42.000 Deutsche erkranken jedes Jahr an Lungenkrebs - und fast ebenso viel sterben daran. Nur knapp zehn Prozent aller Patienten mit Bronchialkarzinomen überleben die Fünfjahresmarke. Da diese Tumore im Frühstadium keine Beschwerden verursachen, werden sie meist zu spät und eher zufällig entdeckt. Kommt es zu den typischen Symptomen - Bluthusten, chronische Heiserkeit, Atemnot, Schmerzen - ist es in der Regel zu spät für eine erfolgreiche Therapie. Und da es keine Früherkennungsuntersuchungen gibt, hilft nur Vorbeugung.
Lungenkrebspatienten könnten nun von dem von AstraZeneca auf den Markt gebrachten Mittel Iressa® profitieren, wie Fachärzte bestätigen. Dr. Ulrich Gatzemeier, Chefarzt des Zentrums für Pneumologie und Thoraxchirugie im Krankenhaus Großhansdorf bei Hamburg: „Bei einigen unserer Patienten haben wir eindrucksvolle Erfolge festgestellt, die mit konventionellen Therapien nicht zu erreichen waren.”
Hauptrisikofaktor für Lungenkrebs ist nachwie vor das Rauchen: Es verursacht 85 Prozent aller Todesfälle bei Bronchialkarzinomen bei Männern, 75 Prozent bei Frauen und 17 Prozent bei Nicht- und Passivrauchern. Ein 35jähriger Mann, der pro Tag bis zu 25 Zigaretten raucht, hat ein über 50prozentiges Risiko, vorzeitig an einer Krankheit zu versterben, die direkt oder indirekt mit dem Rauchen zusammenhängt. Weitere Gefahrenquellen sind Schadstoffbelastungen (Asbest, Feinstaub), das radioaktive Gas Radon sowie genetische Faktoren.
Auch das neue Krebsmedikament Iressa hilft im Schnitt nur jedem zehnten Patienten. Positive Wirkung zeigt es vor allem bei jenen, bei denen ein ganz bestimmter Rezeptor - der sogenannte epidermale Wachstumsfaktor Rezeptor (EGFR) - mutiert ist. „Diese Genvariante tragen in erster Linie Frauen und auch meist Nichtraucherinnen”, sagt Gatzemeier. Bei ihnen blockiert der Wirkstoff Gefitinib diesen Rezeptor, der Tumor wird an Wachstum und Verbreitung gehindert. Was das Mittel dennoch für viele zum Hoffnungsträger macht: Es kann aus einer lebensbedrohlichen Situation eine chronische Krankheit machen, mit der der Patient mehrere Jahre leben kann. „Es verschafft den Betroffenen Lebensqualität und ermöglicht einen normalen Alltag”, so der Mediziner. Und das bei denkbar geringen Nebenwirkungen. Bei einigen Studienteilnehmer trat Hautausschlag auf, gelegentlich kam es zu Durchfall.
Helga S. (74) aus dem niedersächsischen Garbsen bei Hannover erkrankte vor acht Jahren an Lungenkrebs. Für die Nichtraucherin war die Diagnose ein Schock, die Teilnahme an der Studie in Großhansdorf nach Bestrahlung und Chemotherapie eine Riesen-Chance. Denn bei der Rentnerin schrumpfte der Tumor bereits ein viertel Jahr, nachdem sie das neue Mittel bekommen hatte. Heute hat er sich verkapselt und ist inaktiv. Helga S. muss ihr Medikament lebenslang einnehmen. „Mir geht‘s gut”, sagt sie. „Ich bin fit, habe kaum Nebenwirkungen. Nur ab und zu schält sich mal die Haut.”