Auf der kürzlich stattgefundenen Gründungstagung des Arbeitskreises „Biopsiefreie Diagnostik des Prostatakarzinoms” in Heidelberg, wurde der aktuelle Stand der Forschung von namhaften Experten diskutiert und die Zielsetzung formuliert, in zehn Jahren die Biopsie komplett durch sicherere, berührungsfreie und schmerzlose Verfahren abzulösen.
Die Initiatoren des Arbeitskreises, Dr. Joachim-Ernst Deuster und Dr. Thomas Dill von der Klinik für Prostata-Therapie in Heidelberg, kennen die Probleme der Biopsie genau: Sie ist risikoreich, beim ersten Mal nur zu etwa 30 Prozent treffsicher, birgt Infektionsgefahren, da die sogenannten Stanznadeln mehrfach durch die Darmwand zur Prostata durchgestochen werden müssen, und sie ist für den Patienten eine schmerzhafte Prozedur.
Welches sind nun die Alternativen um herauszufinden, ob die Wucherung der Prostata gut-oder bösartig ist? Es sind zum einen ein neuer Urintest, der ein bestimmtes Prostatagen, das PCA3, ermittelt und zum anderen eine Reihe technisch verbesserter bildgebender Verfahren.Hinzu kommen noch einige molekular-genetische Tests sowie ein Verfahren zur Früher-kennung von Tumorzellen im Blut.
Zu den wichtigsten Neuerungen gehört zweifellos der PCA 3 Test, der in klinischen Studien die Möglichkeit einer frühzeitigen Diagnose von Prostatakrebs eindeutig bewiesen hat. Dieser genetische Urintest ist präziser als der PSA Bluttest, betont Dr. Jan Bartel vom Labor Limbach in Heidelberg. Auch die Uniklinik Tübingen arbeitet mit diesem Test und wertet die Proben anderer Kliniken in ihrem Labor aus. Der genetische Marker PCA3 kommt im krebsartigen Prostatagewebe verstärkt vor und liefert zugleich je nach Höhe des ermittelten Wertes - des sogenannten PCA3-Scores - auch Informationen über das Volumen des Tumors.
Bei den bildgebenden Verfahren ist das Cholin-Pet/CT eine hervorragende Möglichkeit sowohl Tumorgewebe in der Prostata als auch mögliche Metastasen im Körper zu entdecken. Forscher haben herausgefunden, dass die Konzentration von Cholin, einem Stoff, den wir auch mit der Nahrung, etwa mit Eiern, aufnehmen, in deutlich erhöhter Form in Tumoren jeder Art zu finden ist. Das Verfahren hat eine hohe Sensitivität, betont der Stuttgarter Nuklearmediziner Dr.Heiner Bihl.
Ebenfalls aufschlussreich ist die Magnetresonanz-Spektroskopie, mit der die Gewebs- zusammensetzung der Prostata in dreidimensionaler Form ermittelt wird. Die MR-Spektroskopie wurde in den letzten Jahren so verbessert, dass jetzt auch kleine Organe wie die Prostata in hoher räumlicher Auflösung untersucht werden können. Bösartige Tumore werden hier unter anderem auch über den erhöhten Cholingehalt erkannt. Gleichzeitig sinkt bei einer Tumorerkrankung der Citrat-Gehalt des gesunden Prostatagewebes ab. Das Verhältnis dieser beiden Marker - Cholin und Citrat - ermöglicht dann eine präzise Hilfe bei der Frage: Tumor oder kein Tumor. Die Ergebnisse sind vielversprechend: In Kombination mit der Magnet-Resonanz-Tomographie wurde eine Treffsicherheit von 80 bis 85 Prozent festgestellt.
Als weiteres bildgebendes Verfahren zur Diagnose von Prostatakrebs kommt noch die Ultraschall-Elastographie zum Tragen: Über den Endarm wird eine Spezialsonde eingeführt, die die Prostata von Hand leicht unter Druck setzt. Durch Kompression und Dekompression und dem gleichzeitigen Beschallen mit Ultraschall entsteht ein Echo, bei dem der Tumor auf dem Bildschirm als dunkle Fläche erscheint. Anschliessend wird über eine spezielle Software die Elastizität des Gewebes ermittelt. Verhärtetes Gewebe deutet dabei auf einen Tumor hin, weicheres Gewebe dagegen ist gesund.In der Heidelberger Klinik für Prostata-Therapie wurden bislang über 300 Patienten mit der
Ultraschall-Elastographie auf Prostatakrebs hin untersucht und die Ergebnisse sind erfreulich: Im Vergleich mit den Untersuchungsergebnissen der MR-Spektroskopie gab es eine hohe Übereinstimmung der Befunde.
Als bislang letzte neue labortechnische Diagnose kommt noch ein neuartiges Verfahren zur Früherkennung von Tumorzellen im Blut zum Tragen. Die von der onkologischen Forschung der Universität Jena unter Mitwirkung der Krebsexpertin Prof. Katharina Pachmann entwickelte Methode bereitet die Blutproben auf: Dabei werden die mit Fluoreszensfarbstoff markierten Tumorzellen mittels Laser-Scanning-Zytometrie gezählt. Vorteil dieses Verfahrens ist, dass selbst geringste Mengen an Tumorzellen festgestellt werden können.
„Wer den Leidensdruck von Patienten mit einem Prostatakarzinom hinsichtlich der Schmerzen und potentiellen Gefahren einer Biopsie aus der täglichen Praxis kennt, wundert sich, das die modernen Diagnoseverfahren nicht schon längst in einem modulförmigem, stufenweisen Diagnoseregime zusammengefasst wurden”, meint Dr.Thomas Dill von der Klinik für Prostata-Therapie in Heidelberg.
Der Umstand, dass sich sowohl Medizinforscher wie Ärzte zusammenfinden, um zum Wohl des Patienten neue Lösungen zu erarbeiten, da waren sich alle Teilnehmer einig, sei in diesem Land, im Gegensatz zur angelsächsischen Wissenschaftstradition ein eher seltenes Ereignis.
Weitere Infos im Internet: www.prostata-therapie.com