Autor: Christian Schünemann (Autor), Jelena Volic (Autor)
Verlag: Diogenes
Seiten: 0
ISBN-10: 3257069979
ISBN-13: 9783257069976
Preis: EUR 22.00
Maiglöckchen stehen an der Belgrader Straße, wo einst ein kleiner Roma-Junge von zwei Jugendlichen zu Tode geprügelt wurde. Einer der beiden Täter kam damals in Haft, der andere konnte fliehen. Nach fünfundzwanzig Jahren kehrt der Geflüchtete nach Belgrad zurück, stellt sich seiner Vergangenheit und wird kurz darauf tot an der Donau aufgefunden. Selbstmord, behauptet die Polizei und stellt die Ermittlungen ein. Der Anwalt des Toten und Kriminologin Milena Lukin stehen vor einem Rätsel. Bis sie auf ein Indiz stoßen, das sie zu einem Mord führt, der einst das Schicksal eines ganzen Landes bestimmte.
Ein Mann ist nach Belgrad zurückgekehrt, um sich seiner Vergangenheit zu stellen: Als Sechzehnjähriger hatte Jurij Pichler zusammen mit seinem Freund Luca im Rausch einen kleinen Roma-Jungen zu Tode geprügelt. Während Luca sieben Jahre Haft verbüßte, wurde Jurij von seinen Eltern außer Landes gebracht. Nun ist er zurück und möchte mit seiner Frau ein normales Leben führen. Anwalt Stojković übernimmt den Fall und rechnet mit einer milden Strafe. Kurz darauf wird Jurij tot am Donauufer aufgefunden. Selbstmord, behauptet die Polizei und schließt die Akten. Unmöglich, entgegnet sein Anwalt und beginnt, zusammen mit Milena Lukin zu recherchieren. Wer ist hier Opfer, wer Täter? Eine späte Rache der Roma-Angehörigen? Und warum wollte Jurij seinen alten Kumpan Luca, inzwischen ein erfolgreicher Geschäftsmann, kurz vor seinem Tod wiedersehen? Und da ist noch ein rätselhaftes Indiz. Auch es weist in die Vergangenheit, allerdings in die eines ganzen Landes, das durch einen Mord einen großen Hoffnungsträger verlor. Soweit die Beschreibung des Verlags zum vorliegenden Buch.
Gestatten Sie, liebe Leser, uns eine eigene Rezension - weniger auf die Details, als auf das große Ganze eingehend: Serbien will in die EU – doch wer kennt Serbien schon wirklich? Für alle jene, die Jugoslawien noch unter Tito kannten, für jene, die nur den schrecklichen Bruderkrieg der einst friedlich in Jugoslawien lebenden Ethnien im Gedächtnis haben, aber auch für alle ganz Jungen, die mit all der Historie nicht viel anfangen können, ist das Buch ein leicht zu lesendes Lehrstück – über jene Zeit, die sie gar nicht kennengelernt haben. Die Geschichte tröpfelt so vor sich hin, die Protagonistin Milena Lukin kämpft mit der immer noch Tito liebenden Mutter, mit dem heranwachsenden Sohn, der den deutschen Vater anbetet, aber seine serbische Mutter samt bestimmender Oma ebenso nicht missen möchte, mit mehreren Jobs gleichzeiitg und einem Partner, von dem man nicht so recht weiß, welche Rolle er wirklich in ihrem Leben spielt.
Maiglöckenweiß erzählt den Mord an einem Zigeunerjungen vor mehr als 25 Jahren, nicht wirklich spannend, aber durch die immer wieder eingeflochtene Geschichte Serbiens, doch so spannend, dass man das Buch zwar manchmal genervt (oder gelangweilt) zur Seite legt, aber dann doch wieder mit dem Lesen fortsetzt, schließlich sollte es ja irgend wann ein Happy End geben. Gibt es aber nicht – was bleibt sind viele Fragen. Aber vielleicht ist es gerade das, was das Autorenduo ja bezwecken möchte – man setzt sich auseinander mit Serbien, mit seiner Vergangenheit und natürlich auch mit seiner Gegenwart.
Christian Schünemann, geboren 1968 in Bremen, studierte Slawistik in Berlin und Sankt Petersburg, arbeitete in Moskau und Bosnien-Herzegowina und schreibt auch als Storyliner und Drehbuchautor. Er lebt in Berlin. Jelena Volić, geboren in Belgrad, lehrt dort Neuere deutsche Literatur- und Kulturgeschichte. Sie ist Mitarbeiterin in diversen Foren, die sich mit Serbien im europäischen Einigungsprozess befassen, und Expertin für deutsch-serbische Beziehungen. Sie lebt in Belgrad und Berlin.