Das Ovarialkarzinom ist mit rund 8.000 betroffenen Frauen jährlich die sechsthäufigste Krebserkrankung der Frau, die durch eine gynäkologische Untersuchung in Verbindung mit bildgebenden Verfahren diagnostiziert werden kann. Allerdings können etwa zwei Drittel der Fälle erst in den fortgeschrittenen Stadien III und IV diagnostiziert werden, da keine charakteristischen Frühsymptome auftreten und bisher kein Screening für Eierstockkrebs etabliert ist. Eine Prognose des Ovarialkarzinoms ist in erster Linie abhängig vom Stadium der Erkrankung zum Zeitpunkt der Erstdiagnose. Wird das Ovarialkarzinom in einem lokal begrenzten Stadium (Stadium I) erkannt, liegt die Fünfjahres-Überlebensrate bei 80-90%. Im Stadium II beträgt die Fünfjahres-Überlebensrate 50-60%, im Stadium III und IV sind die Ergebnisse noch schlechter. Mehr als die Hälfte der Patientinnen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom können nicht geheilt werden. Das Ovarialkarzinom ist somit neben dem Brustkrebs die führende Todesursache unter den gynäkologischen Tumoren.
Die Primärtherapie des Ovarialkarzinoms besteht aus einer möglichst vollständigen Entfernung des Tumorgewebes. Je weniger Resttumor verbleibt, desto besser ist die weitere Prognose. Anschließend an die Operation wird ab Stadium II eine Chemotherapie durchgeführt. In Expertengremien wird diskutiert, ob generell in allen Stadien eine Chemotherapie sinnvoll ist, um eine potentielle Metastasenbildung zu verhindern. Konnte der Tumor vollständig entfernt werden, so spricht man von einer adjuvanten Chemotherapie , deren Ziel die Heilung ist. Bei verbleibenden Tumorresten soll die Chemotherapie die Tumormasse verkleinern und die Überlebenszeit verlängern. Kann keine Heilung erzielt werden, so bezeichnet man dies als palliative Chemotherapie.
Die Einführung der Platinderivate in das chemotherapeutische Arsenal gegen Eierstockkrebs reduzierte die Morbidität und die Mortalität von Patientinnen mit fortgeschrittener Erkrankung deutlich. Seit Ende der achtziger Jahre werden daher die Platinderivate als Standard-Chemotherapeutika in dieser Situation betrachtet. Bis vor wenigen Jahren stellte die Kombinations-Chemotherapie aus einem Platinderivat mit einer alkylierenden Substanz die beste therapeutische Option dar. Heute wird die Kombination einer Platinverbindung mit Paclitaxel als Standard für die First- line-Therapie des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms angesehen. In klinischen Studien wurde überprüft, ob durch die Addition eines Anthrazyklins zu dieser Zweierkombination oder die sequentielle Gabe einer 3. Substanz nach Paclitaxel/Platin die Ansprechrate erhöht und die Überlebenszeit verlängert werden kann.
Für Patientinnen mit Progression während der First-line-Therapie oder einem Rezidiv innerhalb des ersten halben Jahres nach Abschluss der Primärbehandlung (Platin-refraktäre Patientinnen) stehen wenige therapeutische Optionen zur Verfügung. Eine Operation ist nicht sinnvoll und eine Kombinations-Chemotherapie erbringt keinen Vorteil. Die Mono-Chemotherapie mit konventionellen Anthrazyklinen, Gemcitabine, Vinorelbine oder Topotecan besitzt mit Ansprechraten von etwa 20% nur begrenzte Aktivität.
Zwei Drittel bis drei Viertel der Patientinnen erleiden ein Rezidiv nach ursprünglich erfolgreicher Therapie ( Platin-sensible Patientinnen ). Diese Patientinnen können erneut operiert werden und im Anschluss eine Second-line-Chemotherapie erhalten, für die allerdings nur wenige Daten vor liegen.
Vintafolid ist das erste Arzneimittel zur zielgerichteten Therapie bei Patientinnen mit Platin-resistentem Ovarialkarzinom und dringt über Endozytose in die Zielzelle ein. Klinische Daten zu Vintafolid wurden in der PRECEDENT Studie erhoben, einer 2:1 randomisierten, kontrollierten, multizentrischen, internationalen, Open-Label Phase 2 Studie, welche als primären Endpunkt das progressionsfreie Überleben definiert. Die auf dem Deutschen Krebskongress 2014 vorgestellte Auswertung zeigt eine Risikoreduktion für Patientinnen mit Vintafolid + PLD um 37 % im Vergleich zur PLD-Monotherapie.
Die Wirksamkeit und Verträglichhkeit von Vintafolid wird derzeit auch in der internationalen PROCEED-Phase III-Studie untersucht, in welcher 640 Patientinnen weltweit eingeschlossen werden.