Der Ausblick ist fantastisch. Freie Sicht rundherum auf die Dächer der größten Schweizer Stadt, auf Kirchtürme, Parks und die Hügelketten, die ihrem Ausdehnungsdrang ein wenig Einhalt gebieten. Nur den Zürichsee, den sieht man nicht. Dazu müsste man schon aufstehen und sich ein wenig recken. Doch wer will das schon, wenn man so schön gemütlich im warmen Wasser liegt und nicht weiß, ob man die Augen schweifen lassen oder ob man sie schließen soll, um nur träge das Dasein als Amphibienmensch zu genießen. Die Wasseroberfläche schließt bündig mit der Dachkante ab, was einen seltsamen Schwebeeffekt hervorruft. Unter Wasser sind verschiedene Liege- und Sitzflächen geschaffen, mit und ohne Luftsprudler, die einen sanft massieren. Das Bad unter freiem Himmel befindet sich auf dem Dach des ehemaligen Sudhauses der Brauerei Hürlimann. Nur fünf Tramstationen von der quirligen Bahnhofsstraße entfernt, stellt das Thermalbad und Spa Zürich eine entspannte und entspannende Alternative zum regen Geschäftsleben dar.
Bis vor einigen Monaten gab es in Zürich noch kein Thermalbad, obwohl die Stadt über mehrere Thermalquellen verfügt. Historisch gesehen hängt das mit der Ablehnung des Badevergnügens durch den strengen Reformator Zwingli zusammen, für den öffentliche Badeanstalten Orte möglicher Ausschweifungen waren. Auch heute hängt im nagelneuen Bad ein Schild, auf dem die Besucher gebeten werden, auf Zärtlichkeitsbezeugungen zu verzichten. Die Badewelt ist auf dem Gelände und in den alten Gewölbekellern der ehemaligen Brauerei Hürlimann untergebracht. Als vor vielen Jahrzehnten der Konkurrent Feldschlösschen bei einer Bohrung auf seinem Gebiet „reines“ Wasser fand – ideal zum Bierbrauen – entschloss sich auch Hürlimann, in den Gesteinsschichten am Sihlberg, in dessen Hang sich seine Kühlkeller hineinfraßen, nach Wasser zu bohren. Die Geologen wurden in 500 m Tiefe fündig und förderten 28 Grad warmes Wasser, angereichert mit vielen Mineralien, zu Tage. Weniger geeignet, um ein gutes Bier zu brauen, aber bestens zur Erholung der Städter. Mussten die Bierbrauer damals das Wasser noch entmineralisieren, genießen es die Zürcher nun, wie es ist, höchstens noch um ein paar Grad wärmer. Mehrere große hölzerne Becken, die den ehemaligen Bierbottichen nachempfunden sind, laden zum Baden und Entspannen ein. Das gedämpfte Licht in den alten steinernen Gewölben schafft eine ganz besondere Atmosphäre, die den Alltag schnell vergessen lässt. Im irisch-römischen Spa locken Blüten- und Kräuterdampfbäder, verschiedene heiße Bäder und Entspannungszonen. Zum Abschluss und quasi als Kontrastprogramm empfiehlt sich das Bad auf dem Dach der Anlage. Man fährt mit dem Aufzug in den obersten Stock, steigt noch einige Treppenstufen hinauf, lässt sich ins dunkle Wasser gleiten und schwimmt dem Licht entgegen. Hat man die Schleuse passiert, kann man nur noch staunen und gucken. „Zwischen Himmel und Erde“, seufzt ein Neuankömmling und sucht sich ein Plätzchen am Rand des Daches. Gut, dass die Badezeit nicht beschränkt ist.
Kein Limit in der Auswahl gibt es auch im Restaurant Hiltl, wenn man mittags das geradezu ausufernde Buffet betrachtet. Rund hundert Gerichte sind hier zu finden, die der Gast nach Lust und Laune auf seinem Teller zusammenstellen kann. „Unser Buffet-Angebot wird sehr stark nachgefragt“, erzählt der Chef Rolf Hiltl. Daneben lässt auch die Speisekarte keine Wünsche offen, vom Zürcher Geschnetzelten über Curry-Gerichte bis hin zum lauwarmen Schokoladenkuchen mit Chili – und das alles ausschließlich vegetarisch. Das Hiltl hat in der Branche einen geradezu legendären Ruf, denn es ist das älteste vegetarische Restaurant Europas. Dabei ist es kein bisschen angestaubt oder altbacken, im Gegenteil: Das Hiltl hat sich unter der Führung des Gründer-Urenkels zum Lifestyle-Lokal entwickelt, in dem man leicht und lecker essen kann, am Abend in der Bar-Lounge sich mit Freunden trifft und danach bei Clubmusik sogar tanzen kann.
Angefangen hat alles Ende des 19. Jahrhunderts, als sich der bayerische Schneidergeselle Ambrosius Hiltl in Zürich niederließ. Da er unter Gelenkrheuma litt, riet ihm sein Arzt dringend, auf Fleisch zu verzichten. Also besuchte er des öfteren das 1898 vor den Toren der Stadt in der heutigen Sihlstraße eröffnete „Vegetarierheim und Abstinenz-Café“. 1903 fragte man ihn, ob er nicht die Geschäftsführung des kränkelnden Betriebs übernehmen könne. Ein Jahr später kaufte er ihn. Ambrosius Hiltl, der sein Rheuma längst losgeworden war, heiratete die streng vegetarisch lebende Köchin Martha Gneupel und gründete eine Familiendynastie, die sich fortan den fleischlosen Genüssen verschrieb. Eine Generation später reiste seine Schwiegertochter Margrith als offizielle Vertreterin der Schweiz zum Welt-Vegetarierkongress nach Indien, wo sie viele indische Gerichte kennenlernte, deren Rezepte sie mit nach Zürich brachte. Wenn es auch einige Zeit dauerte, bis sich die indische Küche durchsetzte – die Köche im Lokal weigerten sich anfangs, mit so exotischen Zutaten wie Curry, Kurkuma und Kardamom zu kochen – so macht sie heute doch einen wesentlichen Teil der Speisekarte aus. Gut hundert Jahre nach der Gründung des Restaurants hat sich das Image des Vegetariers gründlich geändert, erklärt Rolf Hiltl: „Wir sind aus der Körnerpickerecke heraus. Der moderne (Teilzeit-)Vegetarier ist ein Feinschmecker, der gesundes Essen mit Genuss kombiniert.“ Deshalb gehört für den 46-Jährigen auch ein gutes Glas Wein zum Essen. Als er 1993 erstmals Alkohol im Lokal einführte und damit die Zeit des ehemaligen „Abstinenz-Cafés“ endgültig beendete, war seine Großmutter über diesen Schritt zunächst entsetzt. Doch inzwischen hat sich die lässige und entspannte Kombination zwischen fleischlosem und trotzdem lustvollem Genießen längst durchgesetzt. Wer meint, auf den Geschmack und die Konsistenz von Fleisch nicht verzichten zu können, dem empfiehlt der Chef Zürcher Geschnetzeltes, Cordon Bleu oder „Beef Tartar“ – alles natürlich vegetarisch mit Tofu und nach einem eigens ausgetüftelten Rezept kreiert. Der Laden brummt, und wem das Essen geschmeckt hat, der kann im angeschlossenen Kochatelier die Zubereitung der Vegi-Kost für zu Hause lernen.
Nach dem Essen tut ein Spaziergang gut und wenn man den hoch oben in herrlicher Landschaft mit Ausblick auf den Zürichsee machen kann, umso besser. Also ab mit der Bahn auf den Hausberg Zürichs, den Uetliberg. Auf 871 m ü.M. öffnet sich ein Plateau mit herrlicher Rundumsicht über Stadt, See und die in der Ferne thronenden Berge der Alpen. Einer der ausgeschilderten Wanderwege verläuft oben auf dem Bergrücken entlang zum Felsenegg, einem weiteren Aussichtspunkt, von dem eine Gondelbahn zurück ins Tal führt. Höchst abwechslungsreich zieht sich der Weg durch Wälder und an sonnigen Almen entlang und wem das Wandererlebnis allein nicht reicht, der kann sich auf der Strecke sogar weiterbilden: Der Weg ist dem Sonnensystem gewidmet, d.h. es handelt sich um eine maßstabsgerechte Verkleinerung der Strecke von der Sonne bis zum Pluto. Jeder Meter hier auf der Erde entspricht einer Million Kilometer im All. Bis zum Felsenegg kommt man auf diese Weise an allen Planeten vorbei, was für Wandermuffel eine zusätzliche Motivation sein mag. Noch geruhsam eine Pause auf der Terrasse des Panorama Restaurants genießen, dann bringt einen die Gondelbahn wieder zurück in die Hektik der Stadt.
Informationen: Thermalbad & Spa Zürich, Brandschenkestr. 150, 8002 Zürich, www.thermalbad-zuerich.ch. Mit der Tram-Linie 13 Richtung Albisguetli fahren, an der Haltestelle Waffenplatzstraße aussteigen, von dort 5 Minuten Fußweg. Der Eintritt ins Thermalbad kostet 32 CHF.
Restaurant Hiltl, Sihlstr. 28, 8001 Zürich, Tel. 044 227 70 00, www.hiltl.ch. Öffnungszeiten Mo-Mi 6.00-24.00 Uhr, Do-Sa 6.00-4.00 Uhr, So 8.00-24.00 Uhr, Sonntags- Brunchbuffet 9.30-15.00 Uhr
Die Uetlibergbahn S10 fährt am Wochenende alle 20 Minuten ab Zürich Hauptbahnhof, an den Wochentagen alle 30 Minuten. Die Fahrt auf Zürichs Hausberg dauert 20 Minuten. Empfehlenswertes Restaurant auf dem Uetliberg: Uto Kulm, Gratstrasse, 8143 Uetliberg/Zürich, Tel. 044 457 66 66, www.utokulm.ch. Täglich geöffnet von 8.00 bis 23.00 Uhr.
Panorama-Restaurant Felsenegg, Felsenegg1, 8143 Felsenegg, Tel. 044 710 77 55, www.felsenegg.com, Öffnungszeiten wochentags und samstags 11.00-22.00 Uhr, am Sonntag 10.00-18.00 Uhr.
Weitere Informationen über Zürich unter der Internetadresse www.zuerich.com. Buchung und Beratung für die gesamte Schweiz unter der kostenfreien Telefonnummer 00800 100 200 30. www.MySwitzerland.com