Kuren boomten schon vor und erst recht nach dem Krieg. Sie galten als Gesundheits- und Erholungsurlaub für das arbeitende Volk, zu dem man mitunter sogar die Ehefrau mitnehmen durfte, oder aber sich um einen Kurschatten bemühte. Irgendwann hatten die Heilbäder und Kurangebote aber ihren Reiz verloren. Lieschen Müller und Otto Normalverbraucher machten sich lieber in Scharen auf, per Pauschalreise die Welt zu entdecken.
Doch mit dem Aus für die Kur begann auch der Niedergang vieler alteingesessener Thermen. Langsam aber stetig verfielen sie in den Dornröschenschlaf. Bis zwei clevere, in die Schweiz ausgewanderte Münchner, ihre Berufe zur Leidenschaft wandelten und damit diese zum Beruf machten. Die bayrischen Kannewischer-Boys Stefan und Jürgen gründeten im Schweizer Zug die Kannewischer-Collection mit der Aufgabe aus alten Thermen neue Gesundheitstempel erstehen zu lassen. Ökologie und Nachhaltigkeit gehören seit jeher zum Credo des Unternehmens bei Konzeption, Bau und Betrieb und was sich nicht vermeiden lässt, reduziert man auf ein Minimum.
Vor fast genau 30 Jahren übernahm man in Baden-Baden die Caracalla-Therme und das Friedrichsbad. Seither betreibt man als Kannewischer Collection sechs Thermen und zwei Thermenhotels an fünf deutschen Standorten. Das mittlerweile in zweiter Generation geführte Familienunternehmen machte sich nicht nur als Thermenretter, sondern vor allem als Spezialist für Bäder- und Wellnessanlagen einen weltweiten Namen.
Wir haben die Inhaber der Kannewischer-Collection dazu befragt, was sich die Gäste einer Therme im Jahr 2023 wünschen.
KC: Thermen-Gäste möchten am liebsten den Alltag vergessen und in eine andere Welt eintauchen. An oberster Stelle liegt uns daher am Herzen, dass sich unsere Gäste rundum wohlfühlen und entspannen. Dazu gehört außer einem umfassenden Angebot in ansprechendem Ambiente, dass für sie alles unsichtbar bleibt, was an Betriebsabläufen und Technik im Hintergrund nötig ist.
Die KissSalis Therme in Bad Kissingen zählt mittlerweile zu den schönsten Wellnessbädern in Europa. Und das liegt nicht nur an einem wohlig temperiertem Wasser und einer lichtdurchfluteten, transparenten Architektur. Jeder Gast findet hier seine ganz persönliche Wellness-Oase inklusive einem individuellen Wohlfühlerlebnis. ThermenLandschaft, SaunaPark, FitnessArena und WellnessPavillon laden zu Erholung und Entspannung ein. Und da Liebe bekanntlich durch den Magen geht, darf natürlich auch ein Besuch im Thermenrestaurant mit kulinarischen Köstlichkeiten zum Gefühl des kompletten Wohlbefindens nicht fehlen.
Aber wie setzt man den dafür notwendigen hohen Energieverbrauch in Zeiten der Energiekrise machbar um?
KC: Ein aktuelles Beispiel sind die Blockheizkraftwerke, die seit 2004 in der KissSalis Therme und seit 2005 in der Spreewald Therme im Einsatz sind. Ihr Vorteil ist, dass man Strom und Wärme dort gewinnt, wo diese verbraucht werden. Ist zeitweise weniger Strom nötigt, kann er in das öffentliche Netz eingespeist werden. Seit 2012 wird auch das Spreewald Thermenhotel so versorgt. Bei seinem Bau haben wir besonders darauf geachtet, dass es später einen möglichst geringen Energiebedarf hat. So wurden schon damals bezüglich Dämmung, Fenstern und Fassadenanschlüssen die Standards eines Passivhauses berücksichtigt. Toll war die Idee der Architekten, durch großzügige Lichtkuppeln das Tageslicht als natürliches Leuchtmittel zu nutzen – was auch noch super ausschaut.
Und wie sieht es mit den nachhaltigen Möglichkeiten beim Neubau einer Therme aus?
KC: Bei der Emser Therme haben wir den Neubau so konzipiert, dass durch eine kompakte Außenhülle eine optimale Dämmung erzielt werden kann. Außerdem nutzen wir das lokale, sehr warme und reichlich vorhandene Thermalwasser zur Energieeinsparung. Dank der geothermischen Gegebenheiten und eines durchdachten Techniksystems, das die Anlagensysteme zur Wärme- und Energierückgewinnung vernetzt, konnten wir den Bedarf an fossiler Primärenergie um 55 Prozent senken.
Generell sind unsere Thermengebäude so gedämmt, dass die Pumpen und Maschinen im Keller den Fußboden darüber aufheizen. So können wir auf eine Fußbodenheizung verzichten. In der KissSalis Therme ermöglichen das die runden Außenbecken auf innovative Weise. Da sie mit Wasserpilzen, Nackenduschen und anderen Attraktionen ausgestattet sind, ist eine klassische Abdeckung mit Planen nicht möglich. Das Wasser wird deshalb nach Betriebsende in unterirdische Becken abgesenkt, wo es im wärmegedämmten Keller weiter umgewälzt wird. So wird kaum Wärmeenergie verbraucht, bis das Wasser am Folgetag wieder nach oben gepumpt wird.
Aktuell prüfen wir weitere Möglichkeiten zum Einsatz regenerativer Energie: So werden die Dächer an zwei Standorten 2022 mit Photovoltaik ausgestattet, um selbst CO2-neutralen Strom für die Thermen zu generieren. Durch die Umstellung auf LED konnten wir den Stromverbrauch weiter senken. Aber es wird weiterhin viel zu tun geben, um die vor uns stehende Transformation in eine CO2-neutrale Zukunft zu schaffen.
Wer sich selbst einmal davon überzeugen möchte, dass das Gesagte auch tatsächlich real auf einen wirkt, der ist herzlich eingeladen eine der Thermen in Bad Kissingen, Bad Ems, Bad Salzuflen, Baden-Baden oder in Burg im Spreewald zu besuchen. Oder man hört mal in den Podcast “Wasserzeichen” rein, um Informatives, Wissenswertes und manchmal auch Kurioses rund um die Themen Therme, Sauna und Wellness zu erfahren. Dr. Stefan Kannewischer und sein Team unterhalten sich u.a. über Eistaucher und Warmduscher, klären über Chlorgeruch im Schwimmbad auf und geben viele Tipps zum richtigen Saunieren.