Entzündungen können nahezu in allen Organen unseres Körpers auftreten. Ob in Leber, Gallenwege, Gefäße, Haut, Augen oder sogar im zentralen Nervensystem, wenn im Blut ein erhöhten Spiegel des Antikörpers Immunglobulin G4 (IgG4) festgestellt wird, sind Entzündungsreaktionen die Folge.
Mittlerweise weiß man, dass bei diesen, als IgG4-assoziierte Erkrankungen bezeichneten Reaktionen, eine Fehlfunktion des Immunsystems vorliegt. Doch deren Ursachen sind noch immer nicht abschließend erforscht. Immerhin wurden diese Entzündungen vor einigen Jahren als eigenständiges Krankheitsbild definiert.
Die Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM) hat dazu nun eine Erklärung zum besseren Verständnis verfasst.
Immunglobuline G (IgG) sind wichtige Bestandteile des Immunsystems, deren Aufgabe unter anderem darin besteht in den Körper eingedrungene Viren oder Bakterien zu bekämpfen. „Speziell das Immunglobulin G4 (IgG4) kann sich – im Zusammenspiel mit anderen Zellen – jedoch auch gegen den eigenen Körper richten. „Dann kommt es zu Entzündungen, die die Selbstheilungskräfte nicht mehr unter Kontrolle haben“, erklärt Professor Dr. med. Ulf Müller-Ladner, Vorsitzender der DGIM 2022/2023. Diese Entzündungen können ein oder mehrere Organe oder das umliegende Bindegewebe betreffen und dort Fibrosen verursachen, bei denen das Organ nach und nach seine spezifische Funktion verliert und zum Schluss ganz in vernarbendes Bindegewebe umgewandelt wird. „Bei IgG4-assoziierten Entzündungen haben diese Fibrosen feingeweblich eine Struktur, nur sind nicht alle betroffenen Organe einer Probenentnahme zugänglich“, so der Internist und Rheumatologe.
Die durch IgG4 ausgelösten Entzündungen können in nahezu jedem Organ des Körpers auftreten – vom Auge über die Schilddrüse bis hin zu den Verdauungsorganen – und je nach betroffenem Organ unterschiedliche Symptome hervorrufen können. „Bei einem Befall der Bauchspeicheldrüse können die Anzeichen von einer diffusen Schwellung bis hin zur Entwicklung eines Diabetes mellitus reichen. Bei einem Befall der Hauptschlagader dagegen macht sich die Entzündung durch eine Verdickung der Gefäßwände, Aneurysmen und den entsprechenden Durchblutungsstörungen bemerkbar“, so der Experte.
Was man heute weiß, ist dass ein frühes Erkennen über Therapieerfolge dieser, zu den seltenen Erkrankungen zählenden Krankheiten, entscheidend ist. „Die Dunkelziffer dürfte dabei deutlich höher (als die bekannte Zahl 1:100.000) liegen, da bei viele Patientinnen und Patienten die Erkrankung noch nicht richtig kategorisiert ist“, so Müller-Ladner. Oft erfolgt die richtige Diagnose erst spät, weil die Krankheit so schwer zu erkennen ist. In vielen Fällen haben die Betroffenen dann schon irreversible Organschäden erlitten. „Ein wichtiger Merksatz kann Ärztinnen und Ärzten aller Fachrichtungen helfen: IgG4-assoziierte Erkrankungen können bei allen ungeklärten Entzündungsvorgängen und Fehlfunktionen von Organen – vor allem in Verbindung mit vermehrter Bindegewebsbildung – vorliegen“, so der Internist.
Da die Forschung stetig neue Erkenntnisse zu den IgG4-assoziierten Erkrankungen hervorbringt, sind die empfohlenen Therapiemöglichkeiten einem ständigen Wandel unterworfen. Derzeit ist zunächst eine Therapie mit Glukokortikoiden das Mittel der Wahl. „Diese führen meist zu einer raschen Besserung der Entzündung. Anschließend erfolgt eine gründliche Diagnostik aller Organe, um die Schwere der Erkrankung abzuschätzen und weitere Behandlungsschritte zu planen.“ Im Therapieverlauf können auch Immunsuppressiva und weitere Therapien zum Einsatz kommen. „Spricht der Organismus gut auf die Medikamente an, lässt sich die Organfunktion oft wiederherstellen“, sagt Müller-Ladner.
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