Rund 13.000 Menschen erkranken in Deutschland jährlich an Nierenzellkrebs, weitere 1.200 bis 1.600 an GIST. Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) gehören zu einer seltenen Untergruppe von malignen Tumoren, den Sarkomen, die durch die Entartung von Bindegewebszellen entstehen. GIST haben ihren Ursprung in den so genannten Stromazellen, deren Aufgabe normalerweise die Motilität, also der Transport der Nahrung im Magen-Darm-Trakt, ist.
Im Frühstadium verursachen GIST häufig keine Symptome. Daher werden GIST oft erst in fortgeschrittenem Zustand diagnostiziert: Mehr als ein Drittel der Patienten hat zum Zeitpunkt der ersten Diagnose bereits einen großen Tumor oder Metastasen. Die Symptome sind meist unspezifisch und können aus Raumforderungen im Bauchraum, abdominellen Schmerzen, Erbrechen, Blut im Stuhl oder im Erbrochenen, Abgeschlagenheit, Fieber und Blutarmut (Anämie) bestehen. Zur endgültigen Diagnose von GIST ist der Nachweis von mutierten KIT-Rezeptoren in einer Gewebeprobe ein entscheidendes Kriterium.
Glivec war das erste Medikament, mit dem durch die Blockade eines molekularen Mechanismus GIST erfolgreich behandelt werden konnte. In Phase-II-Studien hatten mehr als 81 % der Patienten einen Vorteil durch die Therapie: 40,1 % hatten ein partielles Ansprechen, 41,5 % einen Stillstand des Tumorwachstums. Obwohl Glivec bei Patienten mit GIST eine hohe Wirksamkeit aufweist, ist GIST bei der Mehrzahl der Patienten durch Resistenzentwicklung nach einer gewissen Zeit wieder progredient.
Die neue Therapieoption Sunitab greift als Multikinase-Hemmer gezielt in verschiedene Signalwege ein und hemmt verschiedene für das Tumorwachstum wichtige Tyrosinkinasen und damit die folgenden Rezeptoren und ist “…für die betroffenen Patienten … ein wichtiger Fortschritt, denn diese beiden seltenen Krebsarten waren bislang im fortgeschrittenen Stadium nur schwer behandelbar”, erklärt Walter Köbele, Vorsitzender der Geschäftsführung von Pfizer Deutschland. Die überzeugende Wirksamkeit, die Sunitinib im Rahmen des klinischen Prüfprogramms bei fortgeschrittenem Nierenzellkrebs und GIST zeigte, veranlasste die europäische Zulassungsbehörde EMEA erstmalig, ein Medikament für zwei Indikationen gleichzeitig unter besonderen Bedingungen zuzulassen.
Entscheidenden Anteil an der Entwicklung des neuen Therapieansatzes hatte die Arbeitsgruppe um Professor Axel Ullrich vom Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried bei München. Sie erforschte in den 1990er Jahren das ausgeklügelte Nachrichtensystem menschlicher Zellen, in dem unterschiedliche Botenstoffe aus der Gruppe der Rezeptor-Tyrosinkinasen, Einweißstoffe die als Schalter wirken, eine wichtige Rolle als Signalgeber spielen. Veränderungen in diesem System können dazu führen, dass aus gesunden Körperzellen unberechenbare Krebszellen werden. „Eine voll ausgewachsene Krebszelle hat viele abnormale Signalwege aktiviert und muss daher nicht nur an einer Stelle, sondern gleichzeitig an mehreren Stellen angegriffen werden”, erläuterte Ullrich seinen Forschungsansatz. Daher die Entwicklung von Multi-targeting-Medikamenten wie Sunitinib, die an vielen (multi) Zielen (targets) gleichzeitig angreifen.