Vorbei sind die Zeiten, als noch der Urin zum Erkennen einer Zuckererkrankung mit der Zunge geschmeckt wurde. „Mit einer zielgenauen Diagnose und Therapie sorgt die Labordiagnostik für mehr Qualität und mehr Wirtschaftlichkeit im Gesundheitsbereich“, so Dierk Meyer-Lüerßen, Geschäftsführer des Verbands der Diagnostica-Industrie (VDGH).
Labordiagnostik ist ein unverzichtbarer Baustein einer modernen medizinischen Diagnostik. Aufgrund der schnellen apparativ-methodischen und medizinisch-wissenschaftlichen Entwicklung hat sich ihr Schwerpunkt zunehmend in Richtung einer besseren und individualisierten Vorsorge („prädiktive Diagnostik“) und Therapie („Stratifizierung“) entwickelt. „Mit dem rasanten Fortschritt der medizinischen Forschung geht der Trend in Richtung einer noch schnelleren, kostengünstigeren und qualitätskontrollierten Diagnostik als Basis einer Molekularen Medizin“, so Professor Bernd Heicke von der Firma Bioscientia aus Ingelheim. Angesichts der diagnostischen Schlüsselfunktion bei über Zweidrittel aller Diagnosen und einem konstanten Anteil von zirka zweieinhalb Prozent an den Gesamtkosten des Gesundheitswesens hat die Labordiagnostik seiner Meinung nach auch eine überdurchschnittliche Kosteneffizienz.
„Insbesondere genetische Unterschiede haben nicht nur Auswirkungen auf das Risiko, an einem bestimmten Leiden zu erkranken, sondern auch auf den Erfolg einer Behandlung“, weiß Professor Ivar Roots vom Institut für Klinische Pharmakologe der Charité. Diese Kenntnisse erlauben es Nebenwirkungen und Zwischenfälle bei der Arzneimitteltherapie zu reduzieren. Denn diese seien oft Folgen genetischer Unterschiede zwischen den Arzneimittel abbauenden Enzymen. Werden die Medikamente schlechter oder langsamer verstoffwechselt, dann müsse bei unveränderter Dosis mit mehr Nebenwirkungen aufgrund erhöhter Wirkstoffspiegel im Blut gerechnet werden. Werden die Medikamente hingegen schneller abgebaut, dann könne der Therapieerfolg durch eine höhere Dosis verbessert werden. „Nur wenn der Arzt solche genetischen Unterschiede diagnostizieren kann, kann er seine Behandlung auf die individuellen Bedürfnisse seines Patienten zuschneiden“, so Experte Roots.
Ähnliche Auswirkungen haben labordiagnostische Verfahren zur Früherkennung schwerwiegender Erkrankungen oder zur Prävention ihrer Folgen. Beispielsweise bei Herz- und Gefäßerkrankungen sowie Lungenkrankheiten spielt dies eine große Rolle. „Werden diese Erkrankungen frühzeitig erkannt, kann ein Patient seine Lebensweise darauf einstellen und damit den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen“, so Professor Herbert Schuster, Präventionsmediziner aus Berlin. Das Abschätzen der Erkrankungsrisiken sei für den Arzt eine der größten Herausforderungen und die moderne Diagnostik dabei eine enorme Erleichterung.
Insgesamt ist die Diagnostica-Industrie eine forschungsintensive Zukunftsbranche. So arbeiten nach Angaben des VDGH rund 14 Prozent der 21.500 Mitarbeiter, welche die Hersteller von Reagenzien und Diagnosegeräten in Deutschland beschäftigen, im Bereich Forschung und Entwicklung. Das zeige, dass der Standort Deutschland, trotz schwieriger Markt- und Rahmenbedingungen, dennoch wichtig ist.