Experten schätzen allein für Deutschland eine Zunahme von 13 000 neuen Parkinson-Erkrankungen pro Jahr, was im Zuge der demografischen Entwicklung leicht nachvollziehbar ist. Deshalb ist es für die Betroffenen eine gute Botschaft, dass sich die Behandlungsmöglichkeiten in den letzten Jahren wesentlich verbessert haben und neue Arzneistoffe und Methoden entwickelt wurden, die bis hin zu einem Impfstoff in der klinischen Erprobung reichen.
Aus bisher noch ungeklärten Gründen sterben im Gehirn jene Nervenzellen fortschreitend ab, die für die Produktion des Botenstoffes Dopamin zuständig sind, der hauptsächlich für die Koordination und Feinabstimmung von Bewegungen sorgt. Die Folge sind Zittern, Muskelsteifheit und Bewegungsverlangsamung, alles bekannte typische Symptome der Parkinsonschen Erkrankung.
Weniger bekannt war bisher, dass nicht ausschließlich Gehirnzellen betroffen sind, sondern auch das periphere Nervensystem geschädigt wird, wie Privatdozent Dr. Niels Allert, Oberarzt am Neurologischen Rehabilitationszentrum Godeshöhe in Bonn erläutert. „ Dies kann zu Störungen des Magen-Darmtraktes, der Harnblasenfunktion oder der Blutdruckregulation führen“, so der Experte.
Für viele Patienten und deren Angehörige ist diese Diagnose niederschmetternd und stellt ihr bisheriges Leben auf den Kopf. Bevor aber falsche Vorstellungen Zukunftsangst heraufbeschwören, sollte man kompetente und fachliche Beratung einholen. So steht beispielsweise die Deutsche Parkinson Vereinigung e.V. (dPV ) deutschlandweit mit circa 450 Regionalgruppen und Kontaktstellen bereit, Erkrankten und Angehörigen zu helfen mit Informationen und Beratung, gerade auch in der kritischen Anfangsphase. Auch praktische Hilfe wird angeboten bei der Suche nach Ärzten und Fachkliniken, Patientenschulungen und Selbsthilfegruppen.
Auf der Seite der Deutschen Parkinson Vereinigung erfährt man alles Wissenswerte und kann durch eine Mitgliedschaft in den Genuß vieler Vorteile gelangen, um sich und seine Angehörigen durch die schwierige Zeit der Krankheit zu steuern und rechtzeitig über die besten Therapieoptionen informiert zu sein.
Dass die Parkinson-Erkrankung leider in vielen Fällen oft erst spät erkannt wird, hängt damit zusammen, dass manche Früh-Symptome nicht bekannt sind oder falsch eingeschätzt werden, bedauert Professor Dr. Ulrich Wüllner, Leiter der Abteilung Bewegungsstörungen und Schlafmedizin der Klinik und Poliklinik für Neurologie im Universitätsklinikum Bonn.
Anlässlich einer Presseveranstaltung der Deutschen Parkinson Vereinigung in Bonn erklärt Prof. Wüllner das Phänomen der späten Diagnose: „Tatsächlich können dem für die Erkrankung typischen Zittern von Händen oder Beinen, dem sogenannten Tremor, und der Bewegungsverlangsamung, genannt Akines, andere Symptome vorgelagert sein“, so der Experte.
Deshalb ist genaues Hinschauen gefragt, wenn sich Probleme mit dem Gleichgewicht, Schlafprobleme und Müdigkeit, Angst, vermehrtes Schwitzen, Geruchsstörungen, Gedächtnisstörungen, Blasenentleerungsstörungen zeigen, lange bevor die Hauptsymptome Tremor, Rigor und Akinese auftreten. Allerdings kann nur der Facharzt, also der Neurologe, anhand verschiedener Tests eine sichere Diagnose stellen. Deshalb sollte man aber keinesfalls schon vor einer ärztlichen Diagnose in Angst und Panik verfallen, denn viele der genannten Symptome können auch andere Ursachen haben.
Diese umfassen neben der medikamentösen Therapie, die sehr individuell zusammengesetzt werden muss, wobei Alter und Begleitstörungen zu berücksichtigen sind, auch physikalische Methoden, wie Physiotherapie, sowie aktivierende Therapien wie Logopädie, Ergotherapie, Sporttherapie.
Moderne Verfahren wie die Pumpentherapie, bei der die Medikamentengabe entweder subcutan verabreicht wird oder durch eine Magensonde in den Dünndarm gelangt, ermöglichen eine gleichmäßigere Wirkung und weniger Wirkungsschwankungen als dies bei oraler Gabe der Medikamente der Fall ist. Auch operative Therapien wie die Tiefe Hirnstimulation sind mittlerweile etablierte Methoden zur Verbesserung der Lebensqualität von Parkinson-Patienten, allerdings sind diese Therapieoptionen nicht gleichermaßen für alle Parkinson-Patienten geeignet.
Die Entscheidung muss also ganz individuell nach den jeweiligen Krankheitssymptomen und der Lebenssituation der Erkrankten, wie etwa Alter, Dauer der Erkrankung, Begleitstörungen und vieles andere mehr, getroffen werden.
Neben einer erfolgreichen Therapie, die selbstverständlich der Kernpunkt der Hoffnungen von Parkinson-Patienten bleibt, ist ein weiterer Punkt zu nennen:
Wichtig ist vor allem, dass eine Stigmatisierung der Betroffenen unterbleibt. Leider erleben diese und indirekt auch die Angehörigen immer wieder eine Ausgrenzung in der Öffentlichkeit, die sie als verletzend empfinden und sicher nicht zu einer besseren Lebensbewältigung beiträgt.
Aufklärung und richtige Information der Gesellschaft über die Krankheit ist eine Aufgabe der Gesundheitspolitik , die verstärkt in die Diskussion einfließen muss. Denn gerade der psychosoziale Faktor spielt für die Lebensqualität der Erkrankten eine große Rolle, damit sie sich nicht in Isolation und Resignation flüchten. Die Möglichkeit einer Teilnahme am normalen Alltag soll das Ziel jeder Therapie sein und dazu kann nicht nur die Medizin sondern auch das gesamte gesellschaftliche Umfeld beitragen.