In der Hitliste der “Igitt”-Lebensmittel verabscheuen vier- bis fünfjährige Kinder Avocados und Lauch am meisten. Das ergab eine aktuelle Untersuchung am University College in London. Auch Erwachsene mögen längst nicht alles. Für die einen sind Austern der höchste Genuss, während andere sich davor geradezu ekeln. Wie kommt das? Wie entwickelt sich das, was wir eine feine Zunge nennen?
Unser Geschmacksempfinden ist teilweise angeboren, teilweise wird es durch Umwelteinflüsse und Erfahrung erlernt. Säuglinge mögen Süßes von Anfang an, Bitteres stößt bei ihnen dagegen auf heftige Ablehnung. Das macht durchaus Sinn, denn evolutionsgeschichtlich gewährleistet die Natur so das Überleben: Süß signalisiert sichere, schnelle Energien, während bittere Substanzen oft giftig sind. Nicht umsonst schmeckt Muttermilch süß, und wird deshalb von Babys auf Anhieb gemocht.
Die Organe zur Wahrnehmung des Geschmacks, die Geschmacksknospen, sind über die ganze Zunge verteilt. Mit der Zungenspitze schmecken wir vor allem süß, an den Rändern salzig und sauer und mit dem Zungengrund bitter. Mit steigendem Lebensalter sinkt die Zahl der Geschmacksknospen von ca. 10000 bei Säuglingen auf rund 2000 bei Erwachsenen. Kinder haben demnach den feineren Gaumen.
Nach der Wissenschaftlerin Linda Bartuchuk von der Universität Yale lassen sich von Geburt an zwei Geschmackstypen unterscheiden: “Superschmecker” haben besonders viele Geschmacksknospen auf der Zunge. Sie reagieren im Gegensatz zu “Nichtschmeckern” erheblich empfindlicher auf geschmackliche Reize, insbesondere auf Bitterstoffe. Bitteres Gemüse lehnen sie daher meist ab. Doch nicht nur die genetische Grundausstattung entscheidet über den persönlichen Geschmack, auch praktische Erfahrungen prägen die Gourmets von morgen, möglicherweise schon im Mutterleib. So löffelten nach einer Studie am Monell Chemical Senses Center in Philadelphia Kinder, deren Mütter bereits während der Schwangerschaft und Stillzeit Karottensaft tranken, mehr Möhrenbrei als Babys von Müttern, die nur Wasser zu sich nahmen. Inwieweit solche vorgeburtlichen Geschmackserfahrungen spätere Essvorlieben beeinflussen, müssen weitere Untersuchungen klären.
Tatsache aber ist, dass der Geschmackssinn bei Säuglingen bereits vollständig entwickelt ist. Er muss nur noch trainiert werden. Das allerdings sollte behutsam geschehen. Säuglingskost erscheint Erwachsenen oft fade und geschmacklos. Doch Kinder erleben die Nahrung ganz anders. Alete hat sich mit seinen Produkten auf den hochsensiblen Geschmackssinn der Kleinen eingestellt. Deshalb sollten die Gläschen weder nachgesalzen noch nachgezuckert werden.
Geschmacksvorlieben entwickeln sich besonders im Alter zwischen einem und sechs Jahren. Nach Untersuchungen des Ernährungswissenschaftlers Volker Pudel sind jüngere Kinder hinsichtlich ihrer Vorlieben leichter formbar als ältere. Eine ausgewogene, abwechslungsreiche Ernährung übt die kleinen Feinschmecker am besten. Wenn Eltern bei ihren Kindern mehr Zustimmung für Gemüse erreichen wollen, sollten sie leicht süß schmeckende Sorten wie Möhren, Zuckererbsen oder Gemüsemais auf den Tisch bringen. Vorteilhaft ist auch, Neues mit Bekanntem zu kombinieren, da die Abneigung gegen Neues, sprich die Vorliebe für Gewohntes, ebenfalls angeboren ist.