Ernst Münchmeyer hat diese Krankheit erstmals beschrieben und sie zählt zu den sehr seltenen Krankheiten (rare diseases). Weltweit weiß man lediglich von rund 700 erkrankten Menschen. Die genetisch bedingte Krankheit zieht eine fortschreitende Verknöcherung des Binde- und Stützgewebes des menschlichen Körpers nach sich. Dort, wo sich einst Muskeln befanden, findet man nun Knochen. Auslöser dafür können bereits kleinste, Verletzungen sein. Da der Körper von FOP-Patienten kein Narbengewebe bilden kann, verknöchern die betroffenen Gelenke, werden immer unbeweglicher und versteifen schließlich ganz.
An FOP-Erkrankte leiden häufig von Geburt an auffallenden Verkrümmungen, der großen Zehen oder der Daumen. Auch Fehlbildungen der Halswirbelkörper sind häufig. Betroffene Säuglinge und Kleinkinder fallen durch eingeschränkte Beweglichkeit und oft auch entzündeten Schwellungen an allen möglichen Körperteilen auf. Am häufigste beeinträchtigt sind die Gelenke im Kopf-, Nacken-, Kiefer-, Arm- und Kniebereich. Und, 50 % aller FOP-Erkrankten leiden zudem an Hörproblemen.
Angesichts neuer Erfolge in der Grundlagenforschung dürfen die rund 800 Betroffenen weltweit neue Hoffnungen schöpfen. Für einen vielversprechenden neuen Therapieansatz, der die fortschreitende Verknöcherung hemmen könnte, zeichnet Eva Luise Köhler am 27. Februar 2020 in Berlin zwei Wissenschaftlerinnen der TU Dresden aus.
Eine frühzeitige Diagnose und die Begleitung durch erfahrene Ärzte, die mit den richtigen Behandlungsstrategien vertraut sind, könne viel unnötiges Leid ersparen, erläutert Nadine Großmann, die im Alter von 13 Jahren ihre FOP-Diagnose erhielt. Viele Ärzte wüssten beispielsweise nicht, dass chirurgische Eingriffe unter allen Umständen vermieden werden müssen, weil sie massive Knochenschübe auslösen können. Dramatische Folgen hatte für sie beispielsweise eine Kiefer-Operation, nach der sie innerhalb weniger Tage ihren Mund nur noch 2 mm weit öffnen konnte. Der nächste Krankheitsschub versteifte spontan die rechte Schulter.
„Und damit habe ich Glück im Unglück“, erklärt die junge Biochemikerin, die derzeit im Rahmen ihrer Doktorarbeit an der FU Berlin/ Charité ebenfalls an der molekularen Signalübertragung bei FOP forscht. Oft sind bei Patienten mit FOP bereits zum Ende der Pubertät alle rumpfnahen Gelenke fixiert, sodass sie sich nur noch im Rollstuhl fortbewegen können und auf fremde Hilfe angewiesen sind.
Auf der Suche nach Therapieoptionen, die die fortschreitende Verknöcherung des Bindegewebes gezielt hemmen könnten, untersuchten die Wissenschaftler im „Bone Lab“ der TU Dresden im vergangenen Jahr auch das Wechselspiel zwischen dem Eisen- und dem Knochenstoffwechsel – zwei auf den ersten Blick unverwandte Systeme. Dass sich dabei ausgerechnet Transferrinrezeptor-2 (Tfr2) – ein Eiweißmolekül, das überwiegend in der Leber gebildet wird und für den Eisentransport verantwortlich ist – als äußerst wirkungsvolles Regulativ im entgleisten Knochenstoffwechsel von FOP-Zellen entpuppte, erstaunte selbst Martina Rauner, die sich bereits seit Jahren dem Studium von seltenen Knochenkrankheiten widmet: „Als wir gesehen haben, wie potent die Bindungsregion von Tfr2 die ungewünschten Ossifikationen, also das überschießende Knochenwachstum, hemmte, war uns klar, dass diese Entdeckung Potenzial für die klinische Weiterentwicklung hat.“
Am 28. Februar wird der Rare Disease Day begangen und wir meinen, dies ist Grund genug, sich einmal in einer dieser seltenen Krankheiten näher zu befassen. Seltene Krankheiten stellen nicht nur die davon Betroffenen (weltweit geht man von rund 300 Millionen aus), sondern auch deren Angehörigen mitunter vor schier unlösbare Herausforderungen. Eine der Ursachen liegt in der Tatsache begründet, dass es dabei einen Mangel an wissenschaftlichen Erkenntnissen und hochwertigen Informationen über die jeweilige Krankheit gibt. Und genau das führt häufig zu einer, mitunter jahrelangen, Verzögerung der Diagnose. Aufgrund der großen Diversität der Erkrankungen und der Tatsache, dass sich hinter relativ gängigen Symptomen seltene Krankheiten verbergen können, kommt es häufig zu anfänglichen Fehldiagnosen. Darüber hinaus unterscheiden sich die Symptome nicht nur von Krankheit zu Krankheit, sondern auch von Patient zu Patient, der an derselben Krankheit leidet. Es ist daher höchste Zeit, dass die Forschung sich internationalisiert, um sicherzustellen, dass Experten, Forscher und Kliniker miteinander vernetzt sind. Nur dadurch ist ein schneller und zielführender Austausch möglich.
Weiterführende Informationen findet man unter FOP GERMANY und ACHSE