Zunächst berichtete ein so genannter Chronobio- und pharmakologe, dass auch das Schmerzempfinden des Menschen einen tageszeitlichen Rhythmus hat. Zwar sei alles Schwachsinn mit den Eulen und den Lerchen; doch es gebe deutliche Hinweise dafür, dass man ein Medikament einnimmt, ausschlaggebend für den Erfolg der Behandlung sein kann. „Das gilt auch ganz besonders für die Tumorschmerztherapie“, berichtete Dr. Uwe Junker, Remscheid, auf der Pressekonferenz der Mundipharma GmbH. Sein Argument: Studienauswertungen zufolge haben Krebspatienten am Tag und in der Nacht unterschiedlich starke Schmerzen. Für Junker erfüllt daher Hydromorphon ideal die Anforderungen an eine moderne Behandlung von Krebsschmerzen: Denn es wird im Körper balanciert verstoffwechselt, weil es unabhängig von einem in der Leber befindlichen und besonderen Enzymsystem verarbeitet werden kann. Dort gerät es auch nicht mit anderen Medikamenten ins Gehege. Palladon ist in vier verschiedenen Dosierungen vorhanden. Nimmt man zweimal täglich die orale Form, entspricht das genau dem Rhythmus solcher starker Schmerzen.
Besonders viel Kraft benötigte die Redakteurin, als es um das Thema Kopf-Hals-Tumore ging. Es ist ein Antrag gestellt, Erbitux (Cetuximab) der Merck KG, Darmstadt, zur Behandlung dieser demnächst anzuwenden. Sobald es die Europäische Kommission zugelassen hat, wird es die erste zielgerichtete Therapie sein. Bekannt ist das Medikament schon aus der Behandlung von Dickdarmkrebs. Dort wird es eingesetzt, wenn sich Tochtergeschwülste gebildet haben.
Standard ist bei der Behandlung von Kopf-Hals-Tumoren – meist Plattenepithelkarzinome – eine besondere Chemo- kombiniert mit einer Strahlenbehandlung. Doch ehrlich gesagt, ist diese Art von Krebs eine sehr sehr aggressive und resistente. Denn es werden sehr sehr empfindliche Strukturen betroffen: das Gesicht, der Hals. Hier laufen Gefäße, Nerven, Nerven und nochmals Nerven. Insofern sind die Überlebensraten für einen solchen Krebs sehr sehr kurz, ja die ganze Behandlung und das Überleben (?) eine einzige Qual.
Jedes Jahr wird in Europa bei etwa 100.000 Menschen die Diagnose Kopf- und Halskarzinom gestellt. Sie stellen weltweit die sechsthäufigste Krebsart dar. Dazu gehören Karzinome der Zunge, des Mundes, der Speicheldrüsen, des Rachens, des Kehlkopfs, der Nasennebenhöhlen etc. Risikofaktoren sind u. a. Rauchen und Alkohol. Doch derzeit, so die Experten auf der Pressekonferenz, wachse der Anteil an nicht-rauchenden (!) jungen Frauen.
Plattenepithelkarzinome produzieren fast alle den für das Tumorwachstum kritischen epidermalen Wachstumsfaktorrezeptor (EGFR). Erbitux soll diesen blockieren. So können Wachstum und Ausbreitung (Metastasen) der Tumoren gehemmt werden. Cetuximab soll zudem die Wirkungen der Chemo- und Strahlentherapie verstärken, berichtete Prof. Dr. Dr. Jürgen Debus, Heidelberg, auf einer Pressekonferenz.
Mit neuen Medikamenten lassen sich höhere Ansprechraten und längeres Überleben auch beim Kolorektalkarzinom erzielen. Dabei wurde das Gesamtüberleben fast verdoppelt. Man spricht derzeit von drei aktiven Substanzklassen (Fluoropyrimidine, Irinotecan, Oxaliplatin), die während der Behandlung abwechselnd als Chemotherapie im Einsatz sind.
Bevacizumab (Avastin) von der Hoffmann-La Roche AG mit einem völlig neuen Wirkansatz blockiert den VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor). VEGF ist für die Tumorgefäßneubildung, die für das Krebswachstum und die Metastasenbildung unverzichtbar ist, der entscheidende Stimulus. Gibt man Bevacizumab zur Standard-Chemo dazu, stellte man in Studien ein besseres Ansprechen des Tumors und vor allem ein längeres Überleben der Patienten fest. In den USA gilt deshalb diese Kombination bereits als Standard und Bevacizumab erwies sich auch als gut verträglich, wobei eine erhöhte Gefahr für Blutungen zu berücksichtigen ist. Darmkrebs ist die häufigste Krebsart in den Industrieländern mit jährlich 66.000 Neuerkrankungen allein in Deutschland.
Seit dem 15. März steht Eloxantin von dem Unternehmen sanofi-aventis als Konzentrat dem deutschen Markt zur Verfügung. Das soll mehr Sicherheit und verringerten Zeitaufwand für die Anwender bedeuten. Die neue praktische Formulierung hat dieselbe Wirkstoffkonzentration (5 mg/ml Oxaliplatin) wie die bisherige. Für den Darmkrebspatienten (siehe oben auch Oxaliplatin) bedeutet das einen wichtigen Vorteil, denn die Gefahr einer falschen Verdünnung oder für Verunreinigungen wird geringer. Damit erhöht sich für Eloxantin die Sicherheit während der Anwendung.
In den letzten Jahren wurde Gemcitabin (Gemzar) zu einem idealen Kombinationspartner in der Chemotherapie von Brustkrebs, der schon Tochtergeschwülste gebildet hat. Das Medikament war Gegenstand eines Symposiums für Krebsspezialisten und wurde von Lilly Onkologie Deutschland organisiert. Das heißt, die Therapeuten setzen Gemcitabin entweder mit Paclitaxel oder Docetaxel ein und haben so zwei Möglichkeiten, um den Patientinnen den Kampf gegen den Krebs mit möglichst hoher Lebensqualität zu erleichtern. So erhalten heute fast 90% der Patientinnen eine solche Behandlung. Auch für diejenigen, die im Verlauf der Erkrankung erneut Brustkrebs (Rezidiv) erleiden, können auf Therapien mit Gemzar plus Platin setzen.
Trotzdem sich die Situation wenig hoffnungsvoll für die Patientinnen darstellt, belegen Studienergebnisse Gesamtansprechraten des Krebses auf die Behandlung von 50-60%. Zudem profitieren auch Frauen, die eine besondere Krebsart haben (HER2-), mit der Dreierkombination Gemzar/Platin/Trastuzumab, davon zu 80%. Dabei sind die Nebenwirkungen akzeptabel. Weil die Daten so gut sind, sollen auch Gemzar-Kombinationen den Brustkrebspatientinnen zu gute kommen, die sich noch in einem frühen Stadium der Erkrankung befinden.
In die Werkstatt des Pharmaunternehmens Lilly führte Dr. med. Clemens Stoffregen, Abteilungsleiter der medizinischen Abteilung Onkologie in Bad Homburg. Da kostet doch die Entwicklung eines neuen Arzneimittels sage und schreibe 1,1 Milliarden US-Dollar, dauert bis zur Zulassung 10-15 Jahre und man stelle sich vor, nur eine von 10.000 Kandidatensubstanzen schafft es überhaupt bis zur Zulassung. Ein Wunder, dass uns überhaupt Medikamente zur Verfügung stehen und phantastisch, was das für die Sicherheit der Arzneimittel bedeutet. Lilly gibt pro Arbeitstag 10,4 Millionen US-Dollar für Investitionen aus.
Den Traum der Menschheit, Krebs genetisch auszuschalten, bevor er überhaupt entstehen kann, verfolgt auch Lilly. Doch der Weg ist noch weit. Ein bisschen ist das auch der Ansatz von „Targeted Therapien“. Hier basiert die Diagnose des Tumors nicht mehr auf der Histologie sondern auf genetischen Profilen. Beispielsweise, so Stoffregen, arbeitet auf diese Weise Enzastaurin, das sich derzeit in Zulassungsstudien bei schweren Gehirntumoren (Glioblastome) und Non-Hodgkin-Lymphomen (Tumore des Abwehrsystems) befindet.
Insofern könnte Lilly dran sein, für das genetische Profil einer besonderen Patientengruppe individuelle Behandlungsmöglichkeiten zu schaffen. Man darf auf Ergebnisse gespannt sein.