Wie es einem ergehen kann, wenn er unter chronischen Schmerzen leidet, zeigt der Leidensbericht von Navatina B., eindrücklich. Frau B. war eine erfolgreiche Teamleiterin eines mittelständischen Unternehmens und konnte sich bis zum Bruch ihres rechten Handgelenks im Jahr 2002 unter chronischen Schmerzen nicht viel vorstellen. Das sollte sich ändern - denn ihr Kampf um wirksame Schmerzmittel dauerte Jahre.
Doch lesen Sie selbst:”Ein Bruch des Handgelenks durch einen Unfall mit Inline-Skates im Sommer 2002 löste die Schmerzen aus. Obwohl der Bruch nach sechs Wochen wieder verheilt war, litt ich weiter unter starken, brennenden und stechenden Schmerzen sowie einem dumpfen Drücken und Pochen in der Hand. Es fühlte sich an wie Messerstiche. Oft hielten die Beschwerden den ganzen Tag an. Zeitweise konnte ich die Hand gar nicht einsetzen. Viele alltägliche Tätigkeiten fielen mir zunehmend schwer. Es war sehr umständlich, sich als Rechtshänderin mit der linken Hand die Zähne zu putzen. Mein persönliches Umfeld konnte nicht nachvollziehen, dass ich immer noch starke Schmerzen hatte. Zunächst reagierten die anderen mit Mitgefühl, doch Monate nach dem Unfall erwarteten sie, dass es mir gut geht. Also ging ich 14 Wochen nach dem Unfall wieder arbeiten. Als Teamleiterin im Kundenservice … arbeitete ich viel am Computer. Auch dabei schränkten die Schmerzen mich ein, zum Beispiel beim Bedienen der Computermaus. Doch das habe ich mir nicht anmerken lassen, denn die Kunden und meine Kollegen sollten nicht wissen, wie schlecht es mir ging. Also habe ich die Zähne zusammengebissen.”
Doch das war nur mit Schmerzmitteln möglich. Eine praktische Ärztin verschrieb Navanita B. ein schwach wirksames Opioid in Form von Tropfen. Um die Schmerzen so zu lindern, dass sie einigermaßen erträglich sind, nahm sie eine sehr hohe Dosis davon. Starke Nebenwirkungen waren die Folge. Navanita B. war müde, unkonzentriert und apathisch. Die ehemals aktive Frau zeigte kein Interesse mehr an ihren Hobbys und zog sich immer mehr zurück: „Ich war wie benebelt und habe mich zu Hause verkrochen.” Dennoch nahm sie die Tropfen mehrere Jahre lang ein. „Mir war klar, dass es so nicht weitergehen konnte”, so die heute 52-Jährige. Sie ging in ein Krankenhaus, das auf Handchirurgie spezialisiert ist. Dort schlugen ihr die Ärzte verschiedene Behandlungen vor. Doch die Operationsmethoden machten ihr Angst und deshalb lehnte sie diese Möglichkeiten ab. Trotzdem gab sie die Hoffnung auf Schmerzlinderung nicht auf.
Im Januar 2007 überwies sie ein Handchirurg zu dem Schmerztherapeuten Dr. med. Gerhard H. H. Müller-Schwefe. Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie e. V. und leitende Arzt des Schmerz- und Palliativzentrums Göppingen nahm sich für sie Zeit. „Dr. Müller-Schwefe war der erste, der meine Schmerzen ernst genommen hat”, sagt Navanita B. Er erklärte ihr, dass ihre Schmerzen chronisch seien. Ein derartiges Schmerzleiden entwickelt sich, wenn starke Schmerzen nicht frühzeitig und nicht wirksam behandelt werden. Dann reagieren die Nervenzellen überempfindlich und melden dem Gehirn Schmerzsignale, auch wenn die Ursache des Schmerzes nicht mehr besteht. Der Schmerz hat seine Warnfunktion verloren und ist zu einer eigenständigen Krankheit, der Schmerzkrankheit, geworden. In diesem Fall ist es notwendig, den Schmerz selbst zu therapieren.
Der Schmerzspezialist setzte die Opioid-Tropfen sofort ab. Er behandelte Navanita B. zunächst mit Stellatumblockaden. Dabei werden die Nervenknoten mit Spritzen örtlich betäubt, so dass Schmerzsignale nicht an das Gehirn weitergeleitet werden. Zudem verschrieb er ihr ein starkes, retardiertes Opioid. Der Begriff „retardiert” leitet sich vom lateinischen Wort „retardare” ab und bedeutet „verzögert”. Das Schmerzmittel setzt seine Wirkstoffe über zwölf Stunden frei, so dass eine gleich bleibende Menge des Wirkstoffs im Blut vorhanden ist und die Schmerzen konstant gelindert werden. Navanita Brucker nahm morgens und abends eine Tablette. Das Opioid ist eine Fixkombination aus den Wirkstoffen Oxycodon und Naloxon. Sie lindert effektiv die Schmerzen und ist sehr gut verträglich. Denn die Fixkombination erhält die normale Darmfunktion und verursacht so gut wie keine für Opioide typische Nebenwirkungen wie Verstopfung, Bauchschmerzen, Übelkeit und Schwindel.
Jetzt, fünfeinhalb Jahre nach dem Unfall, sorgte die Therapie mit Oxycodon/Naloxon für eine effektive Schmerzlinderung bei Navanita Brucker: „Die schmerzfreien Phasen sind immer länger geworden. Nur wenn ich die Hand über längere Zeit stark belaste, schmerzt sie anschließend.” So schläft sie nachts durch und startet morgens ausgeruht in den Tag. Auch mit Nebenwirkungen hat Navanita B. so gut wie keine Probleme. Weil sie nicht mehr müde ist und sich gut konzentrieren kann, macht ihr die Arbeit wieder Spaß. Auch in ihrer Freizeit ist sie aktiv und gerne in Gesellschaft. Da ihre Schmerzen stark nachgelassen haben und sie das Opioid mit der Wirkstoff-Fixkombination sehr gut verträgt, hat sie einen Großteil ihrer Lebensqualität zurückgewonnen. Wenn sie heute Kleidung trägt, die sie selbst genäht hat, ist sie in zweifacher Hinsicht stolz: zum einen auf ihre Handarbeits-Fähigkeiten und zum anderen auf ihr Durchhaltevermögen. „Kein Mensch mit chronischen Schmerzen muss sich mit seinem Schicksal abfinden. Die richtige Schmerztherapie ermöglicht eine annehmbare Schmerzlinderung. Ich bin das beste Beispiel dafür”, sagt Navanita B. lächelnd und man merkt ihr an, dass sie wieder mit Zuversicht in die Zukunft blickt.