Säuglinge und Kleinkinder können es noch: Sie essen wenn sie Hunger haben und hören auf, wenn sie satt sind. Sie reagieren auf ihre inneren Signale. Zu diesen Signalen gehört auch die angeborene Vorliebe für süße Lebensmittel, zu denen z. B. die Muttermilch zählt. Nach dem Stillen bleibt die Vorliebe für Süßes bestehen. Kleinkinder bevorzugen süßliche Gemüsearten und auch bei vielen Erwachsenen ist diese Vorliebe noch vorhanden.
Im Säuglings- und Kleinkindalter ist der Hunger-Sättigungsmechanismus noch gut ausgeprägt und die Kinder richten sich danach. Daher sind Kinder im Säuglings- und Kleinkindalter in der Lage, ihre Nahrungsbedürfnisse einzuschätzen und sich vielseitig zu ernähren.
Im Kindes- und Jugendalter werden diese angeborenen Signale zunehmend überlagert durch Umwelt und Lernerfahrungen. Dazu zählen z. B. vorgegebene Essenszeiten, die Regulierung der Essmenge durch Erwachsene, Werbung und vor allem die Gewöhnung. Kinder lernen Vorlieben, indem sie mit bestimmten Lebensmitteln in Kontakt kommen (=Kontaktlernen). Fachleute nennen das den “mere exposure effect”, was bedeutet, dass wir solche Lebensmittel gerne mögen, die wir durch häufigeren Verzehr kennen. Dieser Effekt lässt sich ausnutzen, indem Kindern bestimmte Speisen immer wieder angeboten werden.
Untersuchungen belegen, dass Kinder häufig ähnliche Vorlieben und Abneigungen haben, wie ihre Eltern. Unbekanntes Essen akzeptieren Kinder leichter, wenn auch die Eltern davon essen. Ab dem Kindergartenalter orientieren sich die Kinder am Essverhalten anderer Kinder und Erwachsener. Sie essen dann auswärts oftmals Speisen, die sie zu Hause niemals essen würden.
Häufig versuchen Eltern, die Kinder mit beliebten Speisen für das Essen weniger gefragter Gerichte zu belohnen. Kinder durchschauen aber meist den Erpressungsversuch der Eltern. Die unbeliebte Speise wird dadurch noch unbeliebter, denn sie versperrt den Weg zum geliebten Essen. Kinder werden oft mit Süßigkeiten getröstet, wenn es ihnen nicht gut geht oder wir gerade keine Zeit für sie haben. Das Kind hat gelernt: mit Essen und vor allem mit Süßigkeiten kann ich mich wieder wohl fühlen.
Kinder verlernen ihren angeborenen Hunger-Sättigungsmechanismus, wenn sie über ihren Hunger hinaus “aufessen” müssen. Sie sollten deshalb lernen, nur soviel auf den Teller zu nehmen, wie sie auch essen können und kleinere Portionen bevorzugen.
Ältere Kinder und Jugendliche orientieren sich nicht mehr an den Essgewohnheiten der Eltern. Sie essen verstärkt das, was Gleichaltrige mögen.
Erwachsene steuern ihr Essverhalten überwiegend rational. Sie essen was gesund ist und verzichten bewusst auf bestimmte Lebensmittel. Auf ihr Hunger und Sättigungsgefühl zu hören, haben sie meistens verlernt.