Autor: Günther Steinbach
Verlag: Ueberreuter
Seiten: 228
ISBN-10: 3800038528
ISBN-13: 9783800038527
Preis: EUR 19.95
Warum Steinbach gerade zehn solcher staatstragenden Ereignisse punktuell herausgreift, rechtfertigt er in wenigen Worten: Will man keine Weltgeschichte schreiben, muss man eine Auswahl treffen. Und die hat der passionierte Historiker getroffen: Nach seinem ersten Stop bei der Kaiserkrönung Karls des Großen führt er 1046 zur Synode von Sutri, 1521 beobachtet er die Begegnung Martin Luthers mit Karl V. und knapp 70 Jahre später hält er beim Sieg der englischen Flotte über die spanische Armada. Sodann stellt Steinbach die Frage, wie die Französische Revolution ins Rollen kommt, um sich daraufhin mit Bismarck zu beschäftigen. Schon befindet er sich im 20. Jahrhundert und blickt auf den Tag, an dem das Thronfolgepaar 1914 einem Attentat erliegt, die Bolschewiki 1917 die Macht in Russland erobern und Hitler 1933 Reichskanzler Schleicher versetzt. Endstation seiner Zeitreise ist der 25. März 1957, der Tag, an dem die Römer Verträge unterzeichnet und die Europäischen Gemeinschaften ins Leben gerufen wurden.
Was-wäre-wenn-Überlegungen und damit die Vorstellung, dass es auch anders hätte ausgehen können, spielen in Steinbachs spannender Rückschau keine Rolle. Vielmehr legt der Experte Wert darauf, sich vor der Attitüde des rückwärts gerichteten Propheten zu hüten: Politische, gesellschaftliche und moralische Vorstellungen in die Geschichte zu transportieren, Partei zu ergreifen und Urteile zu fällen, das versucht er dezidiert zu vermeiden.
Das Lesebuch Schicksalstage Europas ist leicht zu portionieren und daher in kleinen Happen zu konsumieren. Dies ist auch notwendig, um die Fülle an Informationen entsprechend verarbeiten zu können. Der Autor kommt seinen Lesern zudem durch einen unkomplizierten Stil entgegen und ermöglicht ihnen so, Europas Geschichte zu erleben, anstatt sie sich mühsam erarbeiten zu müssen. Und das macht tatsächlich Appetit auf mehr.–Ute Langthaler-Nusser