„Gesunde Ängste fördern den Schutz und die Anpassung, pathologische Ängste stören dies“, erklärt Willi Butollo den grundlegenden Unterschied. Er ist Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Normale menschliche Ängste wie die vor Krankheiten, Krieg oder Katastrophen, haben einen konkreten Anlass in der Realität, sind nachvollziehbar und in der Regel nicht behandlungsbedürftig. Sie können jeden befallen und motivieren die Betroffenen, sich vor den tatsächlichen Gefahren zu schützen. „Die Angst kann zur Erhaltung unseres Lebens, zum Schutz vor wirklichen Gefahren sehr hilfreich sein, das wird manchmal vergessen“, betont Willi Butollo. Gesunde Ängste fördern demnach Lebendigkeit und Wachstum, während die krankmachenden Ängste hemmen und einschränken.
Bei Menschen mit Angststörung beherrscht die Angst mehr und mehr die gesamten Lebensbereiche. Sie entwickeln eine „Angst vor der Angst“ und damit verbunden so genannte Angstvermeidungsstrategien. Sie ziehen sich vor sozialen Kontakten zurück, geraten in immer tiefere Lähmung und Isolation, in Arbeitsunfähigkeit, Suchtkreisläufe oder suchen im schlimmsten Fall Befreiung durch Suizid.
Angststörungen sind die häufigsten psychischen Störungen in Deutschland, mit stetig steigender Tendenz. Etwa 8 bis 10 Prozent der Gesamtbevölkerung leiden derzeit darunter, unter den Jugendlichen sind es sogar 20 Prozent. Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer, vermutlich weil Männer Ängste weniger wahrnehmen wollen, sie daher eher verdrängen und stattdessen Herz-Kreislauf-Erkrankungen bekommen.
Zunächst gibt es bei den Angststörungen zwei Obergruppen: Zustandsängste und Phobien. Während Phobien durch eine bestimmte Situation oder ein konkretes Objekt ausgelöst werden, gibt es bei den Zustandsängsten keinen erkennbaren Grund. Zu den Zustandsängsten zählen die Panikstörung und die Generalisierte Angststörung, bei den Phobien unterscheidet man Spezifische Phobien und die Sozialphobie.
Die Panikstörung entwickelt sich meist im Alter von 20 bis 30 Jahren. Ohne einen erkennbaren äußeren Anlass tritt ein panikartiger, nicht nachvollziehbarer Angstanfall auf, verbunden mit körperlichen Symptomen, die sich wie ein Herzinfarkt anfühlen können - daher früher oft auch als „Herzneurose“ bezeichnet. Ein Anfall dauert meist etwa 30 Minuten. „Wesentlich für das Merkmal von Panik ist ein Kontrollverlust und hohe Intensität der Aufregung.“, erläutert Willi Butollo. Bei etwa der Hälfte der Patienten kommt außerdem eine Agoraphobie dazu - Angst vor Orten mit großen Menschenmengen wie Kaufhäusern, Lokalen oder Kinos. Nach Willi Butollo gibt es in Deutschland eine Zunahme der Panikstörungen.
Menschen, die an einer generalisierten Angststörung leiden, leben dauerhaft mit Angstgefühlen ohne sagen zu können, wovor sie genau Angst haben. Die Panikstörung und die Generalisierte Angststörung treten bei etwa fünf bis sechs Prozent der Bevölkerung auf und beeinträchtigen das Leben der Betroffenen oft sehr, erklärt Dr. Eni S. Becker. Sie ist Professorin für Klinische Psychologie an der Universität Nijmegen (Niederlande), spezialisiert auf die Behandlung von Angststörungen. „Typischerweise beginnen die Störungen im frühen Erwachsenenalter, eine Zeit, die besondere Anforderungen an die Betroffenen stellt und in der wichtige Entscheidungen getroffen werden müssen“, weiß die Therapeutin. Die Panikstörung und in etwas geringerem Maße die Generalisierte Angststörung sind gut zu behandeln, wenn sie frühzeitig erkannt werden und der Therapeut über ausreichend Wissen und Erfahrung verfügt.
Spezifische Phobien sind dauerhafte, der Situation unangemessene und sehr intensive Zustände von Furcht vor bestimmten Objekten oder Situationen bzw. ihre Vermeidung. Es gibt annähernd so viele Phobien wie es Situationen oder Objekte gibt, so Dr. Eni S. Becker. Spezifische Phobien sind die häufigste Angststörung, an der schätzungsweise acht bis 12 Prozent der Bevölkerung leiden. Es gibt vier Hauptgruppen von spezifischen Phobien: Tierphobien – zum Beispiel vor Spinnen, Schlangen oder Hunden, Situationale Phobien wie etwa vor Höhen oder engen Räumen, Phobien vor Naturereignissen wie vor Dunkelheit oder Gewitter und Verletzungsphobien, beispielsweise vor Spritzen und anderen Arztbehandlungen.
Die Angst vor den Mitmenschen zeigt sich in verschiedensten Situationen und auf vielfältige Weise. Es können zum Beispiel Ängste vor Versagen in der Öffentlichkeit sein, vor dem Erröten, zu stottern, vor Sprachlosigkeit, vor abwertender Kritik oder davor, lächerlich gemacht zu werden. Wahrscheinlich entstehen diese Ängste in frühester Kindheit als Angst, von den Eltern abgelehnt, nicht geliebt, gestraft oder auch von Liebe überschüttet zu werden, die keinen Raum zur Entfaltung der eigenen Persönlichkeit lässt. Im Grunde sind es diese kindlichen Ängste, die sich im Erwachsenenalter als Sozialphobie zeigen.
Will man Angststörungen in ihrer ganzen Dimension verstehen und grundlegend heilen, sollte außerdem der Beziehungsaspekt miteinbezogen werden. Laut Willi Butollo dient die Angststörung oft auch als Deckemotion, um dahinter liegende andere Probleme wie Gefühlsstörungen oder Beziehungsschwierigkeiten nicht wahrnehmen zu müssen. Können diese Defizite nicht erkannt und ausgeglichen werden, besteht die Gefahr, dass sich Patienten nach der Bewältigung der Angststörung neue Problemfelder suchen, die diese Deckfunktion übernehmen.
Rechtzeitig erkannt können Angststörungen heute gut behandelt werden. „Als Therapien finden vorwiegend Verhaltenstherapie und Integrative Psychotherapie, die Verbindung von Verhaltenstherapie und Gestalttherapie, Anwendung“, erklärt Willi Butollo. Zunächst soll den Patienten ihr Angstverhalten und die zugrunde liegenden Denkprozesse bewusst gemacht werden. „Das geschieht, indem wir mit der verhaltenstherapeutischen Bearbeitung der Ängste beginnen, also mit Desensibilisierung und Konfrontation, sowie mit kognitiver Arbeit an den Angst auslösenden Denkformen und –inhalten“, so der Professor. Im nächsten Schritt können zugrunde liegende Beziehungs- oder Gefühlsstörungen bearbeitet werden, wofür sich die Gestalttherapie als beziehungsorientierte Therapieform besonders gut eignet.
Die Selbsthilfe ist heute ein anerkannter und wichtiger zusätzlicher Bereich im Gesundheitswesen. Selbsthilfegruppen sind freiwillige Gesprächstreffen von Menschen, die von einem bestimmten Problem oder einer Krankheit betroffen sind und sich gegenseitig austauschen, stärken und anregen wollen. MASH, die Münchner Angst-Selbsthilfe, bietet ein umfangreiches Gruppen- und Unterstützungsangebot für Menschen mit Angststörungen. MASH, seit 1990 ein eingetragener Verein, ist die erste Betroffenen-Initiative zum Problembereich Angststörungen im deutschsprachigen Raum. 1991 wurde MASH mit dem Ehrenpreis bei der Ausschreibung des AOK- Gesundheitspreises ausgezeichnet und ist zum Modell für Angst-Selbsthilfegruppen in ganz Deutschland geworden. Der Verein gibt außerdem umfassende Informationen an Betroffene und Interessierte weiter.
DASH, die Deutsche Angst-Selbsthilfe, ist neben MASH das zweite Projekt des Angst-Hilfe e.V. München. Dabei handelt es sich um eine Kontakt- und Informationsstelle für Angstpatienten in Deutschland, die hier Unterstützung für den Aufbau und die dauerhafte Begleitung von Angst-Selbsthilfegruppen und deren Vernetzung erhalten. DASH ist auch Herausgeber der ersten Deutschen Angst-Zeitschrift. Die Angst-Hilfe e.V. München arbeitet ebenso mit anderen Trägern zusammen wie zum Beispiel mit der Medizinisch-Psychosomatischen Klinik Roseneck in Prien a. Chiemsee, dem Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München, Angstforschern, einzelnen niedergelassenen Psychotherapeuten, Instituten, Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen zusammen.
Willi Butollo. Zunächst soll den Patienten ihr Angstverhalten und die zugrunde liegenden Denkprozesse bewusst gemacht werden. „Das geschieht, indem wir mit der verhaltenstherapeutischen Bearbeitung der Ängste beginnen, also mit Desensibilisierung und Konfrontation, sowie mit kognitiver Arbeit an den Angst auslösenden Denkformen und –inhalten“, so der Professor. Im nächsten Schritt können zugrunde liegende Beziehungs- oder Gefühlsstörungen bearbeitet werden, wofür sich die Gestalttherapie als beziehungsorientierte Therapieform besonders gut eignet.
Die Selbsthilfe ist heute ein anerkannter und wichtiger zusätzlicher Bereich im Gesundheitswesen. Selbsthilfegruppen sind freiwillige Gesprächstreffen von Menschen, die von einem bestimmten Problem oder einer Krankheit betroffen sind und sich gegenseitig austauschen, stärken und anregen wollen. MASH, die Münchner Angst-Selbsthilfe, bietet ein umfangreiches Gruppen- und Unterstützungsangebot für Menschen mit Angststörungen. MASH, seit 1990 ein eingetragener Verein, ist die erste Betroffenen-Initiative zum Problembereich Angststörungen im deutschsprachigen Raum. 1991 wurde MASH mit dem Ehrenpreis bei der Ausschreibung des AOK- Gesundheitspreises ausgezeichnet und ist zum Modell für Angst-Selbsthilfegruppen in ganz Deutschland geworden. Der Verein gibt außerdem umfassende Informationen an Betroffene und Interessierte weiter. DASH, die Deutsche Angst-Selbsthilfe, ist neben MASH das zweite Projekt des Angst-Hilfe e.V. München. Dabei handelt es sich um eine Kontakt- und Informationsstelle für Angstpatienten in Deutschland, die hier Unterstützung für den Aufbau und die dauerhafte Begleitung von Angst-Selbsthilfegruppen und deren Vernetzung erhalten. DASH ist auch Herausgeber der ersten Deutschen Angst-Zeitschrift. Die Angst-Hilfe e.V. München arbeitet ebenso mit anderen Trägern zusammen wie zum Beispiel mit der Medizinisch-Psychosomatischen Klinik Roseneck in Prien a. Chiemsee, dem Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München, Angstforschern, einzelnen niedergelassenen Psychotherapeuten, Instituten, Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen zusammen.
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