Arthrose ist die Zerstörung von Gelenkstrukturen. Man spricht auch von Arthrosis deformans, Osteoarthrose oder degenerativer Gelenkerkrankung. Die befallenen Gelenke schmerzen, verformen sich und sind nur eingeschränkt beweglich. Das Risiko an Arthrose zu erkranken, wächst bei Frauen und Männern mit steigendem Alter. Schätzungen nach zeigen bis zu 20 Prozent der 60- bis 70-Jährigen eine Hüft- oder Kniegelenksarthrose im Röntgenbild. Beide Arthrosen zählen zu den zehn häufigsten Krankheiten in orthopädischen Praxen. Auch Wirbelsäule und Hände sind oft betroffen. Mit einem erheblichen Anteil aller Arbeitsunfähigkeitstage, Frühberentungen und Rehabilitations¬maßnahmen gehört die Arthrose auch zu den volkswirtschaftlich bedeutenden chronischen Krankheiten.
Solange ein Gelenk gesund ist, verbindet es zwei oder mehrere Knochen zu einer funktionellen Einheit: Die Gelenkflächen der Knochen sind von Gelenkknorpel überzogen. Der Knorpel dient als Druckpolster und ermöglicht beispielsweise Dreh- und Gleitbewegungen im Kniegelenk. Das Gelenk wird von der Gelenkkapsel umgeben. Sie besteht aus einer Gelenkaußenhaut (Fibrosa) und einer Gelenkinnenhaut (Synovialis). Die Gelenkkapsel umgibt die Gelenke wie eine schützende Hülle. Diese Gelenkhöhle ist mit einer Flüssigkeit, der „Gelenkschmiere” (Synovia) gefüllt. Die Gelenkflüssigkeit ist Gleit- und Puffermittel zwischen den Knorpeloberflächen und verhindert, dass der Gelenkknorpel übermäßigen Belastungen ausgesetzt wird. Die Flüssigkeit transportiert die Nährstoffe zum Gelenkknorpel und erneuert sich laufend.
Gelenkverletzungen oder -fehlstellungen wie X- oder O-Beine, eine mechanische Gelenküberlastung etwa bei Übergewicht, aber auch bestimmte Stoffwechselvorgänge oder eine erbliche Veranlagung tragen zu einem Verschleiß der Gelenke bei. Die Knorpelschicht nutzt sich ab. Mit zunehmender Erkrankung greifen die Veränderungen auch auf die gelenknahen Knochen und Weichteile wie Bänder, Gelenkschleimhaut und Kapsel über. Die Gelenke werden wegen der Schmerzen kaum bewegt. Damit ist auch das Pumpsystem, das normalerweise bei Bewegung die Gelenkflüssigkeit in den Knorpel hineinpresst und herauszieht, eingeschränkt: Knorpel und Gelenkschleimhaut erhalten nicht mehr genügend Nährstoffe wie etwa Glucose. Kleinere abgeriebene Knorpelteilchen verbleiben zudem im Gelenk und beschleunigen durch eine vermehrte Reibung die Abnutzung des Knorpelgewebes. Auch scheuern sie an der Gelenkinnenhaut, reizen sie und führen zu schmerzhaften Entzündungen. Außerdem kann ein Gelenkerguss entstehen, das heißt eine schmerzhafte Schwellung mit Ansammlungen von Flüssigkeit oder Blut im Gelenk.
Die Elastizität und Viskosität der Gelenkflüssigkeit (Synovia) ist herabgesetzt. Bewegungen werden weniger gut abgefedert und Stöße nicht mehr aufgefangen. Bereits alltägliche Bewegungen beanspruchen die Knorpeloberfläche und das Synovialgewebe. Die Zellen des Synovialgewebes und der Gelenkkapsel, die für die Schmerzwahrnehmung zuständig sind, werden empfindlich, weil das normale schützende Umfeld nicht mehr vorhanden ist. Es wird vermehrt Schmerz empfunden.
Die Arthrose verursacht Schmerzen in Ruhe, bei Belastung und beim Start nach einer Ruhepause. Sie führt zu einer Bewegungseinschränkung und zu
Gelenkschwellungen. Während der Schmerz anfangs von Zeiten ohne Schmerz abgelöst wird, ist er im Endstadium der Erkrankung meist ein Dauerschmerz. Der Patient nimmt eine Schonhaltung ein und belastet das Gelenk weniger, um den Schmerz zu vermindern. Indem er das Gelenk schont, beginnt jedoch die Gelenkkapsel zu schrumpfen und die gelenknahe Muskulatur bildet sich zurück. Das Gelenk wird mit fortschreitender Erkrankung funktionsunfähig. Es ist nicht mehr beweglich genug, um seine Aufgaben zu erfüllen. Alltägliche Verrichtungen werden zu einem Problem, das soziale Leben erfährt Einschränkungen und oft nehmen Lebensqualität und -freude ab.
Nicht-medikamentöse Therapie
Da der Gelenkknorpel sich nicht mehr von den Schäden erholen kann, die Arthrose also fortschreitet, braucht der Patient langfristig ein Behandlungsprogramm: Maßnahmen, die speziell auf die jeweiligen Beschwerden und Bedürfnisse ausgerichtet sind. Wichtig ist es in jedem Fall, den Lebenswandel anzupassen und die Ursachen für den Verschleißvorgang zu mindern. Häufig lässt sich mit einer deutlichen Gewichtsabnahme das Arthroserisiko erheblich vermindern.
Auch Bewegung ist besonders bedeutend in der Arthrose-Behandlung ebenso wie in der Vorbeugung. Bewegungsmangel beeinträchtigt den Stoffwechsel in den Gelenken. Vor allem wird weniger Gelenkflüssigkeit produziert.Dadurch erhält der Knorpel nicht genügend Nährstoffe. Zudem werden Abbauprodukte nicht abtransportiert, sondern verbleiben in der Gelenkkapsel. Beide Prozesse beschleunigen die Abnutzung des Knorpelgewebes.
Arthrose-Gelenke wollen bewegt werden
Geeignete Sportarten bei Arthrosen der Hüft-, Knie- oder Sprunggelenke sind Rad fahren oder Schwimmen, denn die betroffenen Gelenke müssen hierbei nicht das Körpergewicht tragen. Grundsätzlich helfen gezielte gymnastische Übungen, die Beweglichkeit der Gelenke zu verbessern und zu trainieren, ohne sie zu belasten. Wenn das Gelenk allerdings entzündet ist, sollte es gegebenenfalls für kurze Zeit entlastet werden, damit die Entzündung zurückgeht. Neben gelenkspezifischen Bewegungs- und Dehnübungen sollte der Arthroseerkrankte immer auch Bewegungsmuster erlernen und trainieren. Denn ist nur ein einziges Gelenk erkrankt, wirkt sich dies meist auf den gesamten Bewegungsablauf aus. In klinischen Untersuchungen führten einfache, zu Hause durchführbare Kräftigungsübungen bereits nach acht Wochen zu einem deutlichen Rückgang der Schmerzen bei Kniegelenksarthrose. Nach zwölf Wochen wurden eine Zunahme der Kraft im Oberschenkel sowie verbesserte Eigenschaften der Gelenkflüssigkeit beobachtet - anders in der nicht trainierenden Vergleichsgruppe.
Medikamentöse Schmerztherapie
Schmerzende Gelenke lassen sich nur mit einer wirksamen Schmerztherapie in Bewegung halten. Für einige Patienten ist die Substanz Paracetamol hinreichend schmerzlindernd wirksam. Meist verabreicht der Arzt jedoch unspezifische nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) oder Kortikoid-Injektionen in das Gelenk. Diese haben allerdings den Nachteil von zum Teil erheblichen Nebenwirkungen. Nichtsteroidale Antirheumatika wie Acetylsalicylsäure, Diclofenac oder Ibuprofen sind schmerzlindernde und entzündungshemmende Medikamente, die kein Kortison enthalten. Ihre typischen Nebenwirkungen sind Magen- und Darmprobleme wie Magenschmerzen, Appetitlosigkeit oder Durchfälle. Es kann jedoch auch zu Magenschleimhautschädigungen und wie Nierenfunktionsstörungen und Blutdruckerhöhung. Einige NSAR wie Diclofenac können zudem zu Leberschäden führen. Blutbild, Leber- und Nierenwerte müssen regelmäßig kontrolliert werden. Seit wenigen Jahren gibt es eine neue Generation von NSAR, die so genannten COX-2-Hemmer (Coxibe). Es sind Medikamente, die vor allem die Entzündung hemmen, aber weniger Nebenwirkungen am Magen auslösen und das Blut nicht verdünnen. In verschiedenen Untersuchungen wurde jedoch nachgewiesen, dass Coxibe bei Patienten mit Herzkreislauferkrankungen ein erhöhtes Risiko von Herzinfarkten und Schlaganfällen aufweisen.
Die Injektion von Kortison lindert akute Knieschmerzen und -entzündungen, doch hält die Wirkung meist nur relativ kurz, bis zu sechs Wochen, an. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass die wiederholte Anwendung möglicherweise sogar den Knorpelabbau beschleunigt.
Die Therapie der Arthrose mit Hyaluronsäure beziehungsweise ihren Derivaten wie Hyaluronan oder Hylan hat einen anderen Ansatz. Sie zielt darauf ab, die Fließeigenschaften im erkrankten Gelenk wiederherzustellen. Diese so genannte Viskosupplementation ersetzt und ergänzt die erkrankte, dünner gewordene Hyaluronsäure und wirkt damit dem fortschreitenden Verschleiß der Gelenkstrukturen entgegen. Die Produkte unterscheiden sich im Wesentlichen nach Herstellung, Ursprung, Molekulargewicht und Anzahl der empfohlenen Injektionen sowie der Dokumentation von Wirksamkeit und Sicherheit in kontrollierten Studien. So erreicht das hochmolekulare Hyaluronsäure-Derivat Hylan G-F 20 bei Kniegelenkarthrose in Studien eine größere Schmerz¬linderung und eine längere Wirkdauer als eine herkömmliche Hyaluronsäure. Darüber hinaus benötigen mit Hylan G-F 20 behandelte Patienten weniger Schmerzmittel in Tablettenform und weniger Kortikoide.
Versagt die konservative Arthrose-Behandlung, werden beispielsweise mit einer Kniegelenkspülung lose Gewebereste entfernt. Allerdings zeigen neuere Studiendaten, dass derartige Eingriffe (arthroskopische Intervention mit Gelenklavage und Debridement) bei geringer bis ausgeprägter Kniegelenksarthrose keinen zusätzlichen Effekt gegenüber einer bestmöglichen konservativen Therapie haben.Mit einem operativen Einsatz werden bei der so genannten Osteotomie zum Ausgleich von Fehlstellungen Knochen durchtrennt und neu (gerade) zusammengesetzt. So kann ein „O-Bein” im wahrsten Sinne des Wortes begradigt werden, damit das Gelenk wieder gleichmäßig belastet wird. In schweren Fällen kann das gesamte Gelenk entfernt und durch ein künstliches Gelenk ersetzt werden.