Eine Polycythaemia vera1 betrifft jährlich “nur” bis zu 1.500 Menschen und zählt zu den ihäufigsten der myeloproliferativen Erkrankungen.
Die genannten Symptome kennen viele und in den allermeisten Fällen findet sich ihre Ursache in viel harmloseren Gründen. Doch sollte man sie, bei häufigem und vor allem längeren gemeisamen Auftreten abklären lassen, denn sie können auch auf eine sehr seltene Art eines chronischen Blutkrebs hinweisen. Vor allem unbehandelt kann es dann zu ernsten Komplikationen führen. Da die Krankheit in den allermeisten Fällen Menschen über dem 60. Lebensjahr trifft, werden die auftretenden Symptome häufig als “Alterserscheinung” abgetan.
Doch die Polycythaemia vera (PV) kann zu Herzinfarkt, Schlaganfall, Thrombosen oder einer Lungenembolie führen.
Bei der Polycythaemia vera (PV) handelt es sich um eine seltene Knochenmarkserkrankung, bei welcher die Bildung neuer Blutzellen durch die Blutstammzellen im Knochenmark gestört ist. Dabei werden vorwiegend die roten Blutkörperchen in sehr großen Mengen produziert, wodurch das Blut immer mehr feste Bestandteile enthält, d.h. es wird dicker und zähflüssiger.
Tückischer Weise entwickelt sich eine PV schleichend und vielfach unbemerkt und bis zur richtigen Diagnose kann es durchaus bis zu 20! Jahren dauern. Unbehandelt aber kann sie zu Blutgerinnseln führen und einen Herzinfarkt, Schlaganfall, Thrombosen oder eine Lungenembolie zur Folge haben.
Zu den typischen Symptomen gehören starke Müdigkeit (Fatigue), Juckreiz, Nachtschweiß, Knochenschmerzen, Gewichtsverlust und eventuell eine Vergrößerung der Milz. Da die Symptome eher unspezifisch sind, also auch bei anderen Krankheiten und zudem meist im höheren Lebensalter auftreten, nehmen Betroffene sie oft nicht als solche wahr. Sie führen sie auf die Wechseljahre oder auf das Alter zurück. Wer sich aber immer wieder sehr abgeschlagen fühlt, sollte seinen Hausarzt konsultieren und ihn detailliert auf die auftretenden Symptome hinweisen.
Die richtige Diagnose wird in aller Regel dann erst ein Hämatologen anhand verschiedener Kriterien stellen. Eine besondere Rolle spielt dabei der Hämatokritwert (Anteil der festen Bestandteile im Blutvolumen). Beträgt er über 45 Prozent, ist die Gefahr der Bildung von Blutgerinnseln erhöht. Das Risiko auf Herzinfarkt und Schlaganfall steigt.
Chronischer Blutkrebs ist nicht heilbar, kann aber gut behandelt werden. Um den Hämatokritwert zu senken, ist meist der Aderlass das Mittel der Wahl. Dabei entnimmt der Arzt dem Patienten bis zu 500 ml Blut. Die medikamentöse Behandlung sieht den Einsatz von zum Beispiel Blutgerinnungshemmern vor, später auch Zytostatika oder immunmodulierenden Medikamenten. Neuesten Erkenntnissen zufolge sind zielgerichtete Therapien wie sogenannte JAK-Inhibitoren für die Behandlung der PV besonders geeignet.
Wer an Polycythaemia vera erkrankt ist, sollte sich genau informieren, seine möglichen Symptome beobachten sowie dokumentieren und seine Arzttermine termingemäß wahrnehmen. Nur so kann die Behandlung überprüft und gegebenenfalls optimiert werden.
Bei etwa jedem vierten Betroffenen entwickelt sich aus der PV eine sekundäre Myelofibrose (MF). Werden im Knochenmark krankhaft viele Blutzellen produziert, werden auch vermehrt Wachstumsfaktoren ausgeschüttet. Diese stimulieren Zellen, die Bindegewebe produzieren.
Durch die zunehmende Verfaserung verödet das Knochenmark und es können dort immer weniger funktionsfähige Blutzellen gebildet werden. Der Körper gleicht diesen Mangel aus: Die Blutbildung erfolgt nicht mehr im Knochenmark, sondern in der sich dadurch vergrößernden Milz oder der Leber.
In rund zehn Prozent der Fälle geht die PV in ein myelodysplastisches Syndrom (MDS) oder eine akute myeloische Leukämie (AML) über. Betroffene sollten den Verlauf ihrer Erkrankung regelmäßig vom Arzt kontrollieren lassen, damit die genannten Komplikationen rechtzeitig erkannt und behandelt werden können.
Hilfe bieten u.a. für Betroffene und deren Angehörige die Patientenorganisation mpn-netzwerk e. V. und die Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen
Poly = viele, cyt = Zelle, haemia = Blut, vera = wahr ↩
Blutbild
Blutwerte
Schlaflosigkeit
Müdigkeit
Juckreiz