Chirurgen müssen äußerst genau arbeiten. Es geht oft um Millimeter, etwa, wenn ein deformiertes Gesicht nur durch präzise vorausberechnete Knochenverlagerungen korrigiert werden kann. Eine exakte präoperative Planung ist unbedingte Voraussetzung für ein optimales Ergebnis und eine genaue Darstellung der Operationsplanung in dreidimensionaler Visualisierung direkt auf dem Patienten sehr hilfreich.
Eine als Augmented Reality (AR) bezeichnete neue Technologie wird in schon in naher Zukunft, da leicht in die normale Operationsumgebung integrierbar, die operative Medizin nachhaltig verändern. Ein interdisziplinäres Forscherteam der Fraunhofer Gesellschaft, der Technischen Universität München, der Universität Basel und des Forschungszentrums caesar in Bonn hat ein mobiles Navigationssystem entwickelt, das im Operationssaal während eines chirurgischen Eingriffs exakt den zuvor geplanten Operations- und Planungsweg in einer dreidimensionalen virtuellen Darstellung über ein halbtransparentes Display auf den Patienten projiziert und dabei vom Chirurgen interaktiv kontrolliert und gesteuert werden kann. Das Navigationssystem ARSyS-Tricorder (Augmented-Reality-System mit dreidimensionaler Steuerung) bietet dem Chirurgen eine präzise räumliche Orientierung in anatomischen Strukturen , die sonst während des operativen Eingriffs kaum sichtbar werden. So kann er sich sicher zum Operationsziel navigieren , ohne empfindliche Strukturen, wie Nervenbahnen oder Blutgefäße zu verletzen. Gerade bei rekonstruktiven Eingriffen sind diese Strukturen gefährdet.
. Zudem erlaubt sie ihm, seine präoperative Planung im Operationssaal exakt umzusetzen. Zunächst wird der ARSyS-Tricorder in der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie bei Operationen am Kopf eingesetzt , bei denen ein hohes Maß an räumlicher Orientierung erforderlich ist. Ein Beispiel für die Anwendung ist die Entfernung von tief verborgen liegenden Tumoren des Gesichtsschädels. So kann mit Hilfe des Navigationssystems ein Tumor, der normalerweise über große, äußerlich sichtbare Schnitte operiert wird, über einen schonenden Zugang durch die Mundhöhle operiert werden.
Das mobile Navigationssystem ARSyS-Tricorder ist so konzipiert, dass es sich ohne Probleme in den OP-Bereich integrieren lässt, den klinischen Sicherheitsstandards genügt und von einem normalen PC-System aus betrieben werden kann. Für die Interaktion mit dem AR-System wird zur Wahl zwischen den verschiedenen medizinischen Daten ein Touchpanel eingesetzt, das vom OP-Personal einfach bedient werden kann. Der Chirurg selbst interagiert über eine Cubic Mouse (3D-Eingabegerät) mit dem System.
Nach den abgeschlossenen Tests wird das Navigationssystem klinisch zuerst von den am Forschungsprojekt beteiligten Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen Prof. Dr. Dr. Hans-Florian Zeilhofer und Privatdozent Dr. Dr. Robert Sader in der kraniofazialen Chirurgie erprobt. Außerdem soll es baldmöglichst in der Viszeralchirurgie, bei Prof. Dr. Hubertus Feussner, sowie in weiteren Fächern der operativen Medizin zum Einsatz kommen.
Als mobile Technologie ist der ARSyS-Tricorder nicht nur kostengünstig, sondern auch überall einsetzbar. Er lässt sich zudem zu medizinischen Trainings- und Ausbildungszwecken nutzen, da er schnell in Schulungsräumen oder Operationssälen installiert werden kann.