Männer, die bei körperlicher Belastung ein Engegefühl im Herzbereich entwickeln - medizinisch als Angina pectoris bezeichnet - brauchen meist nicht auf Geschlechtsverkehr zu verzichten. Wenn Ihre Herzerkrankung ausreichend behandelt und stabilisiert ist und Arzneimittelwechselwirkungen beachtet werden, können sie in der Regel gegen Erektionsstörungen Sildenafil einnehmen. Denn das Medikament verringert die körperliche Belastbarkeit dieser Patientengruppe nicht. Dieses Ergebnis erbrachte eine Studie, die jetzt bei der Jahrestagung der Amerikanischen Herz-Gesellschaft in Anaheim vorgestellt wurde.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen, so auch Angina pectoris, gehen bei Männern häufig mit Erektionsstörungen einher: Sildenafil wurde als wirksames Mittel gegen dieses Problem bekannt. Befürchtungen, das Medikament könnte aber Angina pectoris-Patienten gefährden, wenn sie sich nach der Einnahme körperlich anstrengen, konnten nun widerlegt werden. Der Wirkstoff hat keinen negativen Einfluss auf die körperliche Belastbarkeit bei Männern mit schwerer Verengung der Herzkranzarterien und Erektionsstörungen. So das Fazit von Dr. Kim M. Fox vom Royal Brompton and Harefield Hospital in Großbritannien, Leiter der in Anaheim vorgestellten Untersuchung bei 108 Patienten mit stabiler Angina pectoris.
Die Wissenschaftler untersuchten die Studienteilnehmer hinsichtlich ihrer körperlichen Belastungsgrenze. Dazu wurden diese einem maximalen Belastungstest auf einem Laufband unterzogen. Rund die Hälfte der Patienten erhielt vor dem Test die Höchstdosis von 100 mg Sildenafil, dem Rest wurde Placebo, ein wirkstofffreies Scheinpräparat, verabreicht. Dokumentiert wurde der Zeitraum vom Start des Belastungstestes bis zum Auftreten von Brustschmerzen, die zum Abbruch der Anstrengung zwangen. Unter dem Einfluss des Arzneimittels waren die Studienteilnehmer sogar etwas länger belastbar, als die Patienten ohne Medikation. Dieser Zugewinn an körperlicher Belastungsfähigkeit lässt sich durch die leicht gefäßerweiternde Wirkung des Wirkstoffes auf die Herzkranzarterien und die damit verbundene verbesserte Sauerstoffversorgung des Herzens erklären.
Die Testbelastung lag im Vergleich zum Geschlechtsverkehr etwa doppelt so hoch. Da unter Studienbedingungen weder Herzrhythmusstörungen noch Herzinfarkte beobachtet wurden, bilanzierte Prof. Dr. med. Michael Böhm, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik, Innere Medizin III, der Universitätskliniken des Saarlandes in Homburg /Saar: „Damit sind die Ergebnisse dieser Studie für die Beratung stabiler Angina-Patienten mit Erektionsstörungen sehr hilfreich, da sie zeigen, dass diese Patientengruppe in aller Regel Sildenafil anwenden kann.” Dies müsse den Patienten im Gespräch vermittelt werden, denn gerade herzkranke Männer, aber auch deren Frauen, überschätzten häufig die Belastung für das Herz durch den Sexualverkehr.
Sildenafil ist ein verschreibungspflichtiges Medikament und darf nur entsprechend der Therapieempfehlungen eingenommen werden. Männer, denen von sexueller Aktivität abzuraten ist, zum Beispiel Patienten mit schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen, dürfen Sildenafil nicht einnehmen; ebenso Patienten, die Medikamente aus der Gruppe der Nitrate oder NO-Donatoren einnehmen.