Eine chronische Mandelentzündung war lange der Schrecken vieler Kinder - denn meist ist die Entfernung der Plagegeister unumgänglich und dieser Eingriff war oft die erste kindliche Bekanntschaft mit dem Krankenhaus. Heute wird die Entfernung der Mangeln jedoch vielfach ambulant durchgeführt.
Quälende Halsschmerzen, massives Unwohlsein, Fieber und ein ekeliger Geschmack nach Eiter im Mund sind Begleiterscheinungen. Im Spiegel kann jeder, wenn er den Mund nur ordentlich aufreißt, selbst die angeschwollenen Mandeln mit einem dicken Eiterpfropf sehen.
Gerade im Kindesalter sind unsere Mandeln DAS Hauptabwehrorgan - es gibt Rachen-, Tuben-, Gaumen- und Zungenmandeln. Zusammen bilden diese Tonsillen den so genannten Waldeyer’schen Rachenring. Sie erreichen in der Pubertät ihr größtes absolutes Volumen und atrophieren/schrumpfen danach im Erwachsenenalter langsam.
Unsere Mandeln sind ein wichtiger Teil unseres Immunsystems. Sie fangen Erreger ab, die den Atmungs- oder den Verdauungstrakt bedrohen. Gerade ihre Lokalisation am Anfang beider inneren Organsysteme machen sie dafür zu den absoluten Spezialisten!
Eine Entzündung der Gaumenmandeln bezeichnet der Arzt als Tonsillitis. Oftmals entstehen nach einer Entzündung und nach Therapie mit Antibiotika Wucherungen, die das Immunorgan anwachsen lassen und den Patienten unter Schluckbeschwerden und Entzündungssymptomen leiden lassen.
So muss der Arzt und der Betroffene meist spätestens nach 3 - 4 kurz hintereinander auftretenden Mandelentzündungen entscheiden, ob eine Operation von Nöten ist.
In Deutschland hat sich bisher keine einheitliche Indikationsstellung zum operativen Entfernen der Gaumenmandeln etabliert, ob teilweise Tonsillotomie oder vollständig Tonsillektomie. Die Operationshäufigkeiten unterscheiden sich regional bisweilen erheblich. Auch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen IQWiG hat im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) untersucht, ob die Tonsillotomie Vorteile bietet. Demnach stehen sich kurzfristige Vorteile und langfristige Nachteile der Tonsillotomie im Vergleich zur Tonsillektomie gegenüber:
Die Wissenschaftler kommen zum gleichen Ergebnis: „Die Tonsillotomie ist innerhalb der ersten beiden Wochen mit weniger Schmerzen sowie Schluck- und Schlafstörungen verbunden. Nachwachsendes Gewebe kann nach einer Tonsillotomie aber Nachteile mit sich bringen: So kann es auch Jahre nach einer Tonsillotomie wieder zu Entzündungen der Gaumenmandeln kommen. Deshalb kann auch eine erneute Operation notwendig werden“.
„Meiner Mutter (Jahrgang 1940) wurden Mitte der 1940er Jahren die Mandeln bei vollem Bewusstsein ohne Narkose mit gewaltigen Zwangsmaßnahmen durch Krankenschwestern und ihrer Mutter gekappt - diese Erfahrung muss sicherlich heute kein Kind mehr über sich ergehen lassen, obwohl dies damals durchaus üblich war. Sie kann heute noch davon erzählen! Mit knapp 60 mussten ihr dann doch nach sicherlich dreißig bis vierzig regelmäßig diagnostizierten Mandelentzündungen die Mandeln operativ entfernt werden. Und in diesem Alter kann dies ein Risiko aufgrund anderer Erkrankungen sein.
Mir selber (Jahrgang 1967) wurden die Mandeln mit 4 Jahren operativ entfernt, weil sie wohl zu groß und oft entzündet waren; dazu war ich ein schlechter Esser. In den 1970er Jahren war dies dann ein normales Prozedere. Seit dem bekomme ich mindestens einmal jährlich eine massive Bronchitis.
Meine Tochter (Jahrgang 1995) hatte ebenfalls eine Mandelentzündung im Kindergartenalter. Sie wurde mit einem Antibiotikum therapiert und wir als Eltern haben für dieses Immunorgan gekämpft. Dennoch hatte sie im Kindesalter 2 Lungenentzündungen und heute auch noch regelmäßig eine Bronchitis; allerdings keine Mandelentzündung mehr“.
Es ist unseres Erachtens dringend notwendig, die Vor- und Nachteile einer Mandeloperation egal, ob Tonsillotomie oder Tonsillektomie weiterhin zu erforschen. Es geht dabei nicht nur um kurzfristige Beeinträchtigungen, sondern um langfristige Einschätzungen des Immunsystems!
Immunsystem