Noch immer zählen die sogenannten KHK-Erkrankungen in Deutschland mit über 35 % zu den häufigsten Haupttodesursachen. Sie sind darauf zurückzuführen, dass die Herzkranzgefäße den Herzmuskel – das Myokard – nicht ausreichend mit Blut und somit mit Sauerstoff versorgten. So trat bei 13,6 Prozent der Fälle der Tod als Folge eines akuten Herzinfarkts auf. Bei diesem verstopft ein Blutgerinnsel ein Herzkrankgefäß, was innerhalb kurzer Zeit zum Untergang von Teilen des Myokards führt.
Ob der Herzmuskel wirklich in Gefahr ist, kann eine Standarduntersuchung, die sogenannte Myokard-Szintigrafie in einer halben Stunde klären. Doch diese Untersuchung wird in Deutschland noch immer viel zu selten durchgeführt, wie der Berufsverband Deutscher Nuklearmediziner e.V. (BDN) feststellt. Was Patienten wissen müssen und welche Fortschritte es bei dieser bildgebenden Herzdiagnostik gibt, erläutern Experten auf dem jährlich stattfindenden Kongress der Nuklearmediziner. „Ein Stent ist nur erforderlich, wenn der Herzmuskel infolge der Engstelle zu wenig Blut erhält. Dann kommt es bei Belastungen zu einer Ischämie, einer bedrohlichen Unterversorgung mit Sauerstoff“, erklärt Professor Dr. med. Sigmund Silber, niedergelassener Kardiologe aus München.
Die Ischämie-Prüfung – ein Stresstest für das Herz – erfolgte in der Vergangenheit durch ein Belastungs-Elektrokardiogramm (EKG). Doch die Ausschläge der Herzstromkurve im EKG gelten heute als unzuverlässig, die Methode wird, wenn bildgebende Verfahren zur Verfügung stehen, nicht mehr empfohlen. Auch die Stress-Echokardiografie, bei der Ärztinnen und Ärzte die Auswirkungen einer körperlichen Belastung auf die Herzaktion im Ultraschall beurteilen, ist in den Hintergrund getreten… und die Magnetresonanztomografie (MRT) des Herzens wird von den gesetzlichen Krankenkassen, im Gegensatz zur Myokard-Szintigrafie, nicht bezahlt.
Die Myokard-Szintigraphie ist das weltweit am häufigsten eingesetzte bildgebende Verfahren, um die Durchblutungssituation am Herzen zu untersuchen. „Dazu wird eine leicht radioaktive Substanz genutzt, die für die Bestimmung der Herzdurchblutung sowohl unter körperlicher oder medikamentöser Belastung als auch in Ruhebedingungen in eine Vene injiziert wird“, erklärt Professor Dr. med. Detlef Moka. Dieser sogenannte radioaktive Tracer reichert sich im Herzen proportional zu den Durchblutungsverhältnissen an und kann mit speziellen Herzkameras sichtbar gemacht werden. Die Strahlenexposition einer Myokard-Szintigrafie entspricht einer CT-Untersuchung des Oberkörpers. „Die radioaktive Substanz scheidet der Körper nach wenigen Stunden mit dem Urin und Stuhl wieder aus“, so Moka.
Leider werden weder die Myokard-Szintigrafie oder andere Ischämie-Tests in Deutschland nach den Vorgaben von Fachgesellschaften durchgeführt. Laut dem Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) waren im Jahr 2017 Ischämie- Tests nur bei etwa 55 Prozent der gesetzlich Krankenversicherten mit stabiler KHK dokumentiert, bei denen ein Herzkatheter durchgeführt wurde. „Das heißt, dass bei etwa 45 Prozent der Patienten die geltenden Leitlinien nicht beachtet wurden“, stellt Professor Silber fest. „Das mag ein Grund für die hohe Zahl von unnötigen Herzkatheteruntersuchungen sein. In keinem Land in Europa werden unter Berücksichtigung der Einwohnerzahl so viele Stents implantiert wie in Deutschland“, gibt Silber zu bedenken.