Das graue Schmuddelwetter sorgt für Verstimmung und die Dunkelheit legt sich wie Staub auf die Seele. Unabhängig von jahreszeitlich bedingten Depressionen und Ängsten steigt die Zahl der Gemütserkrankungen in den Industrieländern. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte schon vor Jahren, dass Depressionen den zweiten Platz nach Herz-Kreislauf-Leiden in der Liste der häufigsten Erkrankungen einnehmen könnten.
In der Behandlung seelischer Dysbalancen haben sich Pflanzenwirkstoffe bewährt. Doch wie und wann wird welches Kraut eingesetzt und wo sind die Grenzen?
Bereits im 17. Jahrhundert wurden die positiven Eigenschaften von Johanniskraut gegen den “Dämon der Schwermut” beschrieben. Wie kaum eine andere wurde die Heilpflanze in den letzten Jahrzehnten untersucht. Ihre Wirksamkeit ist klinisch nachgewiesen und ihr wichtigster Inhaltsstoff - Hyperforin - wirkt antidepressiv, angstlösend, belebend und ausgleichend. Gute Erfolge zeigt Johanniskraut bei der Winter-, Wechseljahr- und Altersdepression. Von der Winter- oder Lichtmangeldepression sind 10% der Bevölkerung - überwiegend Frauen - betroffen. Sie tritt von November bis März auf und äußert sich durch Antriebsschwäche, Traurigkeit, Unwohlsein, Süßhunger und verstärktes Schlafbedürfnis. Nach neuen Studien verbessert Johanniskraut die Lern- und Gedächtnisleistung, findet Anwendung bei Spannungskopfschmerzen und der Behandlung des Burn-out-Syndroms. Darunter leiden in erster Linie Frauen mit Doppelbelastungen durch Beruf und Familie. Sie fühlen sich überfordert, erschöpft und ausgebrannt.
Handelsübliche Präparate enthalten hoch konzentrierten Johanniskraut-Extrakt. Er ist auf einen bestimmten Wirkstoffgehalt eingestellt = standardisiert. Die üblicherweise verordnete Dosis beträgt dreimal täglich 300 Milligramm. Johanniskraut ist gut verträglich. Selten kommt es zu Magen-Darm-Beschwerden oder allergischen Reaktionen. Die mit der Einnahme einhergehende Lichtempfindlichkeit verbietet Sonnenbäder. Werden Kontrazeptiva, blutverdünnende Medikamente oder bestimmte Antibiotika eingenommen, sollte vor einer beabsichtigten Johanniskraut-Therapie unbedingt ärztlicher Rat eingeholt werden. Bei schweren Depressionen ist Johanniskraut ungeeignet!
Die beruhigende und angstlösende Wirkung von Kava-Kava ist seit mehr als 200 Jahren bekannt. Sie wird auf die Inhaltsstoffe der Wurzelknolle des Rauschpfeffer-Strauches mit seinen Kavapyronen zurückgeführt. In Polynesien verwenden die Eingeborenen seit Jahrhunderten einen wässrigen Auszug von Kava-Kava zu therapeutischen, sozialen und rituellen Zwecken. Die entspannende Wirkung geht vom Inhaltsstoff Kavain und weiteren Substanzen aus. Der therapeutischen Nutzen kommt allerdings nur dann zur Geltung, wenn der Extrakt mindestens 70% Kavain mit den notwendigen Begleitstoffen enthält. Kava-Kava wirkt nicht berauschend; ganz im Gegenteil, die geistigen Aktivitäten werden nicht beeinträchtigt. Kava-Kava eignet sich zur Behandlung von leichteren Angststörungen. Für die Therapie von schweren psychotischen Erkrankungen wie z.B. Angstattacken kommt es jedoch nicht in Frage.
60-120 mg Kavapyrone sollten täglich, am besten nach dem Essen eingenommen werden. Vereinzelt treten Magen-Darm-Beschwerden, Kopfschmerzen, Allergien und Mundtrockenheit auf. Achtung: Kava-Kava darf nicht in der und sowie bei Leberschäden angewendet werden. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sind in Deutschland nicht beobachtet worden.
Der Baldrian eignet sich zur Behandlung von nervöser Unruhe und Schlafstörungen. Da die Pflanze mit dem aromatischen Geruch eine starke Anziehungskraft auf Katzen ausübt, wird sie im Volksmund auch Katzenwurzel genannt. Zu Heilzwecken wird die Wurzel verwendet, deren Valepotriate das Einschlafen erleichtern. Außerdem enthalten sie ätherische Öle zur Krampflösung. Daher wird Baldrian auch bei nervösen Magen-Darm-Beschwerden eingesetzt.
Baldrian hat so gut wie keine Neben- und Wechselwirkungen. Auch das Reaktionsvermögen wird nicht eingeschränkt. Entscheidend für die gewünschte Wirkung ist die Dosierung. Es empfiehlt sich, etwa eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen 600 mg Extrakt einzunehmen. In niedrigen Dosen erzeugt Baldrian einen anregenden und erst bei höheren Dosierung den gewünschten beruhigenden und schlaffördernden Effekt. Eine Besserung läßt sich wie bei den meisten Pflanzenextrakten erst nach einigen Tagen feststellen.
Die Kombination dieser drei Heilpflanzen wird bei leichten nervösen und psychosomatischen Störungen eingesetzt. Sie wirken angst- und spannungslösend, einschlaffördernd und beruhigend. Im Mittelalter nahm man an, dass Hopfen den Zorn vertreibt, also auch als Psychopharmakon wirksam sei. Das stimmt allerdings eher im Sinne von Beruhigung und Aufhellung. Hopfen eignet sich zur Behandlung von Beschwerden im Klimakterium. Das gilt für leichtere Störungen und sollte nie dazu verleiten, durch die Selbstmedikation Risiken einzugehenn.
Die Passionsblume ist ein gutes Sedativum ohne Nebenwirkungen. Sie hilft bei Schlaflosigkeit, Nervosität, Erregung und Krampfneigung.
Wegen der guten Ergebnisse bei der Behandlung nervöser Beschwerden zählt die Melisse zu den bekanntesten Heilpflanzen. Infolge ihrer krampflösenden Wirkstoffe wird die Melisse neben ihrer beruhigenden Wirkung auch als gutes Schmerzmittel angesehen. Das gilt bei Menstruationsbeschwerden und Spannungskopfschmerzen.
Bei Unruhe und Schlafproblemen hat sich eine Teemischung aus Melissenblättern, Hopfenzapfen und Passionsblumenkraut bewährt. Zubereitung: Ein bis zwei Teelöffel in einem Teenetz in die Tasse hängen, überbrühen, zugedeckt etwa fünf Minuten ziehen lassen.
Die hier vorgestellten Heilpflanzen können über längere Zeit eingenommen werden und führen nicht zu Abhängigkeit.
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