Asbestose, besser bekannt als Staublunge gilt schon seit Mitte der dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts als Berufskrankheit. Verboten wurde der todbringende Baustoff jedoch erst 1993. Aber, Asbest ist noch immer in zahlreichen Gebäuden verbaut.
Dipl.-Ing. Martin Kessel kennt die Gefahren, die von Asbest ausgehen und auch, wie man die Risiken minimieren kann. “Es gibt Schätzungen, dass etwa 3.000 Produkten im Baubereich Asbest zugesetzt wurde. Und zwar seit etwa 1880. Häufig entsteht der Eindruck, es sei ein Problem der Nachkriegsjahre, aber Asbest wurde auch schon früher genutzt”, sagt er. Asbest gehe daher alle an. In wenigen eindeutigen Fällen lassen sich Asbestbelastungen durch visuelle Prüfung identifizieren. Ansonsten gilt es, qualifiziert Proben zu nehmen und zu analysieren. “Dabei dürfen bei der Probenahme keine Fasern freigesetzt werden, es muss immer gehandelt werden, als sei Asbest im Material vorhanden.”
Asbest gehört zu den natürlich vorkommenden Stoffen und bezeichnet verschiedene silikathaltige Mineralfasern. Sowohl in der Luft, im Wasser und in der Erde kann er gefunden werden, allerdings in so niedrigen Konzentrationen, dass eine Belastung damit kaum eine Bedrohung für eine menschliche Erkrankung darstellt. Aufgrund seiner Hitze- und Struktureigenschaften erfreute er sich jahrzehntelang größter Beliebtheit als Bau- und Schiffsbaumaterial, in Automobilbremsen und auch für Textilien.
Asbestfasern können jedoch tief in die Lunge eingeatmet werden, wo sie nicht nur Narben verursachen, sondern auch zu einer Versteifung der beiden Hautschichten führen, welche die Lunge abdecken (Brustfell bzw. Pleura). Solche gutartigen Versteifungen werden Pleuraplaques genannt.
Asbestose führt zu einer starken Einschränkung der Lungenfunktion und senkt deutlich die Lebensqualität. Ein weiterer Faktor sind unterschiedliche Krebserkrankungen, die in Zusammenhang mit Asbest stehen. Kessel sagt: “Wenig bekannt ist, dass diese Zahlen seit Jahren nicht rückläufig sind, wie viele es nach dem Verbot in den 1990ern erwartet haben. Sondern die Zahlen steigen noch und es ist kurzfristig auch keine gegenteilige Entwicklung zu erwarten. Denn wir bauen zu Dreivierteln im Bestand und das heißt wir arbeiten in vielen Gewerken in potenziell belasteten Bauwerken.”
In Deutschland gibt es laut dem VDI-Experten knapp 1.600 Asbesttote jedes Jahr. “Und hier sprechen wir nur von denen, die als Berufskrankheit anerkannt wurden. Das heißt, die Dunkelziffer liegt um ein Vielfaches höher, schätzungsweise bei rund 15.000.” Ihm ist es unverständlich, dass wir warum wir “wahnsinnig viel Geld in den Brandschutz stecken, obwohl nur wenige Hundert Tote im Jahr zu beklagen sind und kaum etwas für das Bannen der Gefahren vor Asbest tun, obwohl in der EU jährlich 70.000 Menschen an den Folgen sterben”.
Für die Baubranche heißt das zuallererst: Informieren, informieren, informieren und ernst nehmen! In allen Gewerken! “Ordentlich erkunden, die Gefahren kennen und fachgerecht mit Asbest umgehen – das ist der einzige Weg, verantwortungsvoll mit diesem tödlichen Thema umzugehen.”
Lungenerkrankung