Die Einladung war so ungewöhnlich wie unerwartet. Die Thermen von Aix-les-Bains gälte es zu entdecken und natürlich nicht nur sie, sondern auch Stadt und Umland hätten einiges zu bieten. Kurz - eine unendlich abwechslungsreiche Gegend harre meiner Erforschung. Klingt gut, oder? Doch Moment mal, Aix-les-Bains, wo bitte ist denn das genau?
Am südöstlichen Rand von Frankreich, dort, wo man fast noch in der Schweiz und mit dem anderen halben Bein doch schon in Italien steht. In jener historienschweren Gegend, die als Savoyen wesentlich mehr Menschen bekannt sein dürfte, als unter dem Begriff Rhône Alpes. Savoyen stellte die italienischen Könige und sein Prinz Eugen bewahrte als Maria-Theresianischer Feldherr seine Kaiserin vor dem Einfall der Türken in Wien. Und es war ein Savoyarde, der Bayern zu jenem modernen Staat formte, der er heute ist. Maximilian Joseph Graf von Montgelas, wichtigster Minister des ersten bayerischen Königs von Napoleons Gnaden.
Doch halt, damit genug der geschichtlichen Reminiszenzen. Wenden wir uns lieber dem Jetzt und Heute zu - oder versuchen wir es zumindest. Denn in Aix-les-Bains begegnet uns die royale Vergangenheit auf Schritt und Tritt, sozusagen hinter jeder Strassenecke lauert die Geschichte. So steht das heutige Rathaus auf einem römischen Tempel und beherbergt neben der Stadtverwaltung auch ein interessantes kleines Museum mit römischen Artefakten. Königin Victoria, einst allgewaltige Herrscherin über das britische Empire, liebte ihre Bade-Kuren in den savoyischen Bergen. Über Jahre hinweg besuchte sie, und mit ihr der gesamte britische Hochadel samt kontinentalem Jet-Set, Aix-les-Bains während der Sommermonate, logierte in seinen vielen mondänen Hotelpalästen. Victoria fühlte sich hier so wohl, dass sie an den Hängen der Chambotte einen königlichen Sommersitz errichten wollte.
Umschlungen vom Lac du Bourget auf der einen und dem Mont Revard auf der anderen Seite, gekrönt vom ewigen Eis des Mont Blanc und gewärmt von den heilenden Wassern des Jura bietet die, sowohl von Lyon als auch von Genf, schnell erreichbare, zweitgrößte Stadt Savoyens für jeden Geschmack etwas. Ihren Gästen stehen nicht nur fast hundert Hotels sondern auch zahlreiche möblierte Ferienwohnungen in nahezu allen Preisklassen zur Verfügung.
Während die Palast-Hotels der Belle Epoque einen Grossteil des vergangenen Jahrhunderts im Dornröschenschlaf verbrachten und heute auf finanzkräftige Investoren hoffen, blühte das Geschäft mit der Spielleidenschaft auch in den schlechtesten Zeiten. Das Casino Grand Cercle, eines der schönsten Frankreichs, wurde 1850 von König Victor Emmanuel von Italien eröffnet. Unter seiner grandiosen Jugendstilkuppel, geschmückt mit einem aus 3,5 Millionen kleinen Glaswürfeln bestehenden Salvati-Mosaik, die in einen goldenen Hintergrund eingelassen sind, flaniert auch tagsüber Alt und Jung und vorwiegend Weiblich, bewaffnet mit überdimensionalen Pappbechern für 1-5 Cent-Stücke und gibt sich der trügerischen Hoffnung hin, den schmalen Geldbeutel mit ein bisschen Glück aufbessern zu können.
Neben stets umlagerten Slot-Maschinen werden alle Casino-Klassiker wie Roulette, Baccara, Poker, Black Jack usw. angeboten. In den ganz im Stil der überbordenden Belle Epoque gehaltenen Sälen findet sich nicht nur ein 900 Plätze fassendes Theater, sondern auch eine Pianobar, ein irisches Pub sowie ein Nachtklub. Wer von all der Pracht und dem monotonen Klicken der ratternden Spielautomaten genug hat, kann sich einem Kunstgenuss der ganz besondern Art hingeben. Die Parkgarage des Casinos ist eine Sehenswürdigkeit für sich und wüsste man nicht sicher, dass man in Frankreich ist, so könnte man sich in die Wüste Nevadas versetzt fühlen. Vom Ägyptischen Königsgrab über das finstere Mittelalter bis hin zum Western Saloon - man kann sich aussuchen in welchem Zeitalter man seinen fahrbaren Untersatz parken möchte. Detail verliebt in die Geschichte schuf man ein Gesamtkunstwerk Tiefgarage. Man muss es einfach gesehen haben!
Christine ist Savoyardin mit Leib und Seele und als Stadtführerin in Aix-les-Bains lässt sie keine Gelegenheit aus, um mir die Einzigartigkeit des Ortes und seiner Umgebung mitzuteilen. Die heimelige Kleinstadt, in der schon lange Wasser eine Hauptrolle spielt, besitzt nämlich zahlreiche Schätze die es am besten zu Fuß zu entdecken gilt. Und Christine ist ein Fan von Dr. Faure, dessen Museum mit seiner sehenswerten Impressionisten-Sammlung sowie, man mag es kaum glauben, den mehr als dreißig Skulpturen von Rodin ihr besonders am Herzen liegt. Die Sammlung des Doktors enthält u.a. Gemälde von Corot, Boudin, Jongkind, Cézanne, Sisley, Pissaro, Fantin-Latour, Degas, Bonnard, Vuillard, Marquet und Fougita. Außer den Gemälden gibt es auch zahlreiche Skulpturen von Carpeaux, Degas und - natürlich - vor allem Rodin zu bewundern, mit dem Doktor Faure eng befreundet war. Von seinen Werken begeistert, kaufte er ihm nicht weniger als 33 Stücke ab: Mit Ausnahme des “Denkers” erwarb er den ganzen Zyklus der “Höllenpforte” (!) die die Fassade des Museums für dekorative Kunst in Paris schmücken sollte. Büsten wie die von Danielli oder Manon Lescaut und ausdrucksstarke Skulpturen wie “Der gehende Mann” und grazil sich in den Hüften wiegende Gestalten.
Der im Sommer bis zu 26°C warme Lac du Bourget schmiegt sich mit seinen Ufern an die kleine Stadt, verleiht ihr ein mediterran geprägtes Mikroklima, bietet an seinen unberührten Gestaden zahlreichen Vögeln einen sicheren Nistplatz. Am Westufer krönt die Abtei von Hautecombe den See. Bereits im XII. Jahrhundert erbaut, wurde sie der letzter „Wohnsitz” für 42 Mitglieder des Hauses Savoyen. Die einst den Benediktinern gehörende Abtei mit ihren über 300.000 Besuchern jährlich, wird heute von der Gemeinschaft des Chemin Neuf verwaltet. Der nicht nur bei italienischen Royalisten beliebte Ausflugsort kann im Sommer von Aix-les-Bains mit dem Schiff erreicht werden. Da Aix-les-Bains mit 1.100 Liegeplätze in drei Häfen für die zahlreichen Segel- und Motorboote der Sportbegeisterten genügend Anlauffläche bietet, ist der See vor allem im Sommer ein wahres Wassersport-Eldorado.
Unweit der Abtei Hautecombe laden die Weinkeller der Region Chautagne Weinliebhaber zu einer Entdeckungsreise ein. In der Cave de Chautagne erwartet den Besucher ein lehrreicher Parcours durch den Weinbau in der Region und er erfährt vieles über den Mineralgehalt der hiesigen Böden, Rebsorten und Anbauarten. Vor allem schärft der Rundgang durch dieses hervorragend didaktisch gegliederte kleine Museum die Sinne des Besuchers, deren Wahrnehmungsvermögen er mit Hilfe verschiedener Gerätschaften testen kann. Und zum Schuss gilt es natürlich jene Weine zu verkosten, über deren Entstehung man gerade vieles gelernt hat.
Nur knapp 20 Autominuten von Aix-les-Bains entfernt erhebt sich der Mont Revard über der Stadt und dem See, bildet sozusagen als erster Faltenwurf der Voralpenkette, die Grenze des Parc Régional des Bauges, (Hochburg des berühmten Käses mit Namen “Tome de Savoie”). Ein Panoramarundblick bietet Sicht auf die gesamte Mont-Blanc-Kette. Das wunderbarerweise von der Zivilisation verschont gebliebene Plateau du Revard wurde zum “Ort von nationalem Interesse” erklärt. Dank seines Süd-West-Gefälles verzeichnet es eine maximale Sonneneinstrahlung sowie für diese Höhe ungewöhnliche Schneeverhältnisse. Der Mont Revard stellt mit über 150 km Loipen das größte französische Gebiet für nordische Skisportarten dar. Man kann dort auch Spaziergänge auf Schneeschuhen oder Ausflüge mit dem Hundeschlitten oder dem Schneemobil unternehmen, ohne dabei einer Menschenseele zu begegnen. Auf den Revard führen auch zahlreiche Seilbahnen und Skilifte, die alpines Skilaufen durch einen Tannenwald ermöglichen, der sich über dem See erhebt. Das ganze Jahr über können die Wanderer dort auf markierten Wegen über Almen, weite Lichtungen und durch hundert Jahre alte Fichten- und Laubwälder spazieren. In einem hochgelegenen Garten wachsen typische Pflanzenarten des Mittelgebirges. Bei seinen Ausflügen kann der Spaziergänger, ganz nach Lust und Laune, den Wald entdecken oder auf den Almen, die regionale Produkte anbieten, einkehren.
Bereits im Jahr 1783 gegründet, haben es die Thermes Nationaux von Aix-les-Bains verstanden, sich neuen Anforderungen anzupassen. Persönlich gehaltene Behandlungen mit mehr als 25 unterschiedlichen Behandlungsformen, die Ausbildung des Personals sowie die gesicherte Qualität des Thermalwassers und die Forschung zeugen von der Dynamik und Professionalität des gesamten Personals. Die Errichtung der Thermes Chevalley mit seinem imposanten Gebäude belegt, dass ein bekanntes und anerkanntes Know-how Neuerungen nicht entgegensteht.
Aix-les-Bains, Stadt des Wassers und der Fitneß, hat sich gleich mit mehreren Einrichtungen auf die Balneotherapie spezialisiert. Anti-Streß-, Schönheits- und Schlankheitskuren stehen jedermann offen und werden von Krankengymnasten, Kosmetikerinnen und Sportanimateuren betreut. Schon in den ersten Tagen werden Sie die wohltuende Wirkung der Behandlungen spüren.
Das schwefelhaltige, fettreiche, vor allem für Massagen hervorragend geeignete Thermalwasser der Thermes d´Aix-les-Bains zählt zum sulfidischen, kalziumhaltigen Wasser, ist in seiner Zusammensetzung je nach Entnahmestelle verschieden und kann dank zweier Bohrungen nach oben gepumpt werden:
Die erste, mit dem Namen Königin Hortensia, wird im Park der Thermen in 1.100 m Tiefe durchgeführt. Dank ihr kann eine Versorgung mit 80 Kubikmetern pro Stunde erreicht werden.
Die zweite befindet sich am Standort der Villa Chevalley. Sie erreicht eine Rekordtiefe von 2.200 m bei einer Temperatur von 70°C und ist ein Garant für außergewöhnlich reines Wasser.
Zusätzlich zur Balneotherapie bietet das Programm: Drucktherapie, Algentherapie, Wärmetherapie, Massagen, kosmetische Behandlungen, Musiktherapie … Zwischen zwei Sitzungen können Sie sich im Schwimmbad, im Gymnastikraum oder im Hammam entspannen.
Das natürliche, reine und hoch schwefelhaltige Wasser von Marlioz, mit einer Temperatur von rund 18° C, gilt vor allem bei Patienten mit Atemwegs- und Mundschleimhautkrankheiten als Geheimtipp, denn es verfügt über entzündungshemmende, infektionsverhindernde, antiallergische, antitoxische und oxidationshemmende Eigenschaften.. Das Thermalwasser von Marlioz reinigt und massiert die infizierten Schleimhautstellen, sein hoher Schwefelgehalt läßt die Atemschleimhaut abschwellen, revitalisiert sie und stellt ihre Funktionen wieder her.
Der gediegenen Rahmen sowie die effiziente Behandlungen, mit hervorragenden Erfolgen vor allem bei Kindern und Berufstätigen, bietet all jenen, die in minimaler Zeit maximale Heilung erfahren wollen, den richtigen Rahmen. Diese Synergie kommt auch bei Raucher-Entwöhnungskuren, die sich seit etwa zehn Jahren bewähren, zur Anwendung. Zwischen den Behandlungen bietet vor allem der lauschige Park des Domaine de Marlioz mit dem Centre Phytomer einen wunderbaren Platz zum Entspannen.
Das mit seinen 73 Zimmer seit 1976 zur Kette Relais du Silence zählende Hotel Le Manoir, ehemals Marstall eines der grossen Grand Palace Hotels, ist zweifelsohne eines der romantischten Hotels, welche die kleine Kurstadt zu bieten hat. Erhöht über Stadt und See thronend- und dennoch von deren Zentrum zu Fuss in weniger als 10 Minuten erreichbar - bietet es, neben individuell und dennoch komfortabel eingerichteten verwinkelten Zimmern, ein hevorragend geführtes Restaurant, ein gut besuchtes Spa. Sein lauschiger Garten ist Heimstatt zahlreicher Vögel, die den Gast mit ihrem Gezwitscher erfreuen. Wer Zentrumsnah und dennoch individuell wohnen möchte, ist hier bestens aufgehoben, zumal die Thermes Natinonaux zu Fuss in wenigen Minuten erreichbar sind. Im Hotel tagen auch regelmässig die verschiedensten UNO-Kommissionen aus dem nahen Genf, weshalb man vorbestellen sollte.
Weniger romantisch, dafür jedoch mit den Segnungen der modernen Technik ausgestattet, präsentiert sich das Hôtel Adelphia am Hafen von Aix. Von seinen Zimemrn hat man nicht nur den besten Ausblick auf den Mont Revard, sondern auch auf den Dent du Chat am gegenüberliegenden Ufer. Das frisch renovierte Wellness-Zentrum des 5*Hauses umfasst über 2000 qm, 30 Kabinen für Schönheitsanwendungen, Sauna, Hamman, Solarium sowie einen Fitnessraum und ist vor allem bei den meist jungen Hotelgästen sehr beliebt (an Wochenenden empfiehlt sich dringend eine Reservierung nicht nur für das Hotelzimmer, sondern auch für die Anwendungen).
Weiter Informationen und Auskünfte erteilt das Tourismusbüro von Aix-les-Bains, in dem übrigens auch hervorragend Deutsch gesprochen wird (fragen Sie einfach nach Laurie).