Ob das nun für alle stimmt, sei mal dahingestellt. Schließlich gibt es genügend Länder dieser Erde, wo ein spätes, bis sehr spätes Abendessen ganz normal ist. Man nehme nur Spanien, wo selten vor 10 Uhr abends gegessen wird. Und das beileibe nicht kalorienarm. Trotzdem wollen wir die amerikanische Studie des Brigham and Women’s Hospital in Boston nicht einfach links liegen lassen.
Das US-Forscher-Team konzipierte eine Studie, die Nachtarbeit simulierte, und untersuchte dann die Auswirkungen von Essen am Tag und in der Nacht im Vergleich zu Essen nur am Tag. Der Hälfte der Teilnehmer wurde mindestens einmal am Tag eine Mahlzeit zu nächtlicher Stunde vorgesetzt. Die zweite Hälfte der Probanden erhielten ihre Mahlzeit stets bei Tageslicht. Und so fand man heraus, dass bei 26 % jener Teilnehmer, die ihre Mahlzeiten nachts bekamen, das depressionsähnliche Stimmungsniveau anstieg, bei 16 % gab es sogar angstähnliche Stimmungswerte. Jene Hälfte der Teilnehmer, die ihr Abendessen noch mit Tageslicht einnehmen konnten, hatten diesen Anstieg nicht zu verzeichnen.
Der Bostoner Schlafforscher Frank A. J. L. Scheer erklärt dazu: “Unsere Ergebnisse beweisen, dass sich der Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme als neuartige Strategie einsetzen lässt, um die Stimmungsanfälligkeit bei Personen, deren biologischer Rhythmus (zirkadianer Rhythmus) gestört wird, zu minimieren, etwa bei Schichtarbeitern oder Menschen, die aufgrund von Fernreisen einen Jetlag erleben. Jetzt sind weitere Studien nötig, um 100-prozentig zu beweisen, dass Änderungen des Essens-Timings erhöhte Stimmungsanfälligkeiten verhindern können”.
Bis zu 20 Prozent der Arbeitskräfte in Industriegesellschaften gelten als Schichtarbeiter, die mit einem anderen Tag-Nacht-Rhythmus leben, als Tagarbeiter. Dazu zählt u.a. das Personal in Krankenhäusern, Fabriken und anderen wichtigen zeitbestimmten Dienstleistungsberufen. Schon seit langem weiß man, dass sie häufig von einer Fehlausrichtung zwischen ihrer zentralen cirkadianen Uhr im Gehirn und ihren Schlaf- und Wachphasen sowie ihren Esszyklen betroffen sind. Die Bostoner Schlafforscher haben dazu, um die Studie auch wissenschaftlich durchzuführen, 19 Teilnehmer, zwölf Männer und sieben Frauen, für eine randomisierte kontrollierte Studie untersucht. Ausgewählt für die Studie wurden die Teilnehmer nach dem Zufallsprinzip und anschließend in zwei Mahlzeitengruppen eingeteilt.
Die Probanden durchlebten vier Tage, die durch Einsatz von künstlichem Licht auf jeweils 28 Stunden ausgedehnt wurden. Im 28-Stunden-Zyklus wurde sowohl nachts als auch tagsüber gegessen, was für Nachtarbeiter typisch ist. Am vierten Tag wich die innere Uhr der Teilnehmer um zwölf Stunden von der simulierten Zeit ab. In jener Gruppe, bei der die Mahlzeiten in einem 24-Stunden-Zyklus eingenommen wurden, gab es nur tagsüber etwas zu essen.
Das Ergebnis zeigte laut dem Forschungsteam klar, dass das Timing der Mahlzeiten die Stimmung der Teilnehmer signifikant beeinflusst und es öffnet die Tür für eine neuartige Schlaf-/zirkadiane Verhaltensstrategie, von der auch Menschen mit psychischen Störungen profitieren könnten.
Quelle: PM Brigham and Women’s Hospital
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