Das Tal der Nomaden – so wurde das Val d’ Anniviers früher genannt. Denn bis vor etwa einhundert Jahren war das Eifischtal – ein Seitental des Rhonetals – ein Tal, dessen Einwohner beständig in Bewegung waren. Im Frühjahr zogen die Bergbauern aus den hochgelegenen Dörfern wie Chandolin, Zinal und St-Luc allesamt hinunter ins Tal, um dort ihre Gemüsegärten und Rebhaine zu bestellen, danach zogen die Dörfler - samt Kindern, Pfarrer, Lehrer, Kuh und Geiß - wieder nach oben. Im Herbst wiederholte sich das Spiel – spätestens, wenn die Weintrauben geerntet wurden. Die besondere Lage des Val d’ Anniviers – so der französische Name des Eifischtals, das jenseits des sogenannten Röstigrabens lieg und in dem deshalb überwiegend französisch gesprochen wird – lockt heute Nomaden anderer Art: Sommerfrischler und Bergsteiger, Wanderfreunde und Familien mit Kindern finden im Val d’ Anniviers ein Stück ursprüngliche Schweiz. Kleine Bergdörfer, mit dunklen Holzhäusern prägen das Bild; ebenso wie die typischen Waliser Stadeln, die sogenannten Raccard, an deren Stelzfüßen Steinplatten angebracht wurden, damit sich die Mäuse nicht am Kornvorrat und am Trockenfleisch vergreifen konnten. Der Ort Grimentz, an der Westseite des Tals gelegen, gehört zu den schönsten Bergdörfer der gesamten Schweiz. Die meisten Besucher freilich wollen höher hinaus. Eine fünftätige Rundwanderung von Sierre über Chandolin, Zinal und Vercorin führt den ambitionierten Bergwanderer einmal rund um das gesamte Tal - und ermöglicht spektakuläre Ein-und Ausblicke ins Eifischtal und auf die umliegende Bergwelt.
Oberhalb von St-Luc stoßen Bergfexen plötzlich auf ein Metallobjekt, das im ersten Augenblick fast wie ein Ufo anmutet. Doch halt – die große, von zwei Ringen umgebene stählerne Kugel, die im hellen Sonnenlicht blitzt und funkelt, stellt den Planeten Saturn dar. Der Hintergrund: Hier, in über 2000 Meter Höhe, wurde vor wenigen Jahren ein von Künstlern gestalteter, sechs Kilometer langer Planetenweg angelegt. Ein astronomischer Lehrpfad, der sowohl im Sommer wie auch im Winter – dann am besten mit Schneeschuhen – begangen werden kann und besonders bei Familien mit Kindern äußerst beliebt ist. Der Ausgangspunkt des wohl am schönsten gelegenen
Planetenwegs Europas ist, wie könnte es anders sein, die Sonne selbst - und zwar in Gestalt einer großen ebenerdig angelegten Sonnenuhr. Von hier aus sind die einzelnen Planeten im maßstabgetreuen Abstand und auf einer Strecke von insgesamt sechs Kilometern verteilt: Jedem Meter, den der Wanderer zurücklegt, entspricht eine Million Kilometer im Kosmos. So verbindet sich herrliche Fernsicht mit spielerischem Lernen. Selbst das Anfassen der sehenswerten Metallskulpturen ist durchaus erlaubt.
Die ersten vier Planeten – Merkur, Venus, Erde und Mars – sind schnell erreicht. Sie liegen auf einem Wegstück von weniger als 300 Metern Länge. Sonderlich beeindruckend sind die kleinen Metallskulpturen freilich noch nicht. Denn nicht nur der Abstand der Planeten, auch ihre Größe orientiert sich an der Wirklichkeit: Ein Zentimeter Durchmesser beim Modell entspricht 1000 Kilometern Durchmesser in der Realität. Und so erinnert der Planet Mars hier kaum an den römischen Kriegsgott: Mit knapp sieben Zentimeter Durchmesser wirkt das Kügelchen nicht furchteinflößend, sondern mickrig. Da hat Jupiter, auf den wir nach etwa 765 Metern stoßen, schon ein ganz anderes Kaliber: Die auf einer kleinen Anhöhe gelegene Metallkugel wartet mit einem Durchmesser von rund 1,4 Metern auf. Ein imposanter Anblick – noch dazu vor einem faszinierenden Bergpanorama. Denn der gesamte Planetenweg verläuft auf einer Höhe von 2200 bis 2.500 Metern und ermöglicht den Blick auf die Gipfel der sogenannten Kaiserkrone – einer Kette von fünf schneebedeckten Viertausendern, die sich hinter dem Val d’ Anniviers erheben: dem Weisshorn, dem Zinalrothorn, dem Obergabelhorn, dem Bishorn und dem Dent-Blanche.
Doch der Sternenerkundungsweg ist keineswegs nur für passionierte Bergwanderer gedacht. Er eignet sich auch hervorragend für einen Wandernachmittag zusammen mit Kindern – schließlich ist die Ausgangsstation des Planetenwegs, vor der aus anschließend nur etwa 300 Meter Höhenunterschied überwunden werden müssen, von St-Luc aus mit einer Standseilbahn (Funiculaire), die bis zur Bergstation Tignousa fährt, bequem zu erreichen.
Nachdem wir Jupiter hinter uns lassen, wachsen die Abstände zwischen den Planenten. Gut 600 Meter sind es nun bis zum Saturn, mit seinen mächtigen Ringen schon von Weitem einen Blickfang. Das Ende unserer Wanderung erreichen wir schließlich nach etwa eineinhalb Stunden – doch mit seinen drei Zentimeter Durchmesser hat Pluto, der knapp sechs Kilometer vom Anfang des Weges entfernt zu finden ist, nicht einmal die Größe eines Hühnereis.
Der sehenswerte Planetenweg oberhalb von St-Luc ist aber längst nicht die einzige Möglichkeit, sich hier, inmitten der Schweizer Bergwelt, mit Astronomie zu beschäftigen. Ebenfalls lohnenswert: ein Besuch im Observatorium Francoix-Xavier Bagnoud. Hier, nur wenige Meter vom Beginn des Planetenwegs entfernt,findet sich das größte öffentlich zugängliche Teleskop der Schweiz: Ein computergesteuertes 600-mm-Spiegelteleskop, das den Besuchern Einblick in fremde Galaxien ermöglicht. Durch seine Berglage eignet sich das Observatorium gut für die nächtliche Sternenbeobachtung. Nicht unbedingt, weil man hier dem Himmel ein paar Hundert Meter näher ist. Die abgeschiedene Lage hat einen anderen, gravierenden Vorteil: Es gibt weniger Streulicht, das die Fernsicht behindert.
Schweiz Tourismus
Internet: www.MySwitzerland.com
Auskünfte zum Planetenweg und zum Observatorium erhalten Sie bei: Office du Tourisme
Internet: www.saint-luc.ch
Internet : www.ofxb.ch
Informationen zum Val d’Anniviers und zu den Wandermöglichkeiten im Tal erhalten Sie bei: Sierre-Anniviers Tourisme Internet: www.sierre-anniviers.ch
Das Verkehrsbüro in Sierre bietet von Juni bis Ende Oktober auch 6-tägige Komplettpakete mit Val d’Anniviers-Wanderungen an, bei denen Übernachtung, Verpflegung und Gepäcktransport inbegriffen sind.