Sie ist mit einem Gewicht von 1,4 bis 1,8 Kilogramm das größte und schwerste Organ des Körpers, doch über ihre Aufgaben wissen nur die wenigsten ganz genau Bescheid. Die Rede ist von der Leber. Über 70.000 Menschen müssen allein in Deutschland jedes Jahr aufgrund schwerer Leberschäden stationär behandelt werden. Etwa 20.000 davon sterben in Deutschland jährlich an den Folgen einer chronischen Lebererkrankung. Die Transplantation einer Spenderleber bietet jedoch nur in etwa 750 Fällen eine Lösung. Die Folge: Patienten mit schweren Leberschäden warten meist mehrere Jahre auf ein geeignetes Spenderorgan. Insbesondere akute Verschlechterungen des Gesundheitszustands der chronisch erkrankten Patienten können ohne eine Entgiftung der Leber in diesem Zeitraum zum Tod führen.
Seit zehn Jahren ist mit der MARS® Therapie (Molecular Adsorbents Recirculating System) eine solche Entgiftung außerhalb des Körpers möglich. Der erste Patient wurde 1993 mit der neuartigen Leberdialyse behandelt. Bis heute wurde MARS® weltweit bei über 3.000 Patienten mit einer akuten Verschlechterung der Leberwerte (Dekompensation) bei einer chronischen Lebererkrankung, akutem Leberversagen oder anderen akuten Leberdysfunktionen eingesetzt.
Die MARS® Therapie unterstützt die Entgiftungsfunktion der Leber außerhalb des Körpers. Das an der Universität Rostock entwickelte Verfahren ähnelt dem Prinzip der Nierendialyse: Unter Verwendung des humanen Proteins Albumin und einer selektiven Membran werden die Giftstoffe aus dem Blut des Patienten entfernt.
Bei gesunden Menschen bindet das Bluteiweiß Albumin Giftstoffe und transportiert sie zur Leber, wo sie abgebaut werden. Bei Patienten mit Lebererkrankungen ist diese Entgiftungsfunktion stark eingeschränkt. Die Giftstoffe (z.B. Bilirubin, Gallen- oder Fettsäuren) verbleiben im Blut und schädigen langfristig Nervenfunktionen und andere wichtige Organe.
Die Leberdialyse ist inzwischen die weltweit am häufigsten verwendete extrakorporale Leberunterstützungsmethode. “Wie bei der Nierendialyse wird bei der MARS® Therapie das Patientenblut durch einen Filter geleitet. Neu ist, dass Eiweißmoleküle, ähnlich denen, welche im Blut die Giftstoffe transportieren, zur Anwendung kommen. Wie “Spione” locken sie die Gifte aus dem Patienteneiweiß heraus und laden diese in Sammelkartuschen ab. Auf diese Weise wird die natürliche Entgiftungsfunktion der Leber unterstützt und die schädigende Wirkung der Gifte auf Kreislauf-, Nieren- und Hirnfunktion gesenkt. Mit MARS® kann so die Zeit bis zur Erholung der Leber oder Bereitstellung eines Spenderorgans überbrückt werden”, so Dr. Jan Stange, einer der Erfinder der MARS® Therapie. Durch die Leberunterstützungstherapie MARS® können gleichzeitig wasserlösliche und albumingebundene Substanzen entfernt werden, wie zum Beispiel Gallensäuren, Bilirubin, Fettsäuren, Ammoniak, Harnstoff und Kupfer.
Die zunehmende Bedeutung der Leberentgiftung spiegelt die jüngste Entscheidung des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung wider: Das Leberdialyse-Verfahren der Teraklin AG ist trotz akuten Sparzwangs im Gesundheitswesen in dem am 15. Oktober veröffentlichten Fallpauschalen-Katalog 2004 aufgenommen worden. Damit steht die MARS Therapie in Deutschland vor dem Durchbruch als Standardmaßnahme bei schwerem Leberversagen. Der Erlass stellt nämlich die Behandlung mit diesem lebensrettenden Leberunterstützungsverfahren ab Januar 2004 – zunächst für ein Jahr – auf eine verlässliche rechtliche Grundlage. Deutsche Kliniken können jetzt ein Zusatzentgelt für die Anwendung der MARS Therapie bei den Krankenkassen beantragen, über das individuell entschieden wird. Es ist davon auszugehen, dass die gesamten Therapiekosten in Höhe von rund 10.000 Euro je Patient von den Kassen getragen werden.
Die MARS® Therapie kann sowohl bei akutem Leberversagen als auch bei einer akuten Verschlechterung (Dekompensation) einer chronischen Lebererkrankung eingesetzt werden. Sie unterstützt die Entgiftungsfunktion der Leber, wodurch sich das Organ selbst regenerieren bzw. die Zeit bis zu einer Lebertransplantation überbrückt werden kann.
Bis heute wurden weltweit über 2.500 Patienten mit der MARS® Therapie behandelt.