Nur einmal schmerzfrei sein? Wieviele Millionen von Menschen würden sich das wünschen? Doch einigen wenigen ist ein schmerzfreies Leben tatsächlich vergönnt. Sie leiden an einer verminderten Empfindlichkeit gegenüber Schmerz, der sogenannten Hypoalgesie. Dieses Symptom darf man allerdings keinesfalls verwechseln mit einer HYPERALGESIE.
Hypoalgesie ist ein medizinischer Begriff, der eine verminderte Schmerzempfindung oder Schmerzreaktion bezeichnet. Im Gegensatz zu einer Narkose, bei der der Schmerz völlig ausgeschaltet wird, wird bei einer Hypoalgesie der Schmerz zwar wahrgenommen, aber nur in abgeschwächter Form. Dies kann verschiedene Ursachen haben und ist in vielen Fällen von klinischer Relevanz.
Menschen, die unterschiedlich auf Schmerzen reagieren, gab es schon immer und wird es immer geben. Was dem einen die Tränen in die Augen treibt, lässt den anderen noch lange kalt. Doch zwischen Überempfindlichkeit und Schmerzfreiheit liegt ein schmaler Grat. Was sind die Ursachen für Schmerzüberempfindlichkeit und Schmerzunempfindlichkeit?
Phänomene wie Panik und extremes Schmerzempfinden vor oder während eines Zahnarztbesuches oder Sportler, die selbst nach schweren Stürzen wieder aufstehen und weitermachen, als sei nichts geschehen, sind uns allen bekannt. Verantwortlich dafür sind die dabei durch Stress hervorgerufenen Gedanken und Gefühle, da sie die Schmerzwahrnehmung mindestens ebenso stark beeinflussen wie der objektive Schmerzreiz. Letzterer vermittelt Informationen über schmerzspezifische Rezeptoren, die auch Nozizeptoren genannt werden. Diese Sinneszellen befinden sich in den schmerzempfindlichen Körpergeweben, die dem Nervensystem Schädigungen melden. Und von diesen schädlichen Reizen gibt es die unterschiedlichsten Arten. Sie alle haben jedoch ihren Ursprung im nozizeptiven System, das Rezeptoren, Nervenbahnen und Hirnzentren miteinander vernetzt und in der Lage ist, die Schmerzwahrnehmung zu verändern. Dies wurde unter anderem bei der Hirnaktivität von Menschen mit Borderline-Störungen, einer schweren psychischen Erkrankung, beobachtet. Aber auch ein Gendefekt, wie er zum Beispiel beim extrem seltenen Marsili-Syndrom auftritt, kann die Ursache für ein gänzlich fehlendes Schmerzempfinden sein.
Neuropathie ist eine Schädigung oder Funktionsstörung des Nervensystems, wie sie bei Diabetes oder durch Verletzungen auftreten und zu einer verringerten Schmerzempfindung führen kann
Medikamente, insbesondere Opioide, können die Schmerzempfindlichkeit verringern, wenn sie über einen längeren Zeitraum eingenommen werden
Genetische Veranlagung kann ebenfalls zu einer geringeren Schmerzempfindlichkeit führen
Psychologische Faktoren, zu denen emotionale oder psychologische Faktoren zählen, können die Wahrnehmung von Schmerz beeinflussen. Auch Menschen mit Depressionen oder Angststörungen erleben Schmerzen oft anders.
Chronische Schmerzen können zu einer Abnahme der Schmerzempfindlichkeit führen, da der Körper sich an die anhaltende Reizung gewöhnt
Akute Verletzungen oder Entzündung können ebenfalls zu einer vorübergehenden Hypoalgesie führen, da der Körper Schmerzsignale dämpft, um Schutzmechanismen aufrechtzuerhalten.
Klinische Bedeutung von Hypoalgesie in der klinischen Praxis kann die Krankheit dazu führen, dass Patienten Schmerzen nicht angemessen wahrnehmen oder melden. Dadurch können, insbesondere bei Patienten, die aufgrund von Medikamenten oder Erkrankungen eine verminderte Schmerzempfindlichkeit haben, schwerwiegende medizinische Probleme übersehen werden.
Um geeignete Maßnahmen zur Schmerzkontrolle und -behandlung zu ergreifen, ist es wichtig, die Hypoalgesie sorgfältig zu beurteilen und die zugrunde liegende Ursache zu ermitteln. Bei der Diagnose und Behandlung von Hypoalgesie kann ein interdisziplinärer Ansatz hilfreich sein, bei dem Ärzte, Schmerzspezialisten, Neurologen und Psychologen zusammenarbeiten.
Insgesamt handelt es sich bei der Hypoalgesie um ein komplexes medizinisches Phänomen, das eine sorgfältige Untersuchung und Behandlung erfordert, um sicherzustellen, dass die Schmerzen angemessen behandelt werden und keine ernsthaften gesundheitlichen Probleme übersehen werden.
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