In Deutschland sind 55.000 bis 60.000 Menschen an Normaldruck-Hydrocephalus erkrankt. Gangstörungen, kognitive Defizite und Harninkontinenz – das ist die Trias der klinischen Symptome, die den Normaldruck-Hydrocephalus charakterisieren.
Der Normaldruck-Hydrocephalus ( NPH = N ormal P ressure H ydrocephalus) wird durch ein Ungleichgewicht zwischen der Produktion und dem Abfluss des Liquors im Gehirn verursacht. Dabei erhöht sich der Druck in den Ventrikeln meist nachts, die Ventrikel erweitern sich und die Hirnsubstanz – vor allem im vorderen Teil des Gehirns – wird zusammengedrückt. Der idiopathische NPH ist angeboren und die Ursachen sind unbekannt. Von einem Normaldruck-Hydrocephalus spricht man, weil der Druck tagsüber normal ist und nur nachts der Hirndruck ansteigt. Der Normaldruck-Hydrocephalus wurde erstmals 1965 durch HAKIM und ADAMS beschrieben. Ein sekundärer NPH kommt zum Beispiel als Folge von Subarachnoidalblutungen, Meningitiden oder schweren Schädelhirntraumata vor. Der idiopathische NPH betrifft meist Menschen jenseits des 60. Lebensjahres. 10% aller Demenzerkrankungen sind auf einen Normaldruck-Hydrocephalus zurückzuführen. Über Prävalenz und Inzidenz des idiopathischen NPH liegen bis heute keine verlässlichen Daten vor.
In den Vereinigten Staaten wird die Zahl der Betroffenen auf rund 250.000 geschätzt. Eine Anfang der 90-er durchgeführte Tür-zu-Tür-Untersuchung in Starnberg ergab eine Prävalenz von 0,4% bei den über 65-jährigen Personen. Aufgrund der zunehmenden Überalterung der Bevölkerung ist davon auszugehen, dass in Zukunft der idiopathische NPH deutlich häufiger auftreten wird.
Die charakteristischen klinischen Symptome eines idiopathischen NPH sind – mit unterschiedlicher Ausprägung – Gangstörungen, Harninkontinenz und Demenz. Doch nur 48% der Patienten zeigen alle drei Symptome. Entscheidend für die Diagnose ist, dass der Patient mindestens zwei dieser Symptome aufweist, wobei die Gangstörung ein obligates Kriterium ist.
Mit bis zu 92% ist die Gangstörung klinisch das häufigste Symptom. Art und Ausprägung der Gangstörung variieren stark und hängen vom Stadium der Erkrankung ab. So wird anfangs häufig nur eine leichte Unsicherheit registriert. Ein verlangsamtes und unharmonisches Gangbild kann hinzukommen. Später entwickelt sich der typische “frontale Abasie- / Astasietyp” mit Gleichgewichtsstörungen, verkürzter Schrittlänge, reduzierter Schritthöhe, breitbeinigem Gang sowie Start- und Schritthemmung mit Schwierigkeiten beim Umdrehen. Bei fortgeschrittener Erkrankung können die Patienten teilweise weder gehen oder stehen.
Unter einer Harninkontinenz leiden ungefähr 43% der Patienten. Erschwert wird dieses Symptom durch die Gangstörung, die ein rasches Aufsuchen der Toilette oft unmöglich macht. Im weiteren Verlauf der Erkrankung kann es vorkommen, dass die Kontrolle über die Blasenfunktion vollständig verloren geht. Eine Stuhlinkontinenz wird sehr selten, und auch nur in schweren Fällen beobachtet.
Ein kognitives Defizit wird nahezu bei jedem NPH-Patienten nachgewiesen. Normaldruck-Hydrocephalus ist für rund 10% aller behandelbaren Demenzerkrankungen verantwortlich.
Zwar ist die Trias von Gangstörung, Harninkontinenz und Demenz für den idiopathischen NPH typisch, doch finden sich ähnliche Symptome bei vielen neurologischen Erkrankungen, die auf einer Erweiterung des Ventrikelsystems beruhen. Zur Abgrenzung von diesen Erkrankungen dienen diagnostische Tests und Untersuchungen, deren Ergebnisse nicht nur der Sicherung der Verdachtsdiagnose dienen, sondern auch der Indikationsstellung für die Shunt-Operation. Der größte Durchbruch in der Diagnose des NPH wurde mit der Computertomografie erzielt. Mit Hilfe des CTs können die Ventrikelgröße, die Konturierung von Gyri und Sulci sowie – wenn auch nur begrenzt – mögliche zugrundeliegende pathologische Erkrankungen bestimmt werden. Zusätzliche Informa-tionen liefert die Kernspintomografie, nämlich sagittal die Ausdehnung des Corpus callosum, koronar die Hippokampusgröße und T2-gewichtet das Ausmaß der periventrikulären Signalanhebungen.
Liegen die Symptome Gangstörungen, Inkontinenz und Demenz vor, wird ein rascher Verlauf der Erkrankung verzeichnet und bestätigen CT sowie MRT die Verdachtsdiagnose “NPH”, so besteht die Indikation für eine Shunt-Operation.
Bei weniger als vier positiven Kriterien (Gangstörung ist obligat) müssen weitere diagnostische Tests durchgeführt werden. Zu diesen gehört vor allem die diagnostische lumbale Liquor-punktion (“spinal tap test”). Auf diese Weise werden ein normaler Liquordruck bzw. eine eventuelle Meningitis oder ein spinaler raumfördernder Prozess erfasst. Der Tap-Test ist einfach durchzuführen.
Die dabei einmalige Liquorentnahme soll einen Shunt-Effekt simulieren. Weitere diagnostische Hinweise liefert die kontinuierliche Liquordruck-messung, die während der Nacht durchgeführt wird. Dabei auftretende episodische und häufige oszillatorische Erhöhungen des Liquordrucks, die sog. B-Wellen, gelten als Bestätigung der Verdachtsdiagnose NPH. Schließlich werden ergänzend hämodynamische Tests, beispielsweise SPECT oder PET zur Indikationsstellung für eine Shunt-Operation herangezogen. Beide Methoden geben Aufschluss über die zerebrale Perfusion und den zerebralen Metabolismus.
Obwohl die Erkrankung nicht geheilt werden kann, kann sie in den meisten Fällen durch die Implantation eines Shunt-Systems sehr gut kontrolliert werden.
Die wichtigsten Kriterien für das tatsächliche Vorliegen eines NPH und damit Aussicht auf Erfolg einer Shunt-Operation sind: