Bis zum heutigen Zeitpunkt erhalten noch immer ca. 250.000 Migräne-Patienten in Deutschland Ergotamine. Diese Substanzen haben sich früher als erste migränespezifische Akuttherapeutika große Verdienste erworben. Doch es datiert immerhin ins Jahr 1920 zurück, dass Ergotamintartrat erstmals in einem Labor isoliert wurde. Fünf Jahre später wurde es in die Behandlung der Migräne eingeführt und hat diese für viele Jahrzehnte dominiert. Belege für Wirksamkeit und Sicherheit nach den heute geforderten Kriterien haben Vertreter dieser Substanzklasse aber zumindest in nicht ausreichendem Maße erbracht.
Von der Möglichkeit einer Nachzulassung mit Vorlage entsprechender Wirksamkeitsdaten haben nur wenige Firmen Gebrauch gemacht, wohl auch da der Ausgang dieser mit hohem finanziellen Aufwand verbundenen Studien ungewiss gewesen wäre. Auch das unspezifische Angreifen und das Nebenwirkungsprofil der Ergotalkaloide, welches insbesondere durch Übelkeit und periphere Vasospasmen geprägt ist, wurden schon während der klinischen Anwendung bei vielen Patienten deutlich, ebenso wie die relativ langsam eintretende Wirkung.
Ergotamin : eines der Mutterkornalkaloide (Secale cornutum). Als Mutterkorn wird ein schwarzes, holzartiges Pilzgeflecht bezeichnet, welches man häufig auf Roggenähren findet. Bereits im 19. Jahrhundert wurden Extrakte aus dem Mutterkorn zur Linderung der Migräne eingesetzt.
Triptane hingegen sind Substanzen einer neuen Wirkstoffklasse, die zur Behandlung einer Migräneattacke eingesetzt werden. Zudem lindern sie meist mit der Migräne einhergehende Übelkeit und Erbrechen.
Was Kopfschmerz-Experten schon lange fordern, wird jetzt durch eine neue Rechtssituation vielfach erzwungen, nämlich eine evidenzbasierte Therapie. Denn am 30. Juni 2003 erlischt die Verkehrsfähigkeit der meisten Ergotamin- bzw. mutterkornalkaloidhaltigen Präparate. Ein großer Teil der Migräne-Patienten wird also demnächst nach den Empfehlungen der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) auf Triptane umgestellt werden müssen. Bei der Auswahl des Triptans sollte der Arzt berücksichtigen, dass es klinisch relevante Unterschiede in Bezug auf Wirksamkeit und Verträglichkeit gibt.
Als die Ära der hochspezifischen Serotonin-(5-HT)-1B/1D-Rezeptoragonisten (= Triptane) begann, erwies sich in klinischen Vergleichsstudien gegenüber ergotaminhaltigen Präparaten für das jeweilige Triptan eine deutlich bessere Wirksamkeit.
Manche Ärzte setzten den Fortschritt, den die Triptane für Migräne-Patienten bedeuten, über viele Jahre nicht ausreichend um - meist aus Kostenüberlegungen. Viele, die bislang noch Ergotamine verschrieben haben, werden ihre Therapiegewohnheiten jetzt ändern. Damit sollten sie nicht bis zum Stichtag 30. Juni 2003 warten, an dem für die meisten Ergotalkaloide der Abverkauf endet und die Verkehrsfähigkeit erlischt. Viele Hersteller haben die Produkte jetzt schon aus dem Handel genommen. Diese Information sollten Ärzte nicht von ihren Patienten bekommen, die mit einem nicht einlösbaren Rezept wieder in der Praxis erscheinen.
Vielmehr sollte der Arzt gemeinsam mit dem Patienten die Umstellung auf eine andere gut wirksame und gut verträgliche Migränetherapie diskutieren. Die DMKG bezeichnet Triptane als die Substanzen mit der bei akuten Migräne-Attacken am besten belegten Wirksamkeit und empfiehlt sie bei mittelschweren und schweren Migräne-Attacken als Mittel der ersten Wahl. Die Anzahl der Triptane ist inzwischen auf sieben angewachsen. Große Metaanalysen zeigen, dass es durchaus klinisch relevante Unterschiede zwischen den Substanzen gibt. Eine hohe Wirksamkeit bei gleichzeitig guter Verträglichkeit zeigt zum Beispiel Rizatriptan (MAXALT).