Dieser Trend begann mit der Neuentdeckung des Jakobweges nach Santiago di Compostella, der durch verschiedene Veröffentlichungen von prominenten Wanderern für viel Publicity sorgte. Aber man muss nicht unbedingt eine Flugreise nach Rom oder Spanien antreten, um das eindrucksvolle Erlebnis einer Pilgerwanderung genießen zu können. Auch in unseren Breitengraden gibt es wundervolle ehemalige Wallfahrtsorte, die ihre einstigen Pilgerwege wieder erschlossen und sie den modernen Anforderungen angepasst haben. Dieses Erlebniswandern, wie es mitunter auch genannt wird, kann sowohl aus religiösen Gründen, aber auch aus Naturverbundenheit gepaart mit sportlichen Aspekten interessant sein. Dabei kann jeder den Grad der Herausforderung selbst bestimmen, indem er Länge und Zeitraum der Pilgerwanderung fexibel gestaltet und auch das Fortbewegungsmittel kann variieren, von Boot zu Fahrrad - Mountain Bike oder E-Rad – oder klassisch zu Fuß.
Im späten Mittelalter war man überwiegend per pedes unterwegs, eventuell mit Pferd oder Kutsche, was sich aber nur höher gestellte Bürger leisten konnten.
Am Wolfgangsee wurde nun der Weg der Wallfahrer, die auf den Spuren des heiligen Wolfgang zu Tausenden von Fürberg bei St. Gilgen über den Falkenstein nach St. Wolfgang pilgerten, wieder aktiviert und mit 24 Erlebnispunkten beschildert. Dieses Kultur- und Naturerlebnis ist deshalb so einmalig, weil der Heilige an alten Kultstätten der Kelten christliche Missionen errichtet und damit St. Wolfgang als vierten bedeutenden Wallfahrtsort neben Rom, Einsiedeln und Santiago di Compostella etabliert hat. Im Laufe der Jahrhunderte erlebte die Region ein Auf und Ab in ihrer Wallfahrtsgeschichte; Von großer Blütezeit und Reichtum hin zu Armut und Vergessenheit sowie Zerstörung durch Feuersbrände. Heute ist der Wolfgangsee mit seinen Hauptorten St. Gilgen, St. Wolfgang und Strobl ein viel besuchtes und weltweit bekanntes Ferienziel, nicht zuletzt durch die in Theater, Operette und Film berühmt gewordene Hotellerie des „Weissen Rössl“.
Um den 924 geborenen Wolfgang, der 973 zum Bischof von Regensburg geweiht wurde, ranken sich viele Legenden und sein wundertätiges Wirken war im Mittelalter Anlass für bis zu 70.000 Pilgerreisen jährlich. Um einer Bürgerfehde in Regensburg zu entkommen, zog Wolfgang in das Kloster Mondsee, das zu seinem Bistum gehörte und lebte einige Zeit als Einsiedler auf dem Falkenstein, der über dem Wolfgangsee zwischen St. Gilgen und St. Wolfgang aufragt. Von dort oben soll er sein Beil – in Österreich Hackl genannt – ins Tal geschleudert haben mit dem Versprechen, dort eine Kirche zu bauen, wo das Beil auftreffe.
Und so entstand die Kirche in St. Wolfgang durch den „Hacklwurf“ und auch um deren Bau ranken sich Legenden vom Heiligen und dem Teufel.
Heute ist die Wallfahrtskirche als Endpunkt der Pilgerwanderung ein äußerst lohnendes Ziel und ihre Besichtigung, am besten unter fachkundiger Führung, ein absolutes Muss. Die gotische Hallenkirche aus dem 15. Jahrhundert mit ihren barocken Anbauten beherbergt den berühmten Flügelaltar von Michael Pacher, der zu den bedeutendsten Kunstwerken der Spätgotik gezählt wird.
In der Mitte der Kirche erinnert ein schmiedeeisernes Gitter an die Stelle, an der das von Wolfgang erbaute Kirchlein gestanden haben soll. Der dort aufgebaute Altar von Schwanthaler ist ebenso sehenswert wie der Pacher´sche Flügelaltar.
Vor der Kirche ist ein Pilgerbrunnen aus dem Jahre 1515 zu bewundern, der aus Glockenmetall geschaffen wurde und sowohl die Wallfahrer als auch die Anwohner mit Wasser versorgte.
Der moderne Pilger muss kein Brunnenwasser mehr trinken, er kann sich entlang des Pilgerweges durch die einheimische Gastronomie verwöhnen lassen. Von bodenständiger Esskultur bis hin zur Haubenküche ist alles geboten und auch Bier, Schnäpse und Liköre werden in der Region gebraut und destilliert. Das Europa-Benediktinerkloster Gut Aich liegt am Pilger-Wanderweg bei St. Gilgen und ist eine Einkehr wert, sowohl zur besinnlichen Besichtigung als auch zum Erwerb klostereigener Heilkräuter und Kräuterliköre.
Zahlreiche Gasthöfe und Hotels bieten Unterkunft und Erholung für müde Wanderer, für jeden Geschmack und jeden Geldbeutel findet sich eine Möglichkeit der Einkehr.
Wer Romantisches liebt, sollte unbedingt „Im Weissen Rössl am Wolfgangsee“ sein Quartier aufschlagen. Das seit nunmehr fast einhundert Jahren in Familienbesitz befindliche traditionsreiche Haus verwöhnt seine Gäste nicht nur mit seinem Service und seiner wunderbaren Küche, sondern bietet auch allen Wasserfreunden ideale Bedingungen. Neben dem schwimmenden Seebad mit seiner ganzjährig konstanten Temperatur von 30 Grad gibt es seit einem Jahr noch einen ebenso im See schwimmenden Whirlpool ( für immerhin acht Personen), übrigens der erste seiner Art in Europa. Diese Einrichtungen ergänzen die Badefreuden im See optimal, zumal bei kühleren Temperaturen oder ermöglichen zur Winterzeit das Baden im Freien.
Das Pilgern ist im modernen Tourismus angekommen, da viele Erholungssuchende erkannt haben, dass Wanderungen auf historischen Pfaden in abwechslungsreicher und schöner Umgebung fern vom hektischen Alltag auch innere Ruhe vermitteln können und eine Hinwendung zur Natur und der geruhsamen Fortbewegung bedeuten. Besonders für Familien bietet sich das gemeinsame Erlebnis an, zumal die Wege angenehm zu begehen sind, mit kleinen Herausforderungen am Falkenstein beim Auf- und Abstieg,, die jedoch auch per Boot umschifft werden können Weniger Geübte lernen so auch die Schönheit einer Pilgerwanderung kennen und wer damit noch nicht genug hat, kann vom Mondsee aus oder gar von Regensburg an den Wolfgangsee starten.
Eine Wandergruppe aus Altöttimg pilgert Jahr für Jahr zu Fuß nach St. Wolfgang und macht so das Wallfahren wieder zu einem Bestandteil unserer modernen Kultur. Es ist in jedem Fall einen Versuch wert, auch wenn man bescheiden anfängt, zum Beispiel von St. Gilgen nach St. Wolfgang pilgert , an den Gedenkstätten innehält, sich früherer Zeiten erinnert und einige besinnliche Ruhemomente im hektischen Alltag genießt.