Die Idee, Schuhe mit linear angeordneten Rollen als Fortbewegungsmittel zu konzipieren ist überraschend alt. Eine Anekdote erzählt, dass der belgische Musikinstrumentenhersteller J. J. Merlin um das Jahr 1760 Schuhe mit “in line” stehenden Metallrollen baute und damit anlässlich eines Maskenballs am königlichen Hof in London Geige spielend über das Parkett rollte. Leider raste er damit letztlich in einen großen Spiegel, da er das Anhalten aus dem Lauf nicht berücksichtigte, ein Problem, dass auch heute noch vielen Skatern Schwierigkeiten bereitet.
Nachdem Eishockeyspieler aus den USA die Schuhe mit den “in einer Linie” angeordneten Rollen in den 80er Jahren für ihr Sommertraining entwickelten, wurde “Inline-Skating” bereits in den 90ern weltweit zur Trendsportart. Mit breiten Einsatzmöglichkeiten, einfach zu erlernenden Grundtechniken, “coolem” Image und gesundheitlichem Nutzen erfüllen die modernen Rollschuhe wichtige Kriterien der Fun- und Fitnessgesellschaft – genug jedenfalls, um eine Sportbewegung auszulösen.
Viele halten den Sport für sehr verletzungsträchtig. Das liegt unter anderem daran, dass die aggressivste Form dieses Sports gerne an öffentlichen Plätzen abgehalten wird. Hier springen Jugendliche über Rampen, rutschen Geländer hinunter und erschrecken Passanten. Aggressive Skater gelten als die jungen Wilden des Sports. Doch bei der Mehrzahl der Inline-Skater geht es wesentlich gemäßigter zu. Für sie steht Fitness und Spaß im Vordergrund, ein Ausdauertraining, bei dem es selten darum geht, Grenzen auszuloten.
So rekrutiert sich der Großteil der Skater heute aus der erwachsenen Bevölkerung, die mit dem Sportgerät eine gleichzeitig faszinierende und gesunde Methode entdeckt hat, sich fortzubewegen. Fitness-Skater machen rund 70 Prozent der neuen Rollschuh-Begeisterten aus. Ein deutlich geringerer Anteil entfällt auf das Inline-Hockey als Mannschaftssport (etwa 15 Prozent), das “Aggressiv-Skating” mit akrobatischen Einlagen (rund 10 Prozent) und auf das “Speed-Skaten” mit Sprintstrecken und Marathons (etwa 3 Prozent).
Statistiken zum Inline-Skating sind mit Vorsicht zu interpretieren. Die meisten Skater betreiben ihren Sport außerhalb organisierter Strukturen, ohne Verein oder Leistungskontrolle. Aus Verkaufszahlen können grobe Rückschlüsse auf die Zahl der Skater gezogen werden, die diesen Sport einmal ausprobiert haben. Niemand weiß aber, wie viele Skates im Schrank stehen und wie viele regelmäßig benutzt werden. Unstrittig ist jedoch, dass unter den Skatern die Fitness-Skater die größte Gruppe ausmachen.
I.Fitness-Skating: Hier wird die Sportart als spaßbetontes Ausdauertraining betrieben. Im Vergleich zu den etablierten Ausdauersportarten Laufen und Radfahren ist die Herz-Kreislauf-Belastung und die Belastung des Bewegungsapparates geringer. Die Anforderungen an Koordination, Kraft und Beweglichkeit aber bleiben. Damit bietet sich moderates Skaten als präventiver Ausdauersport an, nicht nur für junge und sportliche Menschen, auch für Adipöse oder konditionell Schwache ist das moderate Rollentraining geeignet.
II. Speed-Skating: Durch die Medien ist vor allem der Stadt-Marathon mit Inline-Skatern bekannt geworden. Hier geht es weniger um Bestzeiten. Dabei sein ist alles. Offizielle Wettkämpfe und nationale Meisterschaften beim echten Speed-Skating dagegen werden in der Regel auf speziell abgesicherten Strecken ausgetragen, über Distanzen von 100 m bis zur Marathon-Strecke. Speed-Skates haben eine längere Schiene mit mehr Rollen. Das verbessert den Geradeauslauf, dafür wird Kurvenfahren erschwert. Wenn man so will, fahren Speed-Skater fast ausschließlich “schnell und geradeaus”. Beim Sprint erreichen Spitzenläufer Geschwindigkeiten von bis zu 60 km/h. Noch höhere Geschwindigkeiten realisieren Athleten bei riskanten Downhill-Rennen, die teilweise in Bobbahnen durchgeführt werden.
III. Aggressive-Skating: Jugendliche haben hier eine eigene Disziplin entwickelt, die sich eng an die Akrobatik mit Snow- oder Skateboards anlehnt. Beim Street-Skating werden Sprünge mit variantenreichen Drehungen ausgeführt, zu denen auch das “Grinden” oder “Schleifen” der Skates über Geländer und Treppenstufen gehört. Skateranlagen mit Halbröhren von mehreren Metern Länge und Durchmesser (Halfpipes), Sprungschanzen und “Grindrails” sollen die Jugendlichen von den Straßen holen. Halfpipe-Skating verlangt ein Höchstmaß an Koordination, Kraft und Beweglichkeit.
IV. Inline-Hockey: Inline-Skates wurden als Sommervariante der Hockey-Schlittschuhe entwickelt. So verwundert es nicht, dass Inline-Hockey sich als eigenständige Disziplin mit festem Regelwerk etabliert hat. Die Ausführung ähnelt dem Eishockey.
Bei der Frage nach den Risiken des Sports muss sicher zwischen den verschiedenen Disziplinen unterschieden werden. Doch selbst dann lässt sich das Verletzungspotential aus Mangel an evidenzbasierten Statistiken nicht seriös mit anderen Sportarten vergleichen. Es gibt weder Angaben über die genaue Zahl der aktiven Skater, noch über die Intensität, mit der dieser Sport im Durchschnitt betrieben wird. So könnte man höchstens Inline-Hockey mit Feld- oder Eishockey vergleichen oder Freizeit-Skating mit Schlittschuh-Laufen. Asphalt aber wiederum hat andere Untergrundeigenschaften als Eis. Unfälle und Stürze verlaufen anders.
Der gesundheitliche Nutzen der modernen Rollschuhwelle ist dagegen unumstritten. Und mit geeigneter Schulung und Schutzausrüstung lassen sich viele Verletzungen verhindern.