Aphrodite, Sex und Salz - hatten die alten Griechen doch Recht? Es mehren sich wissenschaftliche Hinweise, dass eine ausreichende Versorgung mit Salz eine wesentliche Grundlage für ein erfülltes Sexualleben und die allgemeine Fruchtbarkeit von Mann und Frau ist.
Aphrodite entstand dem Mythos nach aus dem abgetrennten und ins Meer geworfenen Geschlecht des Uranos, der von seinem Sohn Kronos entmannt worden war. Eine andere Version geht davon aus, dass Aphrodite aus einer Muschel geboren wurde und dem Schaum des Meeres entstieg. Wie auch immer es zur Zeugung kam - das Salzwasser des Meeres scheint eine wesentliche Rolle gespielt zu haben.
Die griechische Liebesgöttin wird entsprechend ihrer Zeugung im Meer als die „Schaumgeborene” oder auch als die „im Salzwasser Geborene” bezeichnet. „Aphrodite personifiziert damit nicht nur die weibliche Schönheit, sondern auch den Ursprung der Menschheit aus salzhaltigem Schaum”, schreiben Bernard M. Moinier und Tilman B. Drüeke, Paris, in einem Übersichtsartikel in der Fachzeitschrift „Nephrology, Dialysis, Transplantation”.1
Schon die alten Griechen haben nach ihrer Darstellung erkannt, dass Salz lebenswichtig für die Menschheit ist. Systematisch untersucht wurden die Zusammenhänge zwischen Salz und Gesundheit allem Anschein nach erstmals von Aristoteles. Er beschrieb bei Schafen die Notwendigkeit eines gut balancierten Flüssigkeits- und Mineralhaushalts für die Gesundheit der Tiere. Aristoteles stellte Zusammenhänge zwischen der Fruchtbarkeit der Tiere und ihrer Salzversorgung fest. Eine ausreichende Versorgung mit Salz scheint, so die frühen Beobachtungen des griechischen Philosophen, eine Voraussetzung für Zeugung und Geburt zu sein. Aber auch ebenso wichtig für die Milchqualität, weshalb Zucht- und Mutterschafe im frühen Griechenland mit zusätzlichen Salzrationen versorgt wurden.
Dass der Salzhaushalt des Körpers mit Sexualität und Fruchtbarkeit assoziiert ist, belegen nach Moinier und Drüeke zahlreiche Berichte unserer Vorfahren. Als Beispiel führen die französischen Wissenschaftler ägyptische Priester an, die Salz in ihrer Nahrung mieden, um leichter „ihre Keuschheit zu erhalten”. Auch gibt es Beobachtungen, wonach Salz die Fruchtbarkeit bei Tieren verbessert.
Inzwischen ist wissenschaftlich gut belegt, dass eine restriktive Salzaufnahme die sexuelle Lust mindert und dass verschiedene Steroid- wie auch Peptidhormone, die im Reproduktionsprozess bedeutsam sind, einen regelrechten Salzhunger auslösen können. Das Phänomen scheint sich im Verlauf der Evolution herausgebildet zu haben, um sicherzustellen, dass eine für die Fortpflanzung ausreichende Salzversorgung gegeben ist. Die Suche nach Salz im Zusammenhang mit der Fortpflanzung ist weit verbreitet und von Schmetterlingen über Vögel bis hin zu den Säugetieren und zum Menschen zu beobachten. Dies lässt auf die grundlegende Bedeutung einer adäquaten Salzversorgung für die Arterhaltung und ganz allgemein für Lebensprozesse schließen.
Auch die sexuelle Attraktivität wird nach Moinier und Drüeke offensichtlich durch Salz gesteuert. Denn die Wahrnehmung „sexuell begehrenswert” ist an das dopaminerge System im Gehirn gekoppelt, welches maßgeblich durch Salz reguliert wird. Der Botenstoff Dopamin ist außerdem an der Regulation der Erektion beteiligt. Es ist gut belegt, dass ein Salzmangel der erektilen Dysfunktion ebenso Vorschub leistet wie einem Nachlassen der sexuellen Lust. Eindeutig beschrieben ist ferner, dass die Fruchtbarkeit der Frau direkt von einer ausreichenden Salzversorgung abhängig ist - ebenso wie die Reifung gesunder Nachfahren. So kommt es unter einer Salzrestriktion vermehrt zu Schwangerschaftskomplikationen. Auch direkt nach der Geburt ist eine gute Salzbilanz Voraussetzung für eine adäquate Entwicklung. Dies ist eine Beobachtung, die nicht nur beim Menschen gemacht wurde, sondern im gesamten Tierreich.
Darüber hinaus gibt es Hinweise auf Zusammenhänge eines Salzmangels mit dem Auftreten einer chronischen Müdigkeit, dem so genannten chronischen Fatigue-Syndrom (CFS). Aus Untersuchungen bei Ratten stammen zudem Beobachtungen, wonach unter Salzmangel Lernprozesse gestört werden und die Gedächtnisfunktionen leiden.
„Der Mensch ist offensichtlich nicht an einen Salzmangel angepasst und auch nicht in der Lage, diesen über längere Zeit unbeeinträchtigt auszuhalten”, schreiben die Autoren des Artikels. Das muss nach ihrer Meinung berücksichtigt werden, wenn immer wieder zum Salzsparen aufgerufen wird, ohne die potenziellen Risiken zu bedenken. „Die Tatsache, dass es immer noch Individuen unter uns gibt, die wie die früheren Jäger und Sammler mit extrem niedriger Salzzufuhr klar kommen, wird dazu benutzt, der heutigen Bevölkerung pauschal eine Salzrestriktion zu verordnen, obwohl diese die Fruchtbarkeit einschränkt und die Lebenserwartung verkürzen kann”, schreiben die beiden Wissenschaftler.
Auch daran erinnert, so heißt es im Artikel, die griechische Mythologie, die dem Salzwasser eine enorme Kraft bei der Zeugung von Leben zugeschrieben hat und offenbar bereits um die engen Zusammenhänge eines gut bilanzierten Salzhaushaltes mit den Phänomenen der Lust, der sexuellen Aktivität und der Fruchtbarkeit bei Mensch und Tier wusste.
Aphrodite, sex and salt - from butterfly to man Bernard M. Moinier1 and Tilman B. Drüeke2
Consultant SeI et Santé and 2Centre de Recherche, Inserm Unite 845 and Service de Nèphrologie, Necker Hospital, Paris Nephrology, Dialysis, Transplantation (2008) 23: 2154-2161 ↩