Etwa 20 bis 30 % der Bevölkerung leiden an Schlafstörungen und 10 bis 20 % an Tagesmüdigkeit. Das bedeutet: Etwa 8 bis 12 Millionen Menschen in Deutschland sind nicht ausgeruht und fühlen sich tags- über müde, “kaputt” und unausgeruht.
Schlafentzug, unregelmäßige Schlafzeiten, Schlaf-Fragmentation und auch Sauerstoffmangel werden ursächlich für Tagesmüdigkeit angesehen. Normalerweise unterliegt die Leistungsfähigkeit des Menschen tageszeitlichen Schwankungen.
Unsere moderne Leistungsgesellschaft fordert Flexibilität und Fitness. Produktions- und Service-Prozesse müssen zur Auslastung teurer Maschinen rund um die Uhr funktionieren, um die Nachfrage des täglichen Bedarfs ständig und überall verfügbar zu machen. Maschinen funktionieren non-stop , aber der Mensch hat seine biologischen Grenzen. Er wird müde. Wird das normale Schlaf- und Ruhebedürfnis missachtet, hat das oft fatale Folgen.
Reduzierte Leistungsfähigkeit und Tagesschläfrigkeit bergen sozialmedizinische Probleme. Fast jeder kennt die Situation, aber die Gefahren werden leider unterschätzt. Wenn bei langen oder nächtlichen Autofahrten die Augenlider zufallen, Augenbrennen, Frösteln und Gähnanfälle auftreten und die letzten Kilometer kaum noch erinnert werden, steigt die Gefahr eines schweren und vielleicht tödlichen Unfalls.
Müdigkeit wirkt wie Alkohol, sie führt zu Wahrnehmungsveränderungen und Selbstüberschätzung. Neben einer gewissen Basis-Müdigkeit gibt es für den Sekundenschlaf noch weitere Auslöser. Hierzu gehören: gerade, monotone Fahrsituation, Dunkelheit, geringe Verkehrsdichte. Neben langen Fahrzeiten ist auch ein schlafender Beifahrer ein Risikofaktor.
Sekundenschlaf tritt aber nicht nur bei kurzfristigem Schlafmangel auf, sondern eine wachsende Anzahl von Menschen leidet - oft ohne es selbst zu wissen - an chronischen Schlafstörungen, wie etwa den schlafbezogenen Atmungsstörungen. Bekannt ist die Schlaf-Apnoe. Der nicht-erholsame Schlaf der Betroffenen kann neben Leistungsknick und Tagesmüdigkeit zu schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. Starke Müdigkeit fördert die Unfallhäufigkeit, verändert den Gesundheitsstatus, die Lebensqualität und erhöht möglicherweise die Mortalität. Man weiß, dass Menschen mit einer schlafbezogenen Atmungsstörung an einer vermehrten Tagesmüdigkeit leiden und diese ursächlich für eine erhöhte Unfallhäufigkeit zu sein scheint.
Bereits beim starken Schnarchen ohne Nachweis von Atmungspausen ist das Risiko mindestens einen Unfall in fünf Jahren zu verursachen um das 3,5-fache erhöht.
Untersuchungen zur Reaktionsfähigkeit bei schläfrigen Menschen zeigen, dass Patienten mit einer schlafbezogenen Atmungsstörung eine verlängerte Reaktionszeit haben. Es sind in mehreren Studien eine zwei- bis siebenfach erhöhte Unfallhäufigkeit nachgewiesen worden.
Mit Betriebs- und Autounfällen durch Sekundenschlaf muss gerechnet werden: 25 % bis 60 % sind auf organische Schlaf-Wach-Störungen zurück zu führen. Im Jahr 1988 wurden in den USA die Kosten für müdigkeitsbedingte Verkehrs- und Arbeitsunfälle mit 43 bis 54 Milliarden Dollar geschätzt. Jährlich entstehen in Deutschland zehn Milliarden EURO Folgekosten durch Arbeits- und Verkehrsunfälle infolge von Übermüdung. Nach einer Untersuchung aus den USA und Teilen Deutschlands liegen Zahlen vor, dass 30 % aller Unfälle auf Fernstraßen durch Einschlafen am Steuer verursacht werden. Im Jahr 1991 war nach einer Untersuchung des HUK-Verbandes das Einschlafen am Steuer für fast ein Viertel aller tödlichen Unfälle (24 %) auf bayrischen Autobahnen verantwortlich. Die Untersuchung betraf 204 Unfälle mit 242 Toten. Auslösende Kriterien waren reduzierte Vigilanz (Aufmerksamkeit) mit 38 %, Fehleinschätzung mit 45 %, unvorhersehbares Verhalten bei 11 % und technische Mängel bei 5 %. Auch andere Erkrankungen und Umstände, die mit Tagesschläfrigkeit einher-gehen, führen zu einem erhöhten Unfallrisiko. Eine Schwierigkeit in der Einschätzung der wirklichen Unfallrate durch Müdigkeit liegt darin, dass es bei einschlafbedingten Unfällen häufig zu Todesfällen kommt und retrospektiv oft die Ursachen nicht sicher geklärt werden konnten.
Auch bei der Narkolepsie, eine Schlaferkrankung, die mit ausgeprägter Tagesschläfrigkeit und Einschlafattacken einhergeht, haben 25 % der Betroffenen mit Führerschein einen oder mehrere müdigkeitsbedingte Unfälle verursacht. Besonders zu erwähnen ist noch die Gruppe der Berufskraftfahrer, die eine erhöhte Prävalenz der Schlaf-Apnoe haben und eine erhöhte Unfallrate vorweisen.
Deshalb gibt es als einen Schritt der Prävention in Skandinavien und in einigen US-Bundesstaaten beim Abkommen von der Spur Warnsignale auf der Fahrbahn.
Aber auch Müdigkeit am Arbeitsplatz kann zu Situationen von Selbst- und Fremdgefährdung führen. Man denke an Tschernobyl. Hier war Übermüdung die Ursache für diese Kernkraftwerkkatastrophe und auch die Havarie des Öltankers Exxon Valdez war durch Müdigkeit als Hauptfaktor bedingt.
Aus Angst vor Sanktionen verschweigen etwa zwei Drittel der Patienten beim ersten Arztkontakt die Angaben über verursachte Unfälle. Aber auch Ärzte denken nicht immer an eine schlafbezogene Atmungsstörung als Ursache. Bei adäquater Therapie der zugrunde liegenden Schlafstörungen ist das Führen eines Fahrzeuges erlaubt, ebenso gilt dieses für berufliche Tätigkeiten mit Personenbeförderung, Umgang mit Gefahrgut, Arbeitsplätze mit hoher Unfallträchtigkeit.
Zunächst einmal müssen bei einer anhaltenden Tagesmüdigkeitssymptomatik Schlafstörungen und insbesondere schlafbezogene Atmungsstörungen ausgeschlossen werden, aber auch andere Erkrankungen, wie z. B. Herz- Kreislauf- oder neurologsiche Erkrankungen, Depressionen, eine Schilddrüsenunterfunktion, eine Blutarmut sollten dringend abgeklärt werden.
Infos unter: www.haranni-academie.de | www.haranni-clinic.de