Die einen tragen Nadelstreifen, andere kümmern sich um den Haushalt ihrer Familie, und wieder andere möchten unbedingt mal mit ihren Enkeln verreisen. So individuell die Ursachen der Panik an Bord sind, so unterschiedlich sind die Menschen, die unter Flugangst leiden. Hilfsmöglichkeiten gibt es viele, doch eine effektive und nachhaltige Therapie umfasst mehr, als Entspannungstrainings oder die Vermittlung von Kenntnissen zur Luftfahrttechnik
„Ein gebrochener Knochen kann nicht geheilt werden, in dem der Arzt seinem Patienten die Funktion des Röntgengerätes erklärt“, so Marc-Roman Trautmann, Diplom-Psychologe und Leiter des Deutschen Flugangst-Zentrums Rhein-Main. Er betreut seit rund drei Jahren Menschen mit Flugangst. So unterschiedlich die Betroffenen sind, die sich zu einem Seminar entscheiden, so verschieden und tief sitzend sind die eigentlichen Ursachen, die dem Symptom Flugangst zugrunde liegen. „Es gibt nur eine Gemeinsamkeit:“, so Trautmann, „Niemand wünscht, in einem Crashkurs die Lizenz zum Berufspiloten zu erwerben. Wege aus der Flugangst führen fast immer am Cockpit vorbei.“
Die effektive und nachhaltige Therapie einer bestehenden Flugangst kann und darf sich, laut Trautmann, nicht auf die Erklärung technischer Zusammenhänge in der Fliegerei beschränken. „Leider bilden diese Informationen, zusammen mit Entspannungstechniken, immer noch den Schwerpunkt vieler Flugangstseminare.“ Das habe nichts mit Psychologie zu tun und biete Betroffenen leider nur wenig Perspektiven und Chancen auf Erfolg.
Detektivarbeit steht im Vordergrund der Konzepte des Deutschen Flugangst-Zentrums. Dabei wird in einem Gespräch zunächst die persönliche Angstgeschichte des Einzelnen rekonstruiert. Ein so genanntes Flugangstprofil – erstellt aus einem Fragebogen – gibt dann zusätzliche Hinweise auf die Hintergründe und die Ausprägung der Flugangst. Persönliche Angstgeschichte und Flugangstprofil bilden dann die Basis für den Weg zu einem künftig entspannten Aufenthalt an Bord. Was folgt ist psychologisches Fingerspitzengefühl und viel Zeit, auf den Einzelnen einzugehen. Das praktische Training in Form eines Werftbesuches oder eines begleiteten Abschlussfluges rundet die Kurse ab.
Das Konzept des Deutschen Flugangst-Zentrums zeigt Erfolg: Mehr als 90 Prozent der Flugangstpatienten können wieder entspannt und angstfrei abheben. Alle übrigen haben gelernt, bewusster und objektiver mit ihrer Restangst umzugehen – ebenfalls die Basis für einen panikfreien Flug.
Je früher Betroffene sich entscheiden, aktiv etwas gegen ihre Flugangst zu tun, desto größer sind die Erfolgschancen, die Entstehung von Angst zu verhindern, entstehende Angst bereits im Keim zu ersticken oder entstandene Angst aus eigener Kraft zu bewältigen.