnden Chats und Tutorials. Diese Tutorials sind schon der echte Hammer: Neben praktischen Tipps zur Anwendung von Glaubersalz, Leberwickeln und zu den Fastenindikationen bekommt man eine Einführung in Autogenes Training und Meditation. Sofort wird mir klar: Fasten ist nicht nur gut für den Körper, sondern auch für Seele und Geist. Die Chats verraten mir, welche Befindlichkeit ich in einer bestimmten Phase des Fastens erwarten kann. Hunger habe ich jetzt schon …
Auch das Programm des folgenden Tages muss ich intensiv durchlesen. Die Fragebögen, die ich ausfülle, erleichtern den Ärzten den Check meiner medizinischen Verfassung. „Zu viele Kilos auf der Waage,“ denke ich. Plötzlich bekomme ich, zum ersten Mal seit langer Zeit, wieder richtig Mut, mein Gewichtsproblem in den Griff zu kriegen. Auch ein Tagebuch liegt bereit: Hier kann ich notieren, was in meinen Körper während des Fastens vorgeht. Selbstbeobachtung der Körperentgiftung. Hier kann ich später nachlesen, was alles möglich ist, wenn man nur will!
Ein bisschen stressig vielleicht sind die Infos zu den verschiedenen Tests in der Mappe. Tests, die man immer wieder machen muss, mit Uhrzeiten, Proben, Teststreifen u. v. m. „Dass das hier mal nicht in Arbeit ausartet,“ denke ich und muss schmunzeln. Der Grund: Ich nehme während meiner Fastenkur an einer Studie über die Wirksamkeit des Fastens teil, daher müssen bestimmte Parameter des Körpers regelmäßig erfasst werden. Bei so viel zu lesen verpasse ich fast meinen ersten Termin: Um 18:15 Uhr geht es los.
Das Ärzteehepaar, das mir die Vorteile des Heilfastens erklärte, wirkt offen, freundlich und optimistisch.. Sie stellen klar: Heilfasten ist keine Nulldiät! Vielmehr verzichtet man für einen gewissen Zeitraum freiwillig auf feste Nahrung. Laut Philosophie der Klinik kann das Folgendes bringen:
Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Autophagie. Diese bezeichnet den Prozess, in dem Zellen des Körpers eigene Bestandteile abbauen und verwerten. Man könnte auch von körpereigenem Recycling sprechen. Wichtig: Die Körperzellen benötigen täglich eine Esspause von 16 Stunden, um den ganzen Müllballast loszuwerden. Man sollte also nur während der übrigen 8 Stunden etwas zu sich nehmen. Simpler ausgedrückt: Man lasse eine Mahlzeit ausfallen, und schon geht es den Zellen besser!
Dr. Bäumler erläuterte, dass die Menschen in unserer Überflussgesellschaft zu Daueressern würden. Stimmt es etwa nicht? In früheren Zeiten, als Lebensmittel knapper und weniger erschwinglich waren, wären die Leute gar nicht auf die Idee gekommen, den ganzen Tag zu essen. Und heute? An jeder Straßenecke lockt ein Imbiss mit fettigen Mahlzeiten und im Supermarkt liegen die Schokoriegel genau in Reichweite. Übrigens: Meine letzte Mahlzeit vor dem Fasten im Restaurant der Klinik war ein äußerst schmackhaftes Bio-Gericht, vegetarisch, mit Malzkaffee – lecker.
Gleich um 07:30 Uhr ab ins Labor zur Blutentnahme, im Anschluss hatte ich eine Stunde Arztgespräch mit Dr. Bäumler inklusive Untersuchung und Befragung. Was ich daraus lernte?
Der Parasympathikus kann meinen Blutdruck senken
Wer es schafft, den Parasympathikus (einen wichtigen Teil des vegetativen Nervensystems) zu aktivieren, hat schon gewonnen. Er sorgt für viel Gutes, u. a. senkt er den Blutdruck. Wie aktiviert man den Parasympathikus?
Während meiner Fastenkur bekomme ich Magnesium (300mg Pulver in Wasser aufgelöst), das ist wichtig! Magnesium ist für den Organismus lebensnotwendig – aber er kann es nicht selbst herstellen. Ohne Magnesium wird keine Energie freigesetzt, auch der Hormonhaushalt würde nicht funktionieren – von Knochen und Zähnen ganz zu schweigen. Es wirkt der übermäßigen Säureproduktion entgegen, die typisch ist für Fastenkuren.
Heute um 08:30 Uhr bin ich zur Wirbelsäulengymnastik gegangen. Tut mir sehr gut, Ich werde also versuchen sie so häufig wie möglich in Anspruch zu nehmen. Im Anschluss Absolvierung des täglichen Rituals: Blutdruckmessen, Wiegen, immerhin schon 800 Gramm weniger, weitere Termine besprechen.
Jetzt wird es ernst: Um 11:00 Uhr bekomme ich das „gefürchtete Glaubersalz“. Es schmeckt zwar alles andere als gut, aber meine Sorge, mich danach übergeben zu müssen, ist unbegründet! Liegt vielleicht auch daran, dass der grausige Geschmack durch ein Glas Himbeersaft mit Zitrone abgemildert wird ;-)
Nach dem Glaubersalz heißt es einfach nur: ABWARTEN! Nach rund zwei Stunden setzte die Wirkung ein und es war fast 17:00 Uhr, bis sich mein Darm wieder beruhigte.
Später, Aufbruch zum “Abendessen”, wer die Wahl hat, hat die Qual und so entscheide ich mich für die Gemüsesuppe. Alternativ wird auch Tomatensuppe serviert. Allen Fastenden wird das Essen im Salon im Haupthaus serviert. Ein großzügiger Raum mit einem atemberaubenden Blick auf dem See.
Der vierte Tag meines Aufenthalts ist der zweite Fastentag. Die Jubelnachricht ist: Ich verspüre fast keinen Hunger. Das tägliche Ritual auf der Station, bei dem die Schwester meinen gesundheitlichen Zustand erfasst, wird zum Erfolgserlebnis: Beim Wiegen habe ich 700g weniger – in einem Tag! Nun zur Problemnachricht: Ein immenser Kopfdruck quält mich, ebenso ein starker Muskelkater in allen Gliedern, die Augen sind geschwollen. Brennnesseltee soll beim Entwässern helfen. Außerdem erfahre ich wichtige Hintergrundinfos: Der Organismus baut zunächst die Glukose ab, die noch in der Leber gespeichert ist. Erst danach werden Fettsäuren abgebaut. Proteine werden ebenfalls zur Energiegewinnung genutzt, auch die Proteine aus den Muskeln. Wer länger fastet, muss mit einer Umstellung des Fettabbaus rechnen, bei der Ketonkörper gebildet werden. Wenn die Versorgung mit Kohlenhydraten gering ist, ist auch der Insulinspiegel des Menschen niedrig. Insulin hält das Fett in den Zellen zurück. Die Folge des niedrigen Insulinspiegels ist also der Fettabbau. Bei der Verwertung des Fetts entsteht Acetyl-CoA, deren stärkere Ansammlung zur Bildung von Ketonkörpern führt. Ketonkörper sorgen für einen fruchtigen Mundgeruch nach fauligem Obst.
Was ich auch noch erfahren habe: Kopfschmerzen treten verstärkt bei Kaffeetrinkern auf. Passend zu meiner Verfassung ist heute ein grauer Tag, ich mache Stretching, Kneippanwendungen und eine Suppe zum Mittagessen mit. Hätten Sie gedacht, dass Überlingens angesagteste Sporteinheit Treppen sind, z. B. die dramatische Teufelstreppe? Hier versuche ich, meinem Muskelkater entgegen zu wirken. Der Jachthafen ist prachtvoll, selbst bei unfreundlichem Wetter.
Überall lernt man dazu: Wer zum Tai-Chi geht, bekommt nicht nur eine Dosis Entspannung, sondern erfährt auch viel über die natürliche Stellung der Füße. Sie sollten immer in Hüftbreite parallel zueinanderstehen. Die Gespräche mit den anderen Fastenkandidaten sind enorm hilfreich. Geteiltes Fasten ist halbes Fasten! Auch erfährt man viel über die Motivation der anderen und motiviert sich gegenseitig. Die Teilnehmer kommen oft von weit her. Eine Engländerin, , ist zuerst skeptisch, als man mit einem Krautwickel ihr geschwollenes Knie behandeln will („Cabbage – really?“). Umso erstaunter ist sie dann: Der versprochene Erfolg stellt sich tatsächlich ein! Auch sonst ist für alle Bedürfnisse gesorgt. Diese Einrichtung verwöhnt nicht nur den Körper, sondern sorgt auch für ein tolles Unterhaltungsprogramm: Der Pianist Paul Amrod spielt die Geschichte von John Lennon am Klavier. Ich gehe früh schlafen, denn ich bin hundemüde. Aber meine Muskel- und Kopfschmerzen lassen mich nicht zur Ruhe kommen.
An den Schmerzen bin ich selber schuld, wie mir meine Recherche in schlafloser Nacht offenbart: Ich bin mit großer Wahrscheinlichkeit vollkommen übersäuert. Die Leber schafft es nicht, das Gift schnell genug abzubauen, also wird es anderswo zwischengelagert – und verursachen bei mir Muskel- und Kopfschmerzen. Dringend muss ich nach der Fastenkur meine Ernährungsgewohnheiten umstellen! Und nie wieder Prosecco! Man tröstet mich: Nach 3 bis 4 Tagen Fastenkur soll die Übersäuerung und mit ihr der Schmerz passé sein. Auch psychisch geht es mir während dieser Entgiftung nicht sonderlich gut: Ich träume wildes Zeug. Zusätzlich gibt es eine extra Kanne Basentee und ein Fläschchen geeignetes Basen-Badesalz.
Wie habe ich die Darmreinigung gefürchtet! Natürlich mache ich mit , denn sie ist wichtig, damit keine Rückvergiftung entsteht. Sämtliche Abbauprodukte, die durch die innere Reinigung des Körpers entstehen und nicht gespült werden, werden vom Darm reabsorbiert und wieder in die Blutbahn hineingespült. Also: Schamgefühl ausblenden, die Prozedur dauert auch nicht lange. Ein Sisal-Handschuh zur Massage der trockenen Haut aktiviert die Entgiftung zusätzlich. Eine Maniküre, eine Pediküre und ein Salz-Peeling im Beauty-Salon sollen mich für meine Muskelschmerzen entschädigen. Man gönnt sich ja sonst nichts! Auch in der kommenden Nacht bringen mich meine Gliederschmerzen fast um den Verstand – wie bei einer starken Erkältung. Ein leichtes Schmerzmittel hilft. Tipp: Beim Fasten entfalten Medikamente eine stärkere Wirkung! Nur ein Arzt kann daher über die Dosis entscheiden.
Die gute Nachricht am 6. Morgen: Ich habe an einem Tag 900g verloren! Aber nicht nur meine Übersäuerung, sondern auch meine Blutuntersuchung spricht eine deutliche Sprache: Ich muss meine Lebensgewohnheiten ändern. Ich werde künftig das Frühstück ausfallen lassen (eine Tasse Kaffee genügt mir), und nur zwischen 12:00 und 20:00 Uhr Nahrung zu mir nehmen. Intervallfasten ist angesagt!. Nach Dr. Bäumlers Meinung wäre dass das Beste für mich. Die Fettreserven inklusive die im Fettgewebe gespeicherten Giftstoffe werden für die Energiegewinnung angezapft und abgebaut! Frühstücksland Deutschland mit seinen schweren, oft fettigen Speisen zum Frühstück – was für ein Unsinn!
Das Essen tritt vollkommen in den Hintergrund. Es ist einfach nicht mehr so wichtig wie früher. Viel wichtiger ist der wohltuende Leberwickel danach! Die Pastinaken-Suppe mit verschiedenen Tees zum Mittagessen war die richtige Wahl. Auch dieser Tag ist eher grau in grau – aber dieses Mal mag ich diese ruhige Winterschlafstimmung irgendwie. Auch bei diesem Wetter ist die Umgebung äußerst reizvoll. Ich erfreue mich daran.
In der Klinik wird man wirklich verwöhnt: Für jeden Gast stehen 1,5 Mitarbeiter bereit, dabei gibt es insgesamt 250 Mitarbeiter. Ich erfahre viel über die Geschichte der Einrichtung: Dr. Françoise Wilhelmi de Toledo und Raimund Wilhelmi, Jutta Rohrer, geborene Wilhelmi und Claus Rohrer bilden als heutige Klinikleitung die Enkelgeneration des Gründers Dr. Otto Buchinger. Sie stehen nicht nur für eine familiäre Atmosphäre, sondern auch für den starken Zusammenhalt und die Leidenschaft, die Vorteile des Heilfastens so fortzusetzen, wie Buchinger sie begründet hat. Gleichzeitig wird die Methode vorsichtig weiterentwickelt und immer wieder neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst. Die vierte Generation steht schon in den Startlöchern, um die Klinik zu übernehmen. Viele Gäste kommen immer wieder, manche jedes Jahr. Auch zu Weihnachten und Neujahr kommen Stammgäste und entfliehen so dem Festtagsstress.
Der heutige Begrüßungscocktail ist eine kühle Köstlichkeit und eine gelungene Alternative zum Alkohol!
Das Rezept: 1/3 Ananas Saft (Bio und selbst gepresst) 1/3 Früchtetee mit Minze (frisch) und 1/3 Sprudelwasser.
Mein besonderer Tipp in dieser Klinik: die Psychotonik nach Professor Glaser.
Therapieziele: Förderung der Gesundheit mit einer möglichst umfassenden Begegnungs- und Regulationsfähigkeit, die sich aus Leib und Seele gleichermaßen zusammensetzt.
Das freiwillige Fasten – im Unterschied zum unfreiwilligen Hungern – führt zu psychischen und physischen Veränderungen. Ich wende mich meinem Inneren zu, entwickle ein ganz neues Körpergefühl. Mein Körper sagt mir, was er braucht! Ob bei mir inzwischen auch schon die gesteigerte Ausschüttung des Glückshormons Serotonin eingesetzt hat? Ich habe den Eindruck! Das Leben erscheint mir plötzlich wie eine spannende und vielfältige Herausforderung, die man meistern und dabei Freude haben kann. Nicht mehr wie ein Spießrutenlauf, um ächzend die nächste Hürde zu nehmen. Ich fühle wachsende Kreativität und Energie. Die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit nimmt spürbar zu. Das Durchhalten des Fastens erscheint jetzt überhaupt nicht mehr schwierig, ist aber auch notwendig. Wenn man das Fasten früher abbricht, kann es zu Verdauungsstörungen kommen. Die Kopfschmerzen durch die Stoffwechselumstellung sind inzwischen vollständig verschwunden. Die seelische Regeneration zieht weite Kreise. Es geht mir gut!
Der Alltag ist weit weg – ebenso all seine Belastungen, Probleme, Sorgen. Der Tagesablauf ist mit Aktivitäten prall gefüllt, aber ohne Stress aufkommen zu lassen. Ich habe so viel Entspannungstherapie, Bewegung u. v. m. zu tun, dass der Pool immer noch auf meinen Besuch wartet. Und er lockt mich: 30° Celsius warm und das ganze Jahr geöffnet. Der Schlaf ist gut, auch wenn ich zweimal rausmusste. Flüssigkeit ausscheiden! Ich versuche mir die Übungen der Rückengymnastik zu merken, für zuhause. Ich habe wieder 900 Gramm verloren. Ein geruhsamer Nachmittag mit Schönheitsbehandlungen und einem warmen Bad. Übrigens: Medienkonsum ist hier nur eingeschränkt möglich. Aufs Fernsehen verzichte ich ganz, das Handy, das Smartphone und das Laptop dürfen nur im Zimmer benutzt werden. Die freie Zeit ohne Klingeln, Surren und Geplapper ist nur für mich.
In dieser Nacht musste ich nur einmal zur Toilette und mein Energiespeicher lädt sich spürbar auf. Ich stehe mit Freude auf und bringe mich beim Stretching körperlich in Form. Danach fühle ich mich, als könnte ich Bäume ausreißen. Die kneippschen Wechsel- und Untergüsse sind allerdings tough: Abhärtung ist nicht immer leicht! Meine belegte Zunge ist kein Grund zur Sorge, sondern Zeichen der Entgiftung, wie ich beim Arzt erfahre. Bei der Röder-Therapie kann ich nicht teilnehmen, weil ich gegen ätherische Öle allergisch bin. Für die, die es interessiert:
Der Fitnessraum bietet einen herrlichen Blick auf den Bodensee. Auch hier zeigt sich das Team verantwortungsbewusst, denn man erhält eine ausführliche Einführung in die Nutzung der Geräte. Und nun heißt es: Ausdauer, Fitness und Muskelkraft stärken, Gelenke und Rücken schonen! Die Muskelkraft zu trainieren ist beim Fasten sehr wichtig: Wenn man dem Körper weniger Energie zuführt, greift dieser nicht nur die Fettdepots, sondern auch die Eiweiß-Reserven an. Diese befinden sich an den Muskeln. Wenn man also abnimmt, ohne Sport zu treiben, lässt die Muskelmasse nach. Um Muskelmasse aufzubauen, eignet sich Ausdauersport weniger, Krafttraining aber umso mehr. Der Muskel wächst mit dem Widerstand. Außerdem muss man immer Folgendes beachten: Erfolgreich abnehmen, d. h. Fett abbauen, kann man nur …
Nach einer unendlich erholsamen Nacht wache ich entspannt auf. Und gleich wird die Stationsschwester vor Begeisterung gedrückt: schon wieder 700g Gewicht verloren.
Besonders begeistert bin ich immer wieder vom Yoga. Die Entspannung durchströmt meinen Körper wie ein warmer Fluss. Mein Geist und meine Seele scheinen körperlich spürbar zu werden, mit dem Körper erfühle ich meine seelische Verfassung und komme zu einer inneren Ruhe – fantastisch! Nach dem ersten Yoga-Kurs folgt der Kurs für Fortgeschrittene. Hand aufs Herz: Hier kann ich noch nicht alle Übungen mitmachen - aber der Ehrgeiz ist geweckt: Ich will das auch können! Yoga ist für mein Wohlbefinden inzwischen unverzichtbar geworden und ich nehme mir vor, mich näher mit dieser indischen Philosophie auseinanderzusetzen. Yoga ist nämlich weit mehr als nur körperliche Übungen. Es geht um das Anbinden des Körpers an die Seele, um die Vereinigung zwischen Körper und Psyche, kurz: um die Reise nach innen.
Beim Stretching werden heute Seile verwendet, um auf dem Rücken liegend die Beine hochzuziehen. So optimiert man seine Dehnung. Was sonst noch auf dem Programm steht: mein letzter Besuch bei der Fastentherapie und auch bei der Darmreinigung. Das dauert nicht lange und befreit mich für die nächsten Aktivitäten. Auch nach 8 Tagen Fasten verspüre ich nicht das geringste Hungergefühl, aber der Geruchssinn wird intensiviert. Schon dezentere Düfte nehme ich stärker und früher wahr als sonst.
Morgen früh wird mein zweiter Labortermin mit Blutabnahme erfolgen: Ich bin neugierig, ob sich mein Blutbild nach dem Fasten im Vergleich zu vorher verändert hat. Kurz vor der Abreise werde ich das Ergebnis bekommen.
Schon jetzt neigt sich mein Aufenthalt dem Ende entgegen – ich kann es gar nicht glauben. Auf dem heutigen Tagesprogramm steht deutlich zu lesen: Fastenbrechtag. Jetzt schon? Wo sind nur all die Tage ohne Essen hin?
Schon beim Aufstehen merke ich, dass etwas anders ist. Richtig – ich hatte nicht ganz so entspannt geschlafen. Ich messe dem keine weitere Bedeutung bei und horche nicht in mich hinein. Schon in der Frühe ist der Labortermin mit der Blutabnahme, die erweisen soll, ob meine Blutwerte sich durch das Fasten gebessert haben. Der Morgentee steht auch schon bereit. Zwei Kneipp-Termine sage ich ab, das wird mir jetzt einfach zu viel. Stattdessen plane ich eine Thai-Massage und eine Shiatsu-Behandlung ein. Letztere kenne ich nämlich noch nicht! Das Essen wird heute zum letzen Mal im Salon serviert. Es handelt sich um eine kleine Portion Apfelmus. Dazu muss ich sagen: Ich habe eine Apfelallergie, aber in der Regel nur gegen rohe Äpfel. Wenn Äpfel gekocht / gedünstet worden sind, vertrage ich sie normalerweise gut. Die Portion Apfelmus ist zwar klein, aber es ist die erste feste Nahrung seit 8 Fastentagen. Im Grund zählt auch der heutige Tag noch als Fastentag – schließlich nimmt man nur 285 kcal zu sich. Und das über den ganzen Tag verteilt!
Später nehme ich – statt des üblichen Apfels mit Apfeltee – ein kleines Mango Mousse zu mir. Es schmeckt zwar eigentlich ganz gut – aber mir schmeckte es irgendwie nicht. Ich konnte es nicht wirklich genießen. Zu wenig Zeit oder zu viel Zumba?
Zum Zumba bin ich angemeldet, ohne genau zu wissen, was mich erwartet. Inzwischen weiß ich es: Zumba ist eine Mischung aus Fitness- und Tanzprogramm. Es kombiniert Aerobic mit lateinamerikanischen und internationalen Tänzen. Dabei folgt man nicht so sehr dem Zählen der Takte, sondern in rhythmischen Bewegungen dem Fluss der Musik.
Wir sind nur 5 Teilnehmer. Es fängt eigentlich gut an. Dann aber bekommt meinem Körper, meinem Magen und meinem Kopf das ganze Drehen und Hüpfen nach links und rechts nicht. Mir wird schwindelig, Bauchkrämpfe stellen sich auch noch ein. Zumba ade! Nichts wie ab auf mein Zimmer. Dies stellt sich auch als genau Richtige heraus. Den Rest des Nachmittags verbringe ich immer wieder auf der Toilette. Vertrage ich kein Essen mehr? Oder speziell diese Mousse nicht? Irgendetwas stimmt an diesem Tag nicht. Ich gönne meinem Magen gesunden, beruhigenden Fencheltee und meinem Hirn ein entspannendes, beruhigendes Buch. Am Abend bereite ich mich auf das Abendessen mit Fastenbrechen vor. Es gibt eine äußerst schmackhafte, reichhaltige Suppe und dazu einen (bitteren) Malzkaffee. Ich kehre gestärkt in mein Zimmer zurück und kann mich an die Probleme des Nachmittags schon kaum noch erinnern. Ich schaue mir Chats und Tutorials an. Der Schlaf kommt schnell nach diesem anstrengenden Tag!
Schon um 6:00 Uhr in der Frühe wache ich ausgeschlafen und entspannt auf! Gemessen am gestrigen Tag mit seinen Unannehmlichkeiten geht es mir fantastisch. Das Frühstück ist im Vergleich zur Fastenzeit ein himmlischer Hochgenuss: zwei Backpflaumen, dicker Saft mit Zimt und speziell für mich als Allergiker Dinkelbrei mit Blaubeeren. (Die anderen haben einen Apfel bekommen.) Ich entschließe mich, heute besser auf meinen Körper zu hören und den Sport nach diesem üppigen Frühstück ausfallen zu lassen. Der Magen-Darm-Trakt, aber auch der Kopf müssen sich erst wieder an reichhaltigere Mahlzeiten gewöhnen. Das geht nicht in Sekundenschnelle!
Die Thai-Massage ist ein echter Genuss und verschafft dem ganzen Körper ein Wohlgefühl. Viel anspruchsvoller als die üblichen Thai-Massagen! Der Ablauf beginnt damit, dass man sich am Boden auf eine Tatami-Matte legt. Am besten trägt man leichte, elastische Sportbekleidung. Im Hintergrund wird man von angenehm klingender, fernöstlicher Musik in ferne Weiten entführt. Die Therapeutin hat (und darauf sollte man wohl achten) eine physiotherapeutische Ausbildung und macht das sehr kompetent. Sie beginnt an den Füßen und führt dann Drehungen nach aufwärts durch. Die Füße und Beine heben, strecken, dehnen. Sie arbeitet sich an den Triggerpunkten entlang der Meridiane, bis hoch zu den Schultern und dem Nacken. Die Behandlung ist sehr energetisch und hilft gegen Verspannungen (die viele Leute besonders im Nacken haben). Die Therapeutin knetet meine Schultermuskeln mit ihren Ellenbogen durch. Ich mache sofort noch einen Termin für die morgige Rückenmassage!
Mal wieder quält mich der Durchfall. Ich schleiche zu meinem Termin mit der Ernährungsberaterin. Den Fragebogen mit den genauen Ernährungsangaben zu einer Woche in meinem Leben gebe ich ihr. „Ist es normal, wenn man in der Aufbauphase Durchfall bekommt?“ Sie verneint und vermutet statt dessen, dass ich vielleicht doch auch gegen Äpfel in Kombination mit Sellerie im gekochten Zustand allergisch sein könnte. Mein Verdauungstrakt, so führt sie weiter aus, ist gerade jetzt sehr empfindlich. Wir planen, für den Rest des Aufenthalts weder Äpfel noch Sellerie in meinen Speisen zu erlauben. Was ich noch über die Darmflora lerne:
Ich kann ihr all meine ernährungsbezogenen Fragen stellen: Warum bekomme ich oft 1 bis 2 Stunden nach dem Essen wieder richtig Hunger? Eine Unverträglichkeit ist möglich. Wenn mein Organismus die Nährstoffe nicht verarbeiten kann, ist er mit Nährstoffen unterversorgt. Dann verlangt er nach mehr Essen. Ich werde also nun Buch führen, um das unverträgliche Lebensmittel aufzuspüren: Wann esse ich welche Speisen? Wann bekomme ich die Hungerattacken?
Wer genau so gerne Quiche ist wie ich und die Kalorien genau so fürchtet, den weihe ich in folgendes Geheimnis ein: Filo-Teig! 5 bis 6 Blätter genügen, um eine Art Strudel zu formen. Am heutigen Tag habe ich gerade einmal 800 kcal zu mir genommen – und ich bin satt! Früher undenkbar!
Heute wieder 900g weniger! Bei meinem letzten Mal Yoga heute packt mich der Abschieds-Blues. In meiner Heimatstadt München habe ich aber inzwischen ein paar Yoga-Zentren gefunden, das mildert den Stimmungsdämpfer etwas. In einem langen Spaziergang über das Buchinger-Gelände erkunde ich alle Ecken und Winkel, die ich bisher noch nicht gesehen habe. Ebenso wie das Frühstück (Müsli und Backpflaumen) ist auch das Mittagessen lecker: Quinoa Soufflé, Gemüse, Quark-Creme. Doch noch ein Besuch bei der Kunsttherapie, die ich bisher gemieden hatte ☺. Die Erfahrung beginnt mit einem leeren Blatt Papier: Kopf ausschalten, dem Bauch die Führung überlassen. So entsteht mit jedem Spachtelstrich ein Bild, das mich an Abschied denken lässt und das ich deshalb 2016 nenne. Ein Jahr, das sich für mich nicht wiederholen muss.
Zuerst ein Schock: Heute habe ich leider 600g mehr auf der Waage. Aber die Stationsschwester beruhigt mich: „Das ist völlig normal – keine Panik.“ Das Frühstück: Obst, Müsli, Knäckebrot mit vegetarischem Brotaufstrich und natürlich Malzkaffee. Lecker! Schon heute bestelle ich meine Lunch Box. Sie versorgt die Teilnehmer auf der Heimreise und soll die Versuchung vermeiden helfen, gleich den nächsten Imbiss mit fettigen Speisen anzusteuern. Fast Food Ketten ade! Dr. Bäumler teilt mir mit, dass meine Blutwerte gut sind. Lediglich die Leber arbeitet auf Hochtouren. Die Fastenkur hat sich gelohnt: Ich nehme auch nach meinem Aufenthalt hier nur noch die halbe Dosis meines Blutdrucksenkers. Ein echter kleiner Erfolg! Nun muss ich beobachten, wie sich die hier gewonnen Erfahrungen und Einsichten in meinen Alltag zuhause integrieren lassen und mit meinem Hausarzt die weiteren Schritte planen. Um meine Teilnahme an der Charité-Studie abzuschließen, wird Dr. Bäumler mich in zwei Wochen kontaktieren, um mein Gewicht, meinen Blutdruck und mein Befinden zu dokumentieren.
Ein Kochkurs mit Tipps für die Zubereitung leichter Speisen bereitet uns auf „das Leben danach“ vor. Hier treffe ich eine Gruppe von französischen Gästen, die allesamt Gourmets und Hobbyköche sind. Nur einmal im Jahr tauschen sie die Menüs mit mehreren Gängen und Spitzenwein gegen das Heilfasten ein. Ich probiere so viel Selbstgekochtes, dass ich mein Mittagessen kaum noch essen kann. Dieses besteht aus Sauerkraut mit Salat, Pellkartoffeln, roter Beete und Quark-Creme. Auch die Shiatsu-Therapie nutze ich heute. Entlang der Meridiane wird mit speziellen Drucktechniken gearbeitet, ähnlich wie bei der Akupunktur. Insgesamt entspannend und auflockernd. Der nächste Kochkurs zeigt mir dann leichte Gerichte für die Entlastungstage, die schnell zubereitet sind. Ich werde bestimmt das Eine oder Andere zuhause probieren – obwohl ich ehrlich gesagt nicht gerade ein Sternekoch bin. Entlastungstage gehören in jede Wochenplanung hinein – wer hätte das gedacht?
Mein letzter Gang zur Stationsschwester macht mich wehmütig. Wie schnell man sich an die Herzlichkeit und Fürsorge einer Schwester gewöhnt … Ich nehme wieder ab – das tröstet! Ein letztes Stretching. Das Frühstück fällt üppiger aus: Vollkornbrot mit Humus, Butter und Müsli! Auch die Lunch Box ist schon reisefertig. Den Abschluss der Behandlung bildet ein Vortrag über das richtige Verhalten nach einem Buchinger-Aufenthalt. Ich kaufe noch eine Rezept-Box für die Zubereitung leckerer Gerichte aus dem Hause. Mein Mann, den ich so schmerzlich vermisst habe, wartet in der Lobby auf mich. Er empfängt mein neues Ich, 5 kg leichter, total entspannt und um viele Erkenntnisse reicher. Ich wäre gern noch geblieben. Aber wie sagt man: Nach der Fastenkur ist vor der Fastenkur.