Frauen von heute stehen ihre Frau im beruflichen und privaten Leben. Sie sind aktiv, beruflich erfolgreich und wollen ihr Leben bis ins hohe Alter genießen. Während es in den letzten Jahrzehnten gelang, die “naturgegebene” Frauenrolle zu überwinden und neue Freiräume zu erobern, tauschen heute viele Frauen die neugewonnene Freiheit und Unabhängigkeit gegen Isolation ein. Der Grund ihres Rückzuges: sie leiden unter Belas-tungsinkontinenz, einem unfreiwilligen Harnabgang, der beispielsweise beim Lachen oder Sex auftritt. Die Betroffenen leiden oft jahrelang schweigend, aus Scham und Hilflosigkeit. Dabei kann Belastungsinkontinenz heute dauerhaft geheilt werden. Doch nur wenn es Frauen gelingt, ihr schamhaftes Schweigen zu überwinden, können sie ihr bestehendes Recht auf neue, erfolgreiche Behandlungsmethoden wie das minimal-invasive TVT-Verfahren (Tension-free Vaginal Tape, spannungsfreies Vaginalband) einfordern. Rasche Hilfe ist hier möglich und vielen Frauen blieben dadurch massive Eingriffe in ihren Unterleib oder ein eingeschränktes Leben erspart.
Weil Scham und das Gefühl des persönlichen Versagens beim Verschweigen der Erkrankung eine bedeutende Rolle spielen. In unserer Gesellschaft nimmt Hygiene und gepflegtes Aussehen einen sehr hohen Stellenwert ein. Unkontrollierter Urinabgang und die damit verbundene “beschmutzte” Kleidung stellt einen krassen Gegensatz zu diesem Dogma und zum Selbstverständnis einer gepflegten Frau dar. Hinzu kommt der als peinlich empfundene Kontrollverlust über den Körper. Assoziativ rückt die Betroffene damit in die Nähe des Kleinkindes. Dem Gefühl des “persönlichen Versagens” gesellen sich Schamgefühle hinzu. Denn Verletzungen des Intimbereichs rufen tiefe Schamgefühle hervor, wie zahlreiche Untersuchungen belegen.
Unwillkürlicher Harnabgang greift so in doppelter Weise das Selbstverständnis von betroffenen Frauen an. Im Teufelskreis aus Scham, Minderwertigkeitsgefühlen und Vermeidungsverhalten geraten sie schnell in die soziale Isolation. Nur drei von zehn Frauen suchen wegen ihrer Beschwerden einen Arzt auf. Gar nicht selten ziehen sich die Frauen über Jahrzehnte zurück in der irrigen Meinung, dass es keine Hilfe für sie gibt. Es sind Fälle bekannt geworden, bei denen die betroffene Frau über 30 Jahre unter Belastungsinkontinenz litt, bevor sie sich endlich ihrem Arzt anvertraute. Doch die Behandlungsmöglichkeiten der Belastungsinkontinenz sind heute sehr effektiv, denn es handelt es sich um kein “persönliches Versagen” einzelner Frauen, sondern um einen Vorgang, von dem sowohl ältere Frauen, als auch jüngere und übergewichtige Frauen betroffen sein können. Schätzungen zufolge sind in der BRD 4-6 Millionen Menschen harninkontinent. Es wird davon ausgegangen, dass jede zweite Frau über 50 Jahren mit derartigen Problemen zu kämpfen hat. Doch auch 15% der 30-40jährigen Frauen leiden bereits unter Inkontinenzbeschwerden.
Die Ursache der Belastungsinkontinenz – in der medizinischen Fachsprache missverständlich Stressharninkontinenz genannt – ist gut erforscht. So weiß man, dass bei Belastungsinkontinenz im Gegensatz zur Dranginkontinenz die Blasenfunktionen vollständig in Ordnung sind. Die Probleme bereiten bei jüngeren Frauen vor allem die Harnröhren-aufhängung, die durch einen Geburtsvorgang beschädigt, ja sogar gerissen sein kann, bei älteren Frauen das erschlaffte Bindegewebe und bei Übergewichtigen drückt das Gewicht auf die Harnblase, was eine Senkung zur Folge hat. Diese Senkung wirkt ungünstig auf die Harnröhre.
Der Mechanismus ist einfach, wenn auch für die Betroffenen verhee-rend. Unter körperlicher Belastung kommt es zur Anspannung der Bauchmuskulatur. Dadurch werden im Bauchinnenraum die Druckver-hältnisse erhöht. Der Druck im Bauchraum wirkt auf die Blase, wodurch es immer zur Blasenentleerung kommen würde. Da bei Gesunden aber gleichzeitig die Harnröhre zusammendrückt wird, kann der Harn gehalten werden. Liegt jedoch die Harnröhre außerhalb des Druckbereichs, oder ist die Druckübertragung durch Geburten oder Bindegewebsschwäche gestört, fehlt diese Sicherung und der Urin kann nur noch über den schwächeren Schließmuskel zurückgehalten werden.
Zum Absinken der Harnröhre kommt es, wenn ihre Trägermuskeln und das sie umgebende Bindegewebe nachgeben bzw. ausreißen. Beson-ders groß ist diese Gefahr bei einer Geburt. Aber auch zunehmendes Alter führt zur Erschlaffung von Beckenboden, Trägermuskel und Binde-gewebe. Die Folge: die Harnröhre sinkt mehr oder weniger schnell ab. Kommt es nun zur Druckerhöhung durch Husten, Lachen, Niesen, durch sportliche oder sexuelle Aktivitäten wird der Blaseninhalt in die offene Harnröhre gedrückt. Es kommt was kommen muss: je nachdem wie kräftig der Schließmuskel ist, tritt mehr oder weniger Urin aus.
Welche Behandlung ist die Richtige? Leider gilt hier nicht in jedem Fall: “Fragen Sie ihren Arzt oder Apotheker”. Zu oft werden Frauen, denen der Schritt gelingt, über ihre Erkrankung zu sprechen und sich hilfesu-chend an einen Arzt wenden, von diesem nicht ernst genommen oder ihre Beschwerden als psychosomatisch abgetan. Denn nicht nur die betroffenen Frauen, auch die Ärzte leben das Tabu “Harninkontinenz”. Viele Ärzte wollen in einer Zeit der Regresse und Sparmaßnahmen nur ungern mit kosten- und beratungsintensiven Erkrankungen auseinandersetzen.
Entsprechend der Ursache zielen alle Behandlungen der Belastungsin-kontinenz darauf ab, entweder den Beckenboden und die Schließ-muskulatur zu trainieren oder die Harnröhre wieder in den intraabdomi-nalen Druckbereich anzuheben. Nicht operative Methoden wie Becken-bodengymnastik, Östrogene in Form von Zäpfchen und Salben, Pessare sind dann wirksam, wenn das Bindegewebe noch nicht zu weit erschlafft ist oder gar eine Beschädigung der Harnröhrenaufhängung vorliegt. Hilft dies nicht, muss eine Operation in Erwägung gezogen werden. Am häufigsten wird nach wie vor eine Kolposuspension durchgeführt, bei der unter Vollnarkose ein Bauchschnitt vorgenommen wird. Dann hebt der Chirurg die vordere Scheidenwand und damit indirekt den Blasenhals an, so dass der Bauchinnendruck wieder gleichmäßiger auf Blase und Harnröhre einwirken kann. Der große, belastende Eingriff bringt in vielen Fällen jedoch nur eine kurzzeitige Besserung der Problematik und hat alle Risiken, die von so großen operativen Eingriffen bekannt sind. Narbenbildung und erneute Operation inbegriffen.
TVT (Tension-free Vaginal Tape) ist eines von vielen Verfahren zur Behandlung der Belastungsinkontinenz. Bei diesem minimal invasiven Eingriff sind nur zwei kleine Schnitte in die Bauchdecke notwendig, wofür eine örtliche Betäubung ausreicht. Durch diese kleinen Öffnungen wird mit Hilfe spezieller Nadeln ein Prolene-Band spannungsfrei unter die Mitte der Harnröhre gelegt. Anschließend wird die Blase mit Koch-salzlösung gefüllt, um eine Verletzung der Blase ausschließen und die Feinjustierung des Bandes einleiten zu können. Unter Mithilfe der Patientin die durch Husten den intraabdominalen Druck erhöht, wird das Band vom Arzt so lange angehoben, bis kein Urin mehr abgeht. Danach werden die überstehenden Bandenden knapp unter der Haut abge-schnitten und die kleinen Bauchschnitte vernäht. Nach rund 20-30 Minuten ist die Operation beendet.
Obwohl so bestechend einfach durchzuführen, weist TVT beachtliche Erfolge auf. In allen klinischen Studien findet man die gleichen Ergebnisse: Heilungsraten bis zu 90%, keine Abstoßreaktionen des Körpers auf das Prolene-Band und minimale Komplikationen. Da man von anderen operativen Eingriffen weiß, dass der Erfolg oft nur von kurzer Dauer ist und einen neuen Eingriff nötig macht, lag der Verdacht nahe, dass dies auch für TVT gilt. Fünfjahres-Studien können eindeutig belegen, dass TVT tatsächlich zu einer vollständigen Heilung der Belastungsinkontinenz führt und der Erfolg auch erhalten bleibt. Fünf Jahre lang wurden Patientinnen, die mit TVT behandelt wurden, intensiv untersucht. Selbst nach dieser Zeit waren 85% geheilt, weitere 10% gebessert und lediglich bei 5% zeigte die Behandlung nicht den gewünschten Erfolg. Ergebnisse, die bisher mit keiner anderen Behandlung erreicht wurden.
Frau muss aktiv werden Die TVT-Methode wurde erstmals 1994 vom Arzt der schwedischen Königin Silvia und Erfinder der Methode Prof. Dr. Ulf Ulmsten in Uppsala eingesetzt. Weil TVT unter örtlicher Betäubung durchgeführt wird, sehr erfolgreich die Belastungsinkontinenz beseitigt und es kaum zu Komplikationen kommt, hat sich das Verfahren schnell durchgesetzt. Weltweit wurden mit TVT bereits mehr als 150.000 Frauen behandelt. Seit 1997 wird die Methode auch in Deutschland in 2/3 aller gynäkologischen Kliniken durchgeführt.
Auskunft über diese und viele andere Möglichkeiten die Harninkontinzenz erfolgreich zu behandeln findet man auf den Seiten der Frauenärzte im Netz oder beim Urologenportal. Immer können Sie aber auch mit ihrem Hausarzt über das Problem sprechen!
Gut zu wissen: Um herauszufinden, welches die passenden Pflegeprodukte sind, kann man sich online beraten lassen – unter www.inkontinenz.de