Tägliche Zahnpflege, professionelle Prophylaxe und hochwertige Zahnversorgung haben dazu geführt, dass ältere Menschen heute mehr eigene Zähne besitzen als früher. In Deutschland sind nur 25% aller Senioren zwischen 64 und 74 Jahren zahnlos; im Durchschnitt haben noch 75% der Älteren die Hälfte ihrer eigenen Zähne, Brücken oder Implantate, die eine intensive Pflege erfordern.
Nach Eintritt in ein Altenheim, besonders bei Pflegebedürftigkeit, verändert sich diese Situation deutlich. Oft ist die tägliche Zahnpflege unzureichend oder unterbleibt ganz, professionelle Prophylaxe entfällt, so dass die eigenen Zähne oder Implantate verrotten. Behandlungen finden meist nur in Notfällen statt und haben oft die Entfernung des Zahnes zur Folge. Da Ersatz kaum noch möglich ist, gehen Kaufunktion, die zu einer Mangelernährung führen kann, und Lebensqualität verloren.
Seit 2002 betreut das Projekt „Teamwerk-Zahnmedizin für Menschen mit Behinderungen“ mit 2 Teams (jeweils 2 Prophylaxefachkräfte und ein Zahnarzt) 600 Menschen in 9 Pflegeheimen Münchens unter wissenschaftlicher Begleitung durch die Universität München.
Es zeigte sich nach 2 Jahren folgendes Ergebnis: Zu Beginn der Studie war bei 81% der Pflegebedürftigen die Mundpflege sehr schlecht; bei 76% dieser Personen konnte die Mundgesundheit erheblich verbessert werden. Bei den betreuten Personen traten seltener akute Schmerzen auf und es mussten 70% weniger Zähne gezogen werden als in der nicht betreuten Kontrollgruppe. Zum Erfolg trug wesentlich eine Schulung des Pflegepersonals und der Angehörigen bei.
Als Folge dieser Studie wurde das „Duale Konzept“ erarbeitet um den Heimbewohnern eine bestmögliche Versorgung bieten zu können; es besteht aus den beiden Modulen Prophylaxe und Versorgung. Prophylaxebeinhaltet die tägliche optimale Mundpflege in der Wohneinrichtung und die regelmäßige professionelle Pflege( 2x jährlich reinigen, Zahnstein entfernen, eventuell Lack auftragen ) durch ein mobiles zahnmedizinisches Team. Im Modul Versorgung sollen notwendige Behandlungen so weit wie möglich vor Ort von einem Patenzahnarzt vorgenommen werden. Für Notfälle und Behandlungen, die nicht in der Heimpraxis möglich sind, soll ein spezialisiertes Kompetenzzentrum bereit stehen ( in München ist es das Krankenhaus inHarlaching). Für die Verwirklichung dieses Projektes tritt die Bayerische Landeszahnärztekammer ein zusammen mit der Münchner Zahnklinik der Universität sowie der Gesundheitsbeirat der Stadt München. Unterstützung haben auch die gesetzlichen Krankenkassen zugesagt, sich aber noch nicht über einen finanziellen Beitrag geäußert. Die Zahl der Rückmeldungen auf eine Umfrage der Kammer unter den Zahnärzten, wer sich als Patenarzt für zahnmedizinische Betreuung in Senioreneinrichtungen zur Verfügung stellt oder wer Unterricht für das Pflegepersonal in den Heimen und an Berufsfachschulen für Alten- und Krankenpflege erteilen will, war erfreulich groß. Koordiniert werden diese Aktivitäten vom jeweiligen zahnärztlichen Bezirksverband – pro Bayerischen Regierungsbezirk gibt es einen -; Vorreiter für die anderen Bezirksverbände in Bayern ist der ZBV in München.
Ein bereits funktionierendes Modell der zahnmedizinischen Betreuung von Senioren wurde im Altenheim St. Josef, München vorgestellt. Dort steht seit 6 Jahren ein eingerichteteszahnärztliches Behandlungszimmer -in diesen Raum können sogar bettlägerige Patienten im Pflegebett gerollt werden – zur Verfügung. Regelmäßig werden 2 x wöchentlich zu festen Zeiten Sprechstunden von einem Zahnarzt abgehalten.
Für Pflegekräfte soll im September eine Schulung über tägliche Zahnpflege und Mundgesundheit starten. Über den finanziellen Ausgleich des Mehraufwandes bei derAltenheimbehandlungwird die Kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns mit den gesetzlichen Krankenkassen noch intensiv verhandeln müssen. Durch die Zusammenarbeit aller Beteiligten sollte es jedoch gelingen die noch vorhandenen Defizite in der zahnmedizinischen Versorgung von Bewohnern in bayerischen Senioreneinrichtungen zu beseitigen.