Vor knapp 100 Jahren entdeckte Alexander Fleming das Penicillin und führte die Menschheit damit in ein neues Zeitalter: Endlich konnten bis dahin tödliche Erkrankungen wie Tuberkulose, Diphterie, Kindbettfieber, Wundbrand aber auch simple Wundinfektionen erfolgreich bekämpft werden.
Der Mensch schien durch die Entwicklung von Antibiotika seine übelsten Feinde, die Bakterien, endlich besiegt zu haben!
Die Wunderwaffe Antibiotikum wurde seit dem in der Medizin, aber auch in der landwirtschaftlichen Tierhaltung, Aquakultur (Lachszucht!!!) und in der Haltbarmachung von Lebensmitteln großzügig eingesetzt - kein Gebiet, das nicht mit Antibiotika überschüttet wurde. Schließlich konnte die Menschheit bei Bedarf ja einfach neue Antibiotika entwickeln.
Wie leider so oft in der Geschichte, sollte uns Menschen diese Arroganz und Überheblichkeit nun zum Verhängnis werden: Bakterien sind findige kleine Organismen, die sich rasend schnell vermehren und in der Lage sind, Erbmaterial auszutauschen. So können sie in kürzester Zeit Resistenzen gegen Antibiotika entwickeln.
Wie oft werden vom Arzt Antibiotika verschrieben, die nicht genau nach Anleitung eingenommen werden? 2 - 3 Tage werden die Tabletten geschluckt, kaum geht es dem Patienten besser, setzt er das Medikament eigenhändig ab - schließlich hat er zwischenzeitlich ja auch akribisch die aufgelisteten Nebenwirkungen im Beipackzettel studiert und ist nun um seine Gesundheit besorgt. Dass er genau mit diesem Verhalten, Resistenzen bei Bakterien erzeugt, ist ihm entweder nicht bewusst oder es ist ihm egal. Hauptsache, er ist erst mal wieder gesund!
Ein gefürchtetes Bespiel für resistente Bakterien ist der sogenannte MRSA-Keim (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus), der bei Menschen mit einem schwachen Immunsystem zu Geschwüren, Blutvergiftungen oder Lungenentzündungen führen kann, die nicht mit (gängigen) Antibiotika zu therapieren sind und in Krankenhäusern immer wieder für umfangreiche Sanierungs- und Hygienemaßnahmen sorgen.
“Wenn auch die Staphylokokken resistent würden, dann gnade uns Gott”, sagte 1994 noch der Lübecker Mikrobiologe Sören Gatermann. Das hätte “den Rang einer biologischen Katastrophe”, bestätigt sein Münsteraner Kollege Georg Peters, Spezialist für Staphylokokken.“ (Quelle: DER SPIEGEL 26/1994)
Aber auch die einst so gefürchtete Tuberkulose, verursacht durch Mycobacterium tuberculosis, stellt Mediziner mittlerweile wieder vor unlösbare Probleme und kommt als alte/neue Bedrohung auf uns zu.
In den letzten Jahrzehnten gelang es Wissenschaftler stets, in regelmäßigen Abständen neue Antibiotika zu entwickeln, um neue Waffen gegen resistente Keime den Ärzten in die Hände zu geben. Doch dieser schier unendlich erscheinende Fundus geht allmählich zur Neige: „Es hat sich herausgestellt, dass neue Antibiotika extrem schwer zu finden sind. Viele aussichtsreiche Wirkstoffe hätten sich zum Beispiel als zu giftig erwiesen”, sagen Industrieforscher neuerdings.
Ob und wann neue Antibiotika entwickelt werden können, kann z. Zt. also nicht beantwortet werden.
Der Chemiker und Wissenschaftsjournalist Lars Fischer fragt zu Recht:
„Bedeutet dies das Ende des goldenen Zeitalters der Antibiotika? War es ein historischer Glücksfall, dass Menschen dank der Antibiotika ein paar Jahrzehnte lang klar die Oberhand im Kampf gegen Bakterien hatten?
Vermutlich war es ein einmaliger historischer Glücksfall, der leichtfertig verschwendet wurde. Fachleute vermuten, dass die leicht zu findenden, wenig giftigen und einfach anwendbaren Wirkstoffklassen alle gefunden sind. Die goldenen Jahre sind vorbei.“ (Quelle: Spektrum.de).
Wissenschaftler forschen seit Jahren verzweifelt an Alternativen - ohne einen erfolgreichen Durchbruch! Bakteriophagen, antimikrobielle Peptide, Nanopartikel aus Kupfer oder Silber, virale Enzyme, die Zellwände abbauen oder gar räuberische Bakterien komplett vernichten können, sind alles nur hoffnungsvolle Kandidaten. Ein vollwertiger Ersatz für die bisherigen Antibiotika wurde bislang noch nicht entwickelt!
Wir können nur hoffen, dass es Forschern erneut gelingen wird, funktionierende Waffen gegen diese kleinen, aber so bedrohlichen und anpassungsfähigen Organismen zu finden. Vielleicht findet sich noch einmal ein Alexander Fleming, um uns aus der Misere zu retten. Und vielleicht ist die Menschheit dann klüger und setzt diese Waffen maßvoller und gezielter ein!
Bis dahin sollten wir schonend und klug mit unseren verbliebenen Wirkstoffen umgehen!
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