Insektizide nehmen einen hohen Stellenwert bei Vergiftungen ein. Die wichtigsten Insektizide werden aufgrund ihrer chemischen Struktur als Alkylphosphate bezeichnet. Alkylphosphate sind Cholinesterase-Hemmstoffe. Überall dort, wo Acetylcholin Überträgersubstanz ist, kommt es aufgrund des Acetylcholinüberschusses zu einer Dauererregung. Bei der quergestreiften Skelettmuskulatur geht diese Dauererregung nach einiger Zeit in eine Lähmung über.
Viele Alkylphosphate haben einen charakteristischen, knoblauchartigen Geruch, der in der Magenspülflüssigkeit und in der Ausatemluft des Patienten zu bemerken ist. Leichte Vergiftungen machen sich durch eine vermehrte Schleimbildung im Nasen-Rachen-Raum und in der Mundhöhle bemerkbar. Der Speichel und der Schleim sind in der Regel blau gefärbt, da die sonst farblosen Insektizide mit einem blauen Farbstoff versetzt worden sind. Übelkeit, psychische Störungen, unwillkürliches Zucken der quergestreiften Muskulatur und eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Miosis sind die herausragenden Merkmale. Bei mittelschweren Intoxikationen ist die Speichel-, Schleim- und Tränensekretion verstärkt. Es kommt zu Krämpfen, Atemnot, spontanem Stuhl- und Urinabgang, einer Bradycardie, Blutdruckabfall und Krämpfen. Schwere Vergiftungen gehen mit einer Hemmung der Atmung und einem sehr starken Blutdruckabfall einher. Der Tod tritt durch einen Atemstillstand und/oder einem Versagen der Herz-Kreislauffunktionen ein.
Die Maßnahmen bei einer solchen Vergiftung bestehen zuerst in der Rettung des betroffenen Patienten aus dem Gefahrenbereich. Es ist bei dieser Intoxikationsart sehr stark auf den Eigenschutz zu achten, da alle Insektizide Kontaktgifte sind und eine Gefährdung des Helfenden extrem gegeben ist. Bei einer Aufnahme über die Haut ist der Betroffene so rasch als möglich zu entkleiden und die Haut mit Wasser abzuwaschen. In dem Fall einer oralen Aufnahme ist medizinische Kohle großzügiger zu dosieren. Um die lebensbedrohlichen Situationen zu beheben sind Patienten mit einer akuten Vergiftung sofort zu intubieren und zu beatmen. Als spezifisches Antidot wird Atropin in einer Dosierung von 2 bis 4 mg intravenös appliziert, ohne weitere Maßnahmen abzuwarten. Bei Kindern beträgt die Dosierung 0,5 bis 2 mg intravenös. Atropin ist bei Bedarf intravenös nachzuspritzen, die Dosis ist an den Leitsymptomen abzulesen. Diese bestehen aus der Sekretion von Nasenschleim und Mundspeichel, der Bronchosekretion und dem Bronchospasmus mit daraus folgender Dyspnoe und Trachealrasseln. Die Pupillenweite ist dafür kein zuverlässiges Zeichen. Im Allgemeinen besteht eher die Gefahr einer Unter- statt Überdosierung von Atropin. Die Versorgung dieser Vergiftung hat nur durch einen schnellen und massiven Einsatz der geeigneten Mittel die Aussicht auf einen Erfolg.