Bisher gibt es keine Medikamente, die eine Demenz vorbeugen. „Etwa die Hälfte ließe sich aber vermeiden oder zumindest beeinflussen, indem Risiken wie starkes Übergewicht, Diabetes Typ 2 und Bluthochdruck im mittleren Lebensalter, Rauchen, körperliche Inaktivität, Depression oder ein niedriger Bildungsstand verhindert würden“, sagt Professor Witte, Direktor der Klinik für Neurologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Eine bis zu 25-prozentige Reduktion dieser beeinflussbaren Risikofaktoren würde weltweit die Zahl der dementen Patienten um etwa drei Millionen reduzieren.
Anlässlich des ICCN gab er folgende Tipps:
Körperliche Inaktivität verursacht weltweit wahrscheinlich jede achte Demenzerkrankung. Durch Sport werden im Gehirn trophische Faktoren freigesetzt, die die Lernfähigkeit erhöhen. Gleiches gilt auch für geistige Aktivität: Eine kürzlich veröffentlichte Studie hat gezeigt, dass Videospiele im Alter die kognitive Flexibilität verbessern. „Digitale Medien müssen daher nicht zur Verdummung beitragen, sondern können auch positive Effekte haben“, so Witte.
Es gilt inzwischen als sicher, dass der Schlaf eine Funktion in der Verankerung neuer Gedächtnisinhalte hat. Inwieweit der häufig bei älteren Menschen gestörte Schlaf zu Gedächtnisstörung beiträgt, ist jedoch noch unklar.
Dieses wurde bisher nicht systematisch untersucht. „Bekannt ist allerdings, dass chronische Depression einen negativen Einfluss auf die Gedächtnisleistung hat“, sagt Witte auf dem ICCN in Berlin. Bei einer Depression verringert sich die Anzahl neuer Nervenzellen im Gehirn. Auch die entzündliche Aktivität im Gehirn steigt an, was das Gedächtnis beeinträchtigt.
Vielfältige Untersuchungen zeigen, dass kognitive Reserven im Alter – und damit die Dauer eines guten Gedächtnisses – umso besser sind, je besser die multidimensionale Ausbildung in der Jugend ist. „Das Humboldtsche Bildungsideal einer umfassenden Bildung – nicht nur von Mathematik und Naturwissenschaften, sondern auch von Musik und Literatur kann daher für das Gedächtnis im Alter von Vorteil sein“, sagt Witte.
Starker Stress für die schwangere Mutter beeinträchtigt die Gedächtnisleistung des Kindes – besonders im Alter. Es gibt aber eine Möglichkeit, die spätere Gedächtnisleistung zu verbessern: „Vor allem in der frühen Entwicklung sollten Säuglinge und Kleinkinder viel Zuwendung erfahren. Das hat einen bleibenden positiven Effekt auf die spätere Gedächtnisleistung“, so Witte.