Heute „Hüh”, morgen „Hott” - das kommt einem in den Sinn, fährt man durch Deutschland und entdeckt immer neue Kreisverkehre. Denn so lange ist es noch gar nicht her, da wurden die abgeschafft, abgebaut. Mit der Begründung, sie seien Verkehrshindernisse und Unfallschwerpunkte. Jetzt aber schießen die Kreisverkehre wie Unkraut aus dem Boden, selbst auf Dörfern werden Kreuzungen entsprechend umgebaut. Die Erklärung? Prof. Dr. Andreas Bark von der Fachhochschule Giessen-Friedberg hat sie: Eine normale Kreuzung hat seiner Ansicht nach 32 „Konfliktpunkte”, ein kleiner Kreisverkehr nur acht. Wobei „Konfliktpunkte” unfallträchtige Stellen sind, wo es Tote und Verletzte geben kann. Werden damit nun all die Fachleute, die sich einst für die Abschaffung der Kreisverkehre ausgesprochen haben, ad absurdum geführt? Zu einem klaren „Ja” kann sich Professor Bark nicht durchringen, vielleicht, weil er die Fachkollegen von vorgestern nicht beleidigen will - aber für ihn sind Kreisverkehre, von denen es laut neuestem „Merkblatt für die Anlage von Kreisverkehren (FGSV, Ausgabe 2006)” vier Typen gibt, nicht nur „in”, sondern eine Notwendigkeit. Weil sie den Straßenverkehr sicherer machen.
Die Statistik zeigt zwar einen Rückgang der Unfallverletzten und -Toten, aber ihre Zahl ist immer noch viel zu hoch. So jedenfalls sieht es Julia Lindemann vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat, der in Dresden gerade sein diesjähriges Presseseminar veranstaltete. 2006 ereigneten sich danach 2,24 Millionen Unfälle (minus 0,8 %, verglichen mit dem Vorjahr), wobei 5 091 Personen im Straßenverkehr getötet (5 %weniger) und 74 502 Menschen schwer- (minus 3,2 %) sowie 347 835 leichtverletzt wurden (minus 2,4%). 68 Prozent aller Unfälle mit 27 Prozent der Getöteten ereignen sich innerhalb von Ortschaften, 26 Prozent der Unfälle mit 60 Prozent der Toten außerorts, und auf Autobahnen - das ist schon bemerkenswert! - kommt es nur zu 6,2 Prozent der Unfälle mit 13 Prozent der Getöteten.
Eine besondere Rolle spielen Landstraßen, solche Verkehrswege also, die weder Autobahn noch Innerortsverbindungen sind. Sie sind besonders gefährlich. Weil sie am meisten Fahrspaß vermitteln, idyllische Alleen etwa und eine reizvolle Landschaft, aber gerade das verleitet offenbar zum Leichtsinn. Nur 27 Prozent aller Unfälle finden auf solchen Landstraßen statt, aber 60 Prozent aller tödlichen Havarien sind dabei zu verzeichnen. Julia Lindemann dazu: „Auf Landstraßen ist das Risiko, tödlich zu verunglücken, mehr als doppelt so hoch wie auf anderen Straßen. Keine andere Straßengattung birgt so hohe Risiken, denn nur hier - auf der Landstraße - gibt es die Kombination von Gegenverkehr, hoher Geschwindigkeit und Überholmanöver, außerdem teilen sich die Landstraße unterschiedliche und unterschiedlich schnelle Verkehrsteilnehmer, nämlich Autos, Motorräder, Lastwagen, Radfahrer, Fußgänger und langsame Landmaschinen”.
Unangepasste Fahrweise, vor allem zu hohe Geschwindigkeit, ist auf Landstraßen die Unfallursache Nummer Eins. Jeder zweite Unfall mit Todesfolge resultiert aus der Tatsache, dass der Fahrer die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren hat, ohne dass ein weiterer Verkehrsteilnehmer beteiligt war - auch das ist weitgehend unbekannt und deshalb bemerkenswert.
Wie auch dies: Je „leerer” eine Straße ist, um so schwerer sind die Unfälle auf ihr. Und Warn- oder Gebotsschilder haben nur eine begrenzte Wirkung.
Freunde bei Umweltschützern macht sich Professor Reinhold Maier von der TU Dresden sicher nicht mit seiner Forderung, neue Alleen ohne Bäume anzulegen. Denn „Liebe macht blind” stellt er dazu fest und verweist auf die „Affinität zu Bäumen”. Er wird auch sachlich: „Neben der Kollision mit Fahrzeugen des Gegenverkehrs treten in den meisten Landstraßenunfällen Gefahren am Straßenrand in Erscheinung, und das sind eben vielfach Bäume”. Er würde ganz auf sie verzichten, weiß aber, dass „dieses Thema derart emotional besetzt ist, dass es zu keinerlei sachlich begründeten Verbesserungen kommen wird.