Schätzungsweise 1,6 Milliarden Erwachsene und 650 Millionen Kinder sind momentan weltweit übergewichtig. Tendenz steigend! Und damit einher geht immer ein erhöhtes Risiko für Folgeerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Fehlfunktionen oder Diabetes mellitus.
Melanocortin-4-Rezeptor (MC4R) nennt sich das winzige Protein, welches unter anderem entscheidend dafür ist, wie wir unser Hungergefühl regulieren.
Forschenden der Charité in Berlin ist es nun gelungen, das zuständige Protein und mit ihm in Interaktion stehende Hormone als räumliche Strukturen im Detail abzubilden.
Und genau diese neuen Erkenntnisse braucht es, um künftig Grundlagen für das Design nebenwirkungsarmer Wirkstoffe zur Behandlung stark übergewichtiger oder adipöser Patienten zu entwickeln. Schon länger forscht man intensiv an den „Schaltern“ der Gewichtsregulation, um Erkrankungen behandeln zu können, bei denen genetische Defekte zu einem Ausbleiben des Sättigungsgefühls führen und es in der Folge zu einer ausgeprägten, schwer behandelbaren Fettleibigkeit bereits in jungen Jahren kommen kann.
Die Mechanismen der Appetitregulation auf molekularer und letztendlich atomarer Ebene zu entschlüsseln steht daher im Fokus des Interesses, um nicht nur die Auswirkungen genetischer Defekte auf Appetit und Hungergefühl zu erfahren, sondern auch, wie man möglichen Stellen, an denen im Krankheitsfall medikamentös eingegriffen werden kann, findet.
Die Arbeitsgruppe Proteinstrukturanalyse und Signaltransduktion am Institut für Medizinische Physik und Biophysik der Charité, hat sich daher einem zentralen Player im Prozess der Regulation des Hungergefühls und damit der Gewichtsregulation des Menschen mal genauer angeschaut. Fündig wurde man bei einem Rezeptor, einem vorwiegend im Gehirn lokalisiertem Protein, das von Hormonen reguliert wird, die durch ein Andocken an das Protein entscheidende Signale für das Sättigungsgefühl auslösen. Gelingt es, diesen Rezeptor durch stimulierende Hormone (α-/ß-MSH) zu hemmen, so lässt sich das Hungergefühl einschränken.
Allerdings gibt es auch einen Gegenregulator (Agouti-related peptide (AgRP)), welcher den Rezeptor blockieren kann und daher dann zu einem vermehrten Hungergefühl führt. Genetisch bedingte Fehlfunktionen an diesem „Schalter“-Protein führen bei Menschen sehr häufig zu leichtem oder schwerem Übergewicht. In Berlin hat man sich nun auf die Behandlung von Patient:innen spezialisiert, bei denen aufgrund von Gendefekten das Sättigungsgefühl unzureichend übermittelt wird. Allerdings kennt man bereits auch die medikamentösen Nebenwirkungen einer möglichen Behandlung. Sie können von einer Dunkelfärbung der Haut – das Melanocortin-Hormon ist unter anderem auch für die Pigmentierung von Haut und Haaren zuständig – bis hin zu kardiovaskulären Ereignissen reichen.
Insbesondere konnte das Forschungsteam aufzeigen, wie sich ein bereits vor der Untersuchung bekannter Antagonist in seiner Bindung im Wesentlichen an nur einer Stelle vom aktivierenden Agonisten unterscheidet, sonst aber fast identisch gebunden ist. Und genau dieser Unterschied deutet darauf hin, an welcher Stelle der Rezeptor blockiert werden kann und wo eine sensible Schalterstelle für die Aktivierung des Proteins lokalisiert ist.
Hungergefühl
Heißhunger
Diabetes Mellitus