Über die kosmetische Aspekte des Älterwerdens und den Nutzen von sogenannten Anti Aging Cremes haben wir Prof. Dr. med. Wolf-Ingo Worret von Dermatologischen Klinik der TU München befragt:
gesundheit.com: Herr Professor Worret, es geht um die Anti-Aging-Behandlung der Haut. Vorneweg die Frage: Nutzt eine solche Behandlung überhaupt etwas?
Worret: Jede vernünftige Hautpflege lässt die Haut jünger und gesünder erscheinen im Gegensatz zu ungepflegter Haut.
gesundheit.com: Ab welchem Alter sollte man Anti-Aging Hautpflegemittel verwenden?
Worret: Ab 25 Jahren fängt die Haut an zu altern. Aber hier sind wir schon beim Begriff „alte Haut” der in Deutschland verpönt ist. Wörtlich übersetzt aus dem Englischen heißt es aber „gegen das Altern”. Bei uns muss man aber „reife Haut” sagen. Außerdem ist dies individuell verschieden. Die Anti-Aging-Präparate heißen auch „üppige Cremes”, das heißt, sie sind besonders gehaltvoll. Ab wann man diese benötigt, hängt vom Hautzustand ab. Der kann bei manchen mit 40 Jahren schon schlecht sein, bei anderen erst mit 60.
gesundheit.com: Welche Inhaltsstoffe sollten in diesen Pflegecremes enthalten sein?
Worret: In diesen üppigen Cremes ist vor allem ein hoher Fettanteil. Das ist nicht immer sinnvoll. Viel wichtiger ist Feuchtigkeit. Dafür stehen Inhaltsstoffe wie Hyaluronsäure, Kollagen oder anderes. Neuerdings werden auch Stoffe wie Kaviar oder Lamea verwendet, die ebenfalls Feuchtigkeit binden sollen.
gesundheit.com: Stimmt die Aussage: “Der Kostenfaktor der Anti-Aging-Cremes erklärt sich durch die teuren Wirkstoffe und die Forschungsarbeiten der Herstellerfirmen, die nach immer besseren Methoden zur Vorbeugung gegen Hautalterung suchen. Sehr günstige Cremes weisen meistens eine zu geringe Konzentration der genannten Inhaltsstoffe auf, sodass die erwünschte Wirkung ausbleibt.” ?
Worret: Das stimmt nicht, denn mehr als für den Gegenwert von etwa drei Euro an Wirkstoffen bekommt man beim besten Willen nicht in einen Cremetopf hinein. Höhere Preise sind nur gerechtfertigt bei teuren Ölen, sind aber hauptsächlich bedingt durch die soziale Komponente. Einer teuren Creme in einer schönen Verpackung wird mehr zugetraut als einer preiswerteren in einer Plastikdose. Man hat auch das Gefühl, mit der teuren Creme mehr für seine Haut getan zu haben.
gesundheit.com: Dann stimmt wohl die Behauptung der Stiftung Warentest, dass im Schnitt Anti-Aging-Cremes nicht besser sind , aber auch nicht schlechter als andere Tagescremes?
Worret: Das ist im Kern richtig.
gesundheit.com: Kann man den Alterungsprozess der Haut mit effektiveren Methoden aufhalten? Wir denken an Peeling, Laser, Botox und anderes, was derzeit gefragt ist wie nie?
Worret: Laser ist eigentlich out, da die Begleiterscheinungen zu stark sind, es geht zuviel Haut kaputt. Es soll zwar jetzt andere Laser geben, die unter der Haut wirken, aber auch deren Nutzen ist fraglich. Der Trend geht heute eher zu Peeling.
Das bedeutet zum einen Stress für die Haut, aber zum anderen braucht die Haut diese Herausforderung ab und zu, so wie zum Beispiel ein schwaches Herz auch Bewegung braucht und nicht nur absolute Ruhe. Das weiß man ja mittlerweile.
gesundheit.com: Bei welchen Falten wird welche Methode empfohlen?
Worret: Peeling hilft vor allem bei sogenannten Lichtalterungsfalten, auch Knitterfältchen genannt, die durch viel Aufenthalt im Freien oder zuviel Sonneneinwirkung entstehen.
Bei Gravitationsfalten, die durch das Nachlassen der Hautelastizität entstehen - die Erdanziehung zieht die schlaffe Haut nach unten - hilft nur Lifting, also das Wieder-nach oben -ziehen der Haut. Die Zornesfalten, die durch Muskelüberaktivität kommen, wie zum Beispiel an Stirn und Mundpartie können mit Botolinumtoxin behandelt werden.
gesundheit.com: Was ist mit den Nasolabialfalten?
Worret: Während Botolinumtoxin bei Stirnfalten absolut konkurrenzlos sein dürfte, hilft es bei den Nasolabialfalten praktisch überhaupt nicht. Diese muss man mit einem sogenannten Filler behandeln. Das heißt, man füllt die Falten mit entsprechenden Substanzen auf.
gesundheit.com: Kollagen wird ja bekanntlich aus Rinderhäuten gewonnen. Besteht eine Gefahr, sich dadurch mit BSE zu infizieren?
Worret: Das war einmal ein heißes Thema, aber heute fragt da niemand mehr danach. Aber es bestand damals wie heute keine Gefahr, da erstens der Kollagengehalt in Kosmetika so minimal ist, und zweitens die Eiweißbestandteile nur aus großen Molekülen bestehen, die nicht in den Organismus eindringen können.
gesundheit.com: Als Resumée kann man also festhalten, dass eine gute Hautpflege nie verkehrt ist, ganz gleich, in welchem Alter. So kann man die Hautalterung vielleicht etwas verzögern und muss nicht schon relativ früh zu anderen Methoden wie Lifting oder Botox greifen.
Worret: Sie sagen es. Man soll bei der Auswahl der Pflegeprodukte durchaus auf bewährte Qualität setzen und dabei auf die persönliche Hautstruktur achten. Produkte mit einem breiten Angebot für die verschiedenen Hautarten eignen sich besser zur individuellen Hautpflege als Produkte, die für jede Haut als ideal gepriesen werden. Mit einer guten Kosmetikserie aus der Apotheke kann man wenig falsch machen.
gesundheit.com: Herr Prof. Worret, wir bedanken uns für das informative Gespräch.