Ohne Energie läuft im Gehirn, das ja ein enormer Energiefresser ist, gar nichts. Denn, so Prof. Thomas Klopstock, die einwandfreie Energieproduktion der Mitochondrien, der Kraftwerke der Zellen, ist Voraussetzung für sämtliche mentale Leistungen wie Denken, Lernen, Erinnern. Dabei entstehen freie Sauerstoffradikale; Abfallprodukte, die bei einem Zuviel erhebliche Schäden an den Zellen anrichten können (oxidativer Stress). Bestimmte Schutz-Proteine, die in den Mitochondrien gebildet werden, sind die natürlichen Gegenspieler der freien Radikale. Haben diese Proteine ihre Arbeit erledigt, werden sie automatisch abtransportiert und entsorgt. Aber mit dem Alter wird die körpereigene Müllabfuhr immer langsamer. Folge: Die Zelle wird zur Abraumhalde für Proteinschrott, sie altert schneller und die mentale Leistungsfähigkeit lässt nach. Genau hier setzt jetzt die Forschung an: „Die Suche nach Faktoren, die den Proteinabbau im Alter fördern, ist in vollem Gange”, so Prof. Christian Behl. Denn die Anhäufung der Alterungsproteine geht einher mit Einschränkungen der Zellfunktion bis hin zum Zelltod.
Erinnern Sie sich an das letzte Mal, als Sie Ihre Mittagspause verschieben mussten und Ihnen der Magen bereits sprichwörtlich in den Kniekehlen hing? - Konzentration und Leistungsfähigkeit lassen bei Energiemangel rasch nach. Kein Wunder, denn die Energiegewinnung erfolgt durch einen von Natur aus ausgeklügelten Stoffwechselprozess (Wissenschaftler sprechen hier vom mitochondrialen Energiestoffwechsel): Sie produzieren Energie aus Bausteinen der Nahrung und aus Sauerstoff. Im menschlichen Organismus versorgen Mitochondrien so 10 Billionen Körperzellen. Doch genauso essenziell wie die Mitochondrien auf der einen Seite auch sind, so sind sie auf der anderen Seite genauso sensibel. „Beim mitochondrialen Energiestoffwechsel fallen auch zahlreiche Sauerstoffradikale an, die DNA, Eiweiße und andere Zellbestandteile angreifen und schädigen”, erläutert Prof. Klopstock.„Aus diesem Grund leiden Mitochondrien und die mitochondriale DNA (mtDNA) in ganz besonderem Maße.”
Wissenschaftler sehen diese Schädigung als eine von 5 dominierenden Erklärungen für das Altern, dessen Auswirkungen zwar hinlänglich bekannt, die molekularen Ursachen aber bis heute nicht entschlüsselt sind. Aus neurologischer Sicht ist die mitochondriale Alterungshypothese, die eine immer größere Aufmerksamkeit in der Fachwelt erlangt, von besonderer Bedeutung. Sie basiert auf der Annahme, dass sich oxidativer Stress, Schäden an den mitochondrialen Proteinen und Schäden an der mtDNA gegenseitig verstärken. Im Fachjargon spricht man hier von einem molekularen Teufelskreis. „Gehirn und Muskel sind von diesem Teufelskreis besonders betroffen, da geschädigte Zellen nicht in relevantem Umfang erneuert werden können”, so Prof. Klopstock. Aber welche Auswirkungen hat das?
„Bei Überschreitung eines bestimmten Schädigungsschwellenwertes kommt es zu einer Funktionsstörung und letztlich zum Untergang der betroffenen Zellen”, erläutert Prof. Klopstock. Speziell die 100 Milliarden Nervenzellen im Gehirn reagieren auf einen Versorgungsengpass äußerst empfindlich. Was zunächst dramatisch klingt, ist nichts anderes als der ganz natürliche Alterungsprozess. „Wo habe ich den Haustürschlüssel hingelegt?”, „Was wollte ich eigentlich in der Küche?”, „Wie heißt der Nachbar von gegenüber?” - eine verminderte geistige Leistungsfähigkeit ist die Folge. Wer denkt, das würde nur Menschen jenseits der 60 treffen, liegt falsch: Bereits ab dem 25. Lebensjahr, wenn die Fähigkeit der Gehirnzellen zum stetigen Umbau (synaptische Plastizität) allmählich nachlässt, sprechen Forscher von Alterung und nachlassender mentaler Leistungsfähigkeit.
In der Behandlung von altersbedingten Störungen ist die Medizin heute in einigen Bereichen bereits sehr weit: Wir haben uns an künstliche Knie- oder Hüftgelenke, Herzschrittmacher oder Spendeorgane gewöhnt, die dank modernster Technik und dem wertvollen Wissen vom komplexen Zusammenspiel im menschlichen Körper vielen Menschen helfen, den Alltag zu bewältigen. Das Gehirn, unsere Denk- und Steuerungszentrale, ist bei allen Fortschritten der Wissenschaften von solchen Möglichkeiten ausgenommen. Gleichzeitig wird die Bedeutung einer guten mentalen Gesundheit für die Bewältigung des Alltags und die Gesundheit insgesamt immer besser erkannt. Je bedeutender die mentale Gesundheit gerade mit fortschreitendem Lebensalter ist, desto wichtiger ist es, die Mechanismen des Alterns besonders im Gehirn aufzudecken und nach Einflussmöglichkeiten zu suchen. Ein wichtiger Forschungsansatz scheint hierbei der Abtransport von Eiweißen (Proteinen) aus den Zellen zu sein: „Von lebenswichtiger Bedeutung ist dieser Entsorgungsprozess vor allem in alten Zellen”, erläutert Prof. Behl. „Defekte Proteine neigen dazu, zu verklumpen und sich verstärkt in den Zellen abzulagern. Die Zelle wird mit Proteinschrott überflutet.”
Die aktuellen Untersuchungsergebnisse, die Prof. Behl in Hamburg vorstellte, zeigen völlig unerwartete neue Befunde aus seinem Team: Der Ginkgo-Spezialwirkstoff EGb 761® (Tebonin®, rezeptfrei in der Apotheke) ist in der Lage, in diesen Prozess einzugreifen und die altersassoziierten Eiweißablagerungen um mehr als 50% zu reduzieren. Das heißt: Der Spezialwirkstoff unterstützt die Zellen dabei, im Laufe des Alterungsprozesses massiv angehäuften Stoffwechselschrott deutlich zu reduzieren. Dieser biochemische Überraschungsbefund lenkt den Blick auf eine völlig neue Wirkung des für seine positiven Effekte auf eine nachlassende Konzentration und verbesserte Gedächtnisleistung bekannten Ginkgo-Wirkstoffs. Diese bislang unbekannte Wirkung haben selbst die Experten nicht erwartet. Zwar kann man mit Ginkgo das Altern nicht aufhalten, aber man kann viel dazu beitragen, dass alterungsabhängige Zellprozesse moduliert werden.
Friedrich-Baur-Institut a.d. Neurologischen Klinik, Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität MünchenInstitut für Pathochemie, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg- Universität Mainz mtDNA: Mitochondrien-eigener Code mit genetischen Informationen