Deutsches Institut für Arzneimittel erläßt umstrittenen Bescheid – Wissenschaftler protestieren.
Bonn/Frankfurt (pte, 27. Aug 2002 11:52) - Die Südsee-Droge Kava, die als natürliches Sedativum in Europa und den USA sehr beliebt ist, steht nach wie vor auf der Abschußliste der Arzneimittel-Industrie. Aber auch nach jüngsten Erkenntnissen wie in der Neuauflage des Kompendiums “Teedrogen und Phytopharmaka”, herausgegeben von Max Wichtl in der Wissenschaftlichen Verlagsgesellschaft Stuttgart berichtet, ist Kava ungefährlich. Der größte Teil der Meldungen über Leberschädigungen steht nicht im Zusammenhang mit dem Produkt selbst.
Das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte BfArM hat mit Bescheid vom 14.6. die Zulassung für alle kavainhaltigen Präparate verboten. Dafür erntete das Institut heftige Kritik von mehreren Seiten unter anderem vom deutschen Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) und dem Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Diese erklärten in einem pressetext.austria vorliegenden Schreiben die Maßnahme des Verbots für nicht sachgerecht. Aus ihrer Sicht sei die Unterstellung der betreffenden Produkte unter die Verschreibungspflicht ab Juli ausreichend, um die Arzneimittelsicherheit zu gewährleisten. Das bedeutet aber auch, dass die kavainhaltigen Produkte nicht von Drogerien vertrieben und verkauft werden dürfen, sondern ausschließlich von Apotheken. Des weiteren schreiben BAH und BPI, dass die Wirksamkeit der Produkte durch klinische Studien und pharmakologische Untersuchungen belegt sei. Der angeordnete sofortige Vertriebsstopp und der Rückruf aus dem Handel seien daher sachlich nicht gerechtfertigt.
Heftigere Vorwürfe gegen die Entscheidung des BfArM kommen von Forschern und Wissenschaftlern der Kommission E beim Bundesinstitut für Arzneimittel, die selbst Mitglieder beim BfArM sind. “Die unterzeichneten Experten auf dem Gebiet der pflanzlichen Arzneimittel nehmen Stellung zum Widerruf der Zulassung für kavainhaltige Arzneimittel, und äußern Befremden über das Vorgehen des BfArM im Rahmen des Stufenplanverfahrens und des Widerrufs der Zulassung von kavainhaltigen Arzneimitteln und fühlen sich in ihrer wissenschaftlichen Kompetenz übergangen und in ihrer Funktion in Frage gestellt”, so die Antwort der Kommission E.
Weiter heißt es in der Aussendung: “Die Mitglieder der Kommission sind von den vorgelegten wissenschaftlichen Daten zur Wirksamkeit von Kava überzeugt und beurteilen das Nutzen/Risiko-Verhältnis und den therapeutischen Nutzen für den Patienten im Gegensatz zum BfArM positiv. Weiters ist die Kommission im Gegensatz zur Meinung des BfArM der Auffassung, dass keine Gefahr im Verzug vorlag, die eine derartige Maßnahme rechtfertigte.” Die Kommission schließt das Schreiben mit einer ihrer Ansicht nach ausreichenden Vorgehensweise, die eine ärztliche Verschreibungspflicht, eine klare Indikationsstellung, eine klare Festsetzung der Tagesdosis, eine Therapiedauer und eine Auflistung von Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln vorsieht.
Eine Studie der westfälischen Universität von Münster unter dem Titel “Analyse der Nebenwirkungsfälle zu Kava” von Mathias Schmidt und Adolf Nahrstedt haben sich in einer Studie mit den Nebenwirkungen von Kava und den betroffenen Patienten beschäftigt “Aus den weltweit verfügbaren Unterlagen ergibt sich eine Datenbasis von 36 Nebenwirkungsmeldungen, einschließlich der bei der Schweizer Oberbehörde IKS, der WHO, der FDA und der in der medizinischen Literatur beschriebenen Fälle. Die Zahl von 36 Meldungen ist allerdings nicht gleichbedeutend mit 36 in ihrer Kausalität gesicherten Fällen. Sie enthalten Mehrfachmeldungen und zweifelhafte Zuordnungen. Trägt man alle verfügbaren Daten für die einzelnen Fälle zusammen, kommt man zwangsläufig zu einer anderen Bewertung der Datenlage”, so der Bericht der Universität.
Unklar bleibt aber weiterhin, warum sich Großbritannien, die Schweiz, Japan und Singapur auf die offensichtlich mangelhaft ermittelten 36 Fälle stützen und Kava aus ihren Regalen verbannen wollen. Das Hick-Hack um das wertvolle Naturheilmittel ist offensichtlich noch nicht beendet.