Allergien sind Krankheiten, die durch eine Überreaktion des Körperabwehrsystems ausgelöst werden. Umgebungsstoffe, die normalerweise keine Krankheitserreger sind (z.B. Pollen) werden dadurch zu Auslösern von Krankheiten in verschiedenen Organsystemen. Bei der sogenannten “Typ-1-Allergie”, der häufigsten Allergieform, sind im wesentlichen drei Organe oder Organsysteme betroffen:
Kulig M, Bergmann R, Niggemann B, et al.: Clin Exp Allergy (England), Nov 1998, 28(11) p1397-403.
Die multizentrische Allergiestudie (MAS-Studie) zeigt für Deutschland die Entwicklung dieser Krankheiten in den ersten sechs Lebensjahren: Anfänglich dominieren die Hautsymptome, gefolgt von den Asthmasymptomen - die Rhinoconjunctivitis entwickelt sich erst später.
Im folgenden soll vor allem Bezug auf Asthma genommen werden, da diese Erkrankung besonders gravierende Folgen hat und lebensgefährlich verlaufen kann.
Historische Rückblende: 1882 untersuchte ein gewisser Dr. Stevenson alle Einweisungen in das Londoner St. Bartholomew’s Hospital. Er fand bei 20.000 eingewiesenen Fällen ganze 21 Asthmatiker (0,001%). Damals muß Asthma wohl eine sehr seltene Krankheit gewesen sein. Später zeigten Untersuchungen aus dem Jahre 1944 und wieder aus London eine Asthmahäufigkeit bei Schulkindern von 0,9% der Gesamtbevölkerung. 1956 lag die Asthmahäufigkeit in dieser Stadt schon bei 1,8% und 1968 bei 2,8%. Schließlich zeigten mehrere Studien aus der zweiten Hälfte der Achtziger Jahre Häufigkeiten von 7,8 - 15,6%.
In anderen westlichen Industrieländern verlief die Entwicklung ähnlich. In Deutschland fand eine Studie 1926 eine Asthmahäufigkeit von 0,05% heraus (in Ostpreußen), heute rechnet man nach mehreren Untersuchungen mit ca. 4% der Gesamtbevölkerung, wobei im Kindesalter die Häufigkeitszahlen noch doppelt so hoch sind.
Heute liegt die Anzahl der Kinder, die Asthmasymptome aufweisen, erheblich höher, wenngleich sie weltweit sehr unterschiedlich sind. Innerhalb von Europa liegt der Anteil zwischen 12 und 15 Prozent, in Athen jedoch nur bei 5 Prozent. In Ländern wie Großbritannien, USA aber auch Australien und Neuseeland liegt die Asthmahäufigkeit bei 25 bis 30 Prozent der Schüler.
Die bemerkenswerteste Untersuchung über die Häufigkeit des Asthma bronchiale im Kindesalter, ist die im Jahr 1998 im Lancet veröffentlichte Isaak Studie. 1994/1995 wurden in 56 Ländern auf der ganzen Welt wurden mehr als 450.000 Schüler im Alter von 12-14 Jahren befragt.
Die Untersucher gingen in den einzelnen Orten in die Schulen und konnten somit über 85% der Schüler einer Altersgruppe erfassen. Den Schülern wurde ein Fragebogen vorgelegt, auf dem typische Fragen zu Asthma waren. Zum Beispiel “hattest Du im letzen Jahr Atemnot beim Sport” oder “bist du wegen Atemnot aufgewacht”. Natürlich hat nicht jedes Kind, das wegen Atemnot aufwacht Asthma, doch die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch. Das Neue an der Studie war, dass den Kindern ein Video vorgespielt wurde, auf dem typische Asthmasymptome zu sehen waren.
Was verbirgt sich hinter diesen nackten Zahlen? Die Folgen dieser Entwicklung zeigen Untersuchungen wie die Internationale AIRE-Studie, die die Einschränkung der Lebensqualität der Betroffenen anzeigt: Zweidrittel geben - abgesehen von den Krankheitssymptomen - erhebliche Auswirkungen auf ihr gesamtes Leben an.
Insbesondere im Bereich Schule und Beruf kommt es zu gravierenden Folgen: So können durch krankheitsbedingte Schulfehlzeiten asthmakranke Kinder nicht zu einem für sie bestmöglichen Schulerfolg kommen und dadurch in der Berufswahl entscheidend benachteiligt werden.
Trotz der dramatischen Zunahme der allergischen Erkrankungen - vor allem des Asthma bronchiale - in den letzten Jahrzehnten gibt es keinen Anlass zur Resignation:
Die Krankheit selbst verläuft nicht schicksalhaft, sondern ist in einem erheblichen Umfang beeinflussbar: Sowohl individuell optimierte medikamentöse Behandlungen wie umfassende Behandlungsansätze, die bei Kindern und Jugendlichen auch den Werdegang in Schule und Beruf mit berücksichtigen, führen zu einer langfristig günstigen Prognose. Zahlreiche Studien, (z.B. die der British Thoracic Society) zeigen, dass dann die Entwicklung höherer Schweregrade oder gar Asthmatodesfälle grundsätzlich vermeidbar sind.
Nicht von ungefähr kommt es, dass die WHO die systemisch antiinflammatorisch wirksamen, modernen oralen Antihistaminika (wie z.B. Telfast®) als Präparate der ersten Wahl bei den Allergien der oberen Atemwege klassifiziert. Nicht vergessen werden darf allerdings auch, dass nach den gültigen Leitlinien der Europäischen Allergologenschaft in schweren Fällen die Kombinationstherapie mit antiallergischen Augentropfen (wie z.B. Irtan® ) und nasalen Steroiden (wie z.B. Nasacort®) zusätzlich zu Basistherapie mit Antihistaminika angezeigt ist. Auch die oralen Steroide bleiben im Armentarium des Allergologen. Bei akuten Exazerbationen bronchialer Hyperreagibilität, wie sie bei der intermittierenden allergischen Rhinitis unter starker Pollenbelastung typisch sind, aber auch bei Folgeerscheinungen nasaler Allergien und Polyposis nasi finden orale Steroide (wie z.B. Urbason®) ihr Einsatzfeld. Erst die gezielte Anwendung aller Behandlungsmodalitäten verspricht, auch die Folgeerscheinungen der allergischen Krankheiten der oberen Atemwege zu beherrschen.