Poliomyelitis (Kinderlähmung)
- Virusinfektion (Poliovirus-Typen 1, 2 und 3).
- Weltweit etwa 10 Erkrankungen auf eine Million Einwohner.
- Seit 1990 tritt in Deutschland keine Wildform des Virus mehr auf.
Übertragung
- Übertragen durch Tröpfchen- oder Schmierinfektion, beispielsweise mit Fäkalien verunreinigtes Wasser oder Hände.
- Das Virus gelangt über Blut- und Lymphsystem ins Zentrale Nervensystem.
Verlauf und Symptomatik
- 90 bis 95 Prozent der Infektionen verlaufen symptomlos (inapparente Infektion).
- In 5 Prozent der Fälle treten unspezifische Symptome auf (abortive Poliomyelitis).
- In 1 bis 2 Prozent der Infektionen tritt Steifheit von Nacken, Rücken und/oder Beinen auf (aseptische Meningitis, nichtparalytische Poliomyelitis).
- Bei 1 Prozent der Fälle entsteht die paralytische Poliomyelitis aufgrund der Schädigung der Nervenbahnen (motorische Neuronen).
Paralytische Poliomyelitis:
- Inkubationszeit von 6 bis 20 Tagen.
- Invasives Stadium von 1 bis 10 Tagen mit Fieber, Unwohlsein, neurologischen und gastrointestinalen Symptomen.
- Lähmungsstadium mit typischen Symptomen: Nervenschädigungen in Extremitäten, extrem niedriger Blutdruck, Muskelschwund (Amyothrophie).
Komplikationen: Lähmung der Atemmuskulatur, Lungenentzündungen, stark erhöhter Blutdruck (Hypertonie), Lungenödeme, Schock, Muskelschwund (Amyotrophie), Knochendeformationen, Muskelschmerzen (noch bis zu 40 Jahre nach der Infektion).
Tödlicher Verlauf bei Kindern in 2 bis 5 Prozent und bei Erwachsenen in 15 bis 30 Prozent.
Diagnose
- Anhand des Krankheitsverlaufs, Virusnachweis in Stuhl und Rachenabstrichen, Antikörpernachweis im Blut.
Therapie
- Gegen das Virus gibt es keine Therapie.
- Behandlung der Symptome.
- Intensivstation, Luftröhrenschnitt und künstliche Beatmung bei Auftreten von Lähmungen der Atemmuskulatur.
- Physiotherapie um die Muskelfunktion aufrecht zu erhalten.
Impfschutz und Prophylaxe
- Erkrankung vermeidbar durch Impfungen, möglichst frühzeitig im Säuglingsalter.
- Kombinationsimpfungen:
- Dreifach-Impfung: Polio, Diphtherie, Tetanus
- Fünffach-Impfung: Polio, Diphtherie, Tetanus, Hib, Pertussis,
- Sechsfach-Impfung: Polio, Diphtherie, Tetanus, Hib, Pertussis, Hepatitis B
- Der Sechsfach-Impfstoff enthält inaktivierte Polioviren.
- Immunisierung im Säuglingsalter mit Sechsfach-Impfstoff:
- Erste Impfung ab dem vollendeten 2. Lebensmonat, danach zwei weitere im Abstand von jeweils vier bis acht Wochen.
- Eine Auffrischimpfung zwischen dem 12. und 18. Lebensmonat.
- Eine weitere Auffrischimpfung gegen Poliomyelitis im 11. bis 18. Lebensjahr.
Tetanus (Wundstarrkrampf)
- Bakterieninfektion mit Clostridium tetani.
- Weltweit gibt es pro Jahr etwa 1 Million Krankheitsfälle mit 600.000 Todesfällen.
Übertragung
- Übertragen über offene, verschmutzte Wunden (Riss-, Schnitt-, Biss- oder Schürfwunden), meist mit verunreinigter Erde.
Verlauf und Symptomatik
- Verantwortlich für die Symptome ist das Tetanus-Toxin (Gift).
- Inkubationszeit 3 bis 21 Tage
- 1 bis 5 Tage Krämpfe (Spasmen) der Kau- und Gesichtsmuskulatur, teilweise auch des Nackens, Rumpfs und der Gliedmaßen.
- 3 bis 4 Wochen mit typischen schmerzhaften Muskelkrämpfen am ganzen Körper, leichtem Fieber, Schwitzen und Herzrasen.
- Rekonvaleszenz-Phase für drei bis acht Wochen.
Komplikationen: Lähmung der Atem- und Kehlkopfmuskulatur, Aspirationspneumonien, Koma, stark erhöhter Blutdruck, Kammerflimmern und Herzstillstand.
Verläuft in 30 Prozent der Fälle tödlich.
Therapie
- Wundsäuberung, Gabe von Antibiotika und Tetanus-Immunglobulin zur Neutralisierung.
- Unterstützende künstliche Beatmung, Benzodiazepine (beruhigende und angstlösende Mittel) und muskelentspannende Medikamente.
Impfschutz und Prophylaxe
- Erkrankung vermeidbar durch eine Impfung, möglichst früh im Kindesalter.
- Kombinationsimpfungen:
- Dreifach-Impfung: Tetanus, Diphtherie, Polio
- Fünffach-Impfung: Tetanus, Diphtherie, Polio, Hib, Pertussis
- Sechsfach-Impfung: Tetanus, Diphtherie, Polio, Hib, Pertussis, Hepatitis B.
- Die Impfstoffe enthalten verändertes, ungefährliches Tetanus-Toxin (Toxoid).
- Immunisierung im Säuglingsalter mit Sechsfach-Impfstoff:
- Erste Impfung ab dem vollendeten 2. Lebensmonat, zwei weitere im Abstand von jeweils vier bis acht Wochen.
- Eine Auffrischimpfung zwischen dem 12. und 18. Lebensmonat.
Weitere Auffrischimpfungen gegen Tetanus im 5. bis 6. und im 11. bis 18. Lebensjahr.
Hepatitis B
- Die extrem ansteckende Hepatitis B-Erkrankung ist weltweit eine der häufigsten und gefährlichsten Infektionskrankheiten.
- Das Hepatitis B-Virus ist 100 mal ansteckender als das AIDS-Virus.
- Um sich anzustecken, genügt schon eine Blutmenge von 0,00004 ml Blut. Dies entspricht etwa einem Tropfen Blut in einer Badewanne voll Wasser.
- Ausgelöst wird die Erkrankung durch ein Virus, das die Leberzellen befällt und zerstört.
- Etwa 350 Millionen Menschen (fünf bis sieben Prozent der Weltbevölkerung) sind Träger des Virus. Jährlich wird von bis zu 1 Million Todesfällen durch Hepatitis B-verursachte Leberschäden ausgegangen (WHO Report 1996).
- In Deutschland tragen etwa 250.000 bis 650.000 Personen das Virus in sich. (Robert Koch-Institut, Berlin, Epidemiologisches Bulletin, 17/99, 30. April 1999).
- Die Zahl der Neuinfektionen wird auf 50.000 pro Jahr geschätzt. (Robert-Koch-Institut, Berlin, Epidemiologisches Bulletin, 17/99, 30. April 1999).
- Von diesen 50.000 entwickeln fünf bis zehn Prozent (2.500 bis 5.000) eine chronische Hepatitis. Durch die resultierende Leberzirrhose (Leberschrumpfung) oder Leberkrebs sterben jedes Jahr 1.000 bis 2.000 Menschen in Deutschland. Dies ist höher als die Sterberate an AIDS.
- Bei weniger als ein Prozent der Erwachsenen ergibt sich ein fulminanter Verlauf mit sofortiger Todesfolge.
- Die Hepatitis B unterscheidet sich wesentlich von der Hepatitis A, mit der sie häufig verwechselt wird. Während der Erreger der Hepatitis A hauptsächlich in Urlaubsländern auftritt und über verunreinigtes Wasser oder Speisen in den Körper gelangt, ist das Hepatitis B-Virus auch in Deutschland weit verbreitet und wird vorwiegend durch sexuelle Kontakte übertragen.
- Auch in der Schwere der Erkrankung gibt es wesentliche Unterschiede: Infektionen mit dem Hepatitis A-Virus verlaufen fast immer ohne schwer wiegende Folgen. Durch Hepatitis B-Infektionen sterben allein in Deutschland jährlich 1.000 bis 2.000 Personen. Dieser unterschiedliche Charakter spiegelt sich auch in den Impfempfehlungen wider: Während Hepatitis B-Impfungen generell für Neugeborene, Kinder und Jugendliche empfohlen und die Kosten von den Krankenkassen getragen werden, stellt die Hepatitis A-Impfung eine typische Reiseimpfung dar, die selbst bezahlt werden muss.
Übertragung
- Die Virusübertragung geschieht über Blut und über Körperflüssigkeiten (z.B. Speichel, Vaginalsekret, Sperma).
- Der sexuelle Kontakt stellt das größte Risiko für eine Ansteckung dar. Daher wird die Hepatitis B als sexuell übertragene Erkrankung (Sexual Transmitted Disease, STD) eingestuft.
- Das Virus kann bereits von der Mutter auf das Neugeborene übertragen werden. Pro Jahr werden zwischen 2.400 und 6.400 Kinder geboren, deren Mütter mit dem Hepatitis B-Virus infiziert sind. (Robert Koch-Institut, Berlin, Epidemiologisches Bulletin, 17/99, 30. April 1999).
- Auch durch den gemeinsamen Gebrauch von Injektionsnadeln beim Drogenkonsum, Tätowierungen und Piercing kann das Virus übertragen werden.
- Ein besonders hohes Risiko sich anzustecken haben Jugendliche, medizinisches Personal, Dialysepatienten, Bluter, homosexuelle Männer, Drogenabhängige, Prostituierte und Langzeit-Strafgefangene.
- Trotzdem kann sich jeder anstecken! Bei etwa 30 Prozent der Erkrankten können in der Krankengeschichte keine Risikofaktoren wie häufig wechselnder Geschlechtsverkehr oder Drogenkonsum festgestellt werden. (Der Allgemeinarzt, 10.5.1999).
Krankheitsverlauf und Symptomatik
- Die Inkubationszeit (Zeit zwischen Ansteckung und ersten Krankheitszeichen) beträgt 30 - 180 Tage.
- Die Hepatitis B-Viren zerstören Leberzellen, sodass deren Stoffwechselfunktionen ausfallen (z. B. Gelbsucht durch Störung des Abbaus des Blutfarbstoffes, ständige Müdigkeit durch Störung des Energiestoffwechsels, Hellfärbung des Stuhls durch weniger anfallende Gallenfarbstoffe).
- Die Erkrankung beginnt mit grippeartigen Symptomen (etwa 3 bis 10 Tage): Abgeschlagenheit, Fieber, Gelenk- und Muskelschmerzen, Appetitlosigkeit.
- Ikterische Phase (1 bis 3 Wochen): Durch die Leberschädigung kommt es zu Oberbauchbeschwerden, Dunkelfärbung des Urins und hellem Stuhl. Die Leber vergrößert sich; es tritt Gelbfärbung auf.
- Während der Erholungsphase verschwindet die Gelbsucht, Unbehagen und Müdigkeit bleiben oft über Monate.
- Oft verläuft die Erkrankung ohne auffällige Symptome; der Erkrankte stellt trotzdem eine ständige Ansteckungsquelle für Gesunde dar.
- Bei chronischem Verlauf kann es durch die Entzündung zur Leberzirrhose (Leberschrumpfung) oder zu Leberkrebs kommen
- Etwa 10 Prozent der Erkrankungen bei Jugendlichen und Erwachsenen verlaufen chronisch, bei Kleinkindern 30 Prozent und bei Neugeborenen beträgt die Chronifizierungsrate sogar 90 Prozent. (RKI, Epidemiologisches Bulletin, 17/99, 30. April 1999).
Impfschutz und Prophylaxe
- Den einzig sicheren Schutz vor einer Hepatitis B-Infektion bietet nur die Impfung.
- Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut empfiehlt die Grundimmunisierung bereits im Säuglingsalter. Dazu sind drei Injektionen notwendig. (Robert Koch-Institut, Berlin, Epidemiologisches Bulletin, 2/2000)
- Im besonders gefährdeten Alter zwischen 14 und 25 Jahren ist nur jeder Fünfte gegen Hepatitis B geimpft. (Emnid-Umfrage “Hepatitis B” im Auftrag von Aventis Pasteur MSD, Leimen, 24.02. - 24.03.1999, Bielefeld)
- Ungeimpfte Jugendliche sollten eine Grundimmunisierung (Basisschutz) unbedingt nachholen. Hier sind ebenfalls drei Injektionen notwendig. Die Krankenkassen übernehmen dafür die Kosten, wenn die Impfungen bis zum 18. Lebensjahr durchgeführt werden. Das Nachholen der Grundimmunisierung bei Jugendlichen sollte mit der Vorsorgeuntersuchung J1 (11 bis 18 Jahre) verbunden werden.
- Die Grundimmunisierung im Säuglingsalter ist auch mit einem Sechsfach-Impfstoff möglich.
- Sechsfach-Impfung: Tetanus, Diphtherie, Hib, Pertussis, Polio, Hepatitis B
- Immunisierung im Säuglingsalter mit Sechsfach-Impfstoff:
- Erste Impfung ab dem vollendeten 2. Lebensmonat, zwei weitere Impfungen im Abstand von jeweils vier bis acht Wochen.
- Eine Auffrischimpfung zwischen dem 12. und 18. Lebensmonat.
- Weitere Auffrischimpfungen gegen Hepatitis B alle 10 Jahre.
- Der Sechsfach-Impfstoff enthält keine ganzen Viren, sondern Teile ihrer Oberfläche. Dies genügt dem Immunsystem zur Erkennung und Abwehr der “echten” Viren, wenn sie in den Körper eindringen.
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